Ein Eklat rund um den Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki überschattet die zu Ende gehende Aachener Heiligtumsfahrt. Bei dem elftägigen traditionellen Glaubensfest sollte der Erzbischof am Sonntag die letzte große Open-Air-Pilgermesse neben dem Dom leiten.
Nach Protesten im Vorfeld gegen den Erzbischof, der vor allem wegen seiner Missbrauchsaufarbeitung in der Kritik steht, und wegen befürchteter weiterer Demonstrationen am Rande der Messfeier wurde die Teilnahme Woelkis abgesagt.
Bischof Dieser bat Kardinal Woelki in Brief um Nichtteilnahme
Der Aachener Bischof Helmut Dieser und Woelki hätten entschieden, auf den gemeinsamen Auftritt bei dem Gottesdienst zu verzichten, erklärte das Bistum Aachen am Samstag. Traditionell steht der letzten großen Pilgermesse der Kölner Erzbischof vor.
Dem Vernehmen nach hatte Dieser in einem Brief Woelki gebeten, nicht zu kommen. Den Gottesdienst leitete dann Dieser selbst gemeinsam mit Dompropst und Wallfahrtsleiter Rolf-Peter Cremer, der die Predigt hielt.
"Eine Situation, die absehbar nicht mehr erwarten lässt, dass eine geistlich verbindende Atmosphäre zur Feier des Gottesdienstes erlebbar wird, möchte ich vermeiden", begründete der Bischof von Aachen den Schritt.
Woelki warnt vor Instrumentalisierung von Gottesdiensten
Woelki warnte in einer eigenen Presseerklärung und in einer Videobotschaft vor einer Instrumentalisierung von Gottesdiensten für Protestaktionen.
"Ich wäre als Pilger nach Aachen gekommen so wie viele Tausende auch. Ich bin davon überzeugt, dass es unter Christen möglich sein muss, unterschiedliche Auffassungen zu haben und deutlich zu vertreten – und dennoch gemeinsam die heilige Eucharistie zu feiern."
Ihm persönlich seien Prävention, Aufklärung und Aufarbeitung ein Herzensanliegen, führte Woelki weiter aus. "Und hier heißt katholisch zu sein – auch wenn die Aufarbeitung wehtut und sie tut weh – nicht dem Gift der Polarisierung zu erliegen, sondern Brücken zu bauen."
Mädchenchor diskutierte im Vorfeld über Gesangsboykott
Im Vorfeld des Gottesdienstes gab es im Mädchenchor des Aachener Doms Diskussionen darüber, ob man in Woelkis Anwesenheit bei der Messe singen wolle oder nicht.
54 Mitglieder wollten singen, 32 lehnten das ab und weitere 34 konnten oder wollten aus anderen Gründen nicht teilnehmen.
In den zurückliegenden Monaten gab es immer wieder Proteste gegen Woelki im Umfeld von Gottesdiensten – etwa bei einer Ministrantenwallfahrt im Herbst vergangenen Jahres in Rom.
Nicht der erste Gottesdienst-Protest gegen Woelki
Rund 100 bis 150 Messdienerinnen und Messdiener aus dem Erzbistum Köln standen bei der Predigt des Kardinals auf und kehrten ihm demonstrativ den Rücken zu.
Beim Palmsonntags-Gottesdienst im vergangenen Jahr trat das Vokalensemble am Dom nur mit 8 seiner rund 50 Sängerinnen und Sänger auf.
Die Heiligtumsfahrt in Aachen endet am Montagabend mit der sogenannten Verschließungsfeier.