Angesichts einer sich verändernden Gesellschaft, in der die Kirche immer mehr Mitglieder verliere, gelte es sich dieser Frage zu stellen, sagte der Staatssekretär im Bundesjustizministerium am Samstag in Tutzing. Die Bedingungen für eine faire Ablösung würden künftig nicht besser werden. Anlass war eine Tagung der Akademie für Politische Bildung zum Thema "Staat und Kirche".
Ablösung kompensiert Enteignung von Kirchengütern
Bei der Ablösung geht es nicht um Kirchensteuern, sondern um jährliche Zahlungen der Bundesländer an die Kirchen von derzeit rund 600 Millionen Euro. Sie sollen Enteignungen von Kirchengütern - aus der Reformationszeit und vor allem von der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert - kompensieren. Der Bund muss hierzu laut Verfassung ein sogenanntes Grundsätzegesetz verabschieden, das den Rahmen vorgibt. Zuletzt hatten die Bundesländer Pläne zur Ablösung abgelehnt.
Im Koalitionsvertrag sei festgelegt worden, einen fairen Rahmen für die Ablösung der Staatsleistungen zu erreichen, sagte Strasser. Damit komme man einem Auftrag von 1919 aus der Weimarer Reichsverfassung nach, der ins Grundgesetz eingegangen ist. Eine Arbeitsgruppe im Bundesinnenministerium mit Vertretern der Länder und der Kirchen habe sich bereits damit beschäftigt. Nun gingen die Verhandlungen auf anderer Ebene weiter. Die Kirchen hätten naturgemäß Interesse an einer sehr hohen Ablösesumme, die Länder würden am liebsten gar nichts zahlen.
Verhandlungen zwischen Bund und Ländern stocken
Die Mütter und Väter der Verfassung hätten wohlweislich die Kompetenz nicht den Ländern zugewiesen, sondern dem Bund, erinnerte der Staatssekretär, der selbst katholisch ist. Sie hätten diesen als "ehrlichen Makler" zwischen den unterschiedlichen Interessen gesehen. Denn der Bund müsse nichts zahlen, sondern solle als eine Art Schiedsrichter das Spielfeld für die Verhandlungen abstecken. Es gehe letztlich darum, einen Zeitraum zu eröffnen. So könnte man die Ablöse seiner Ansicht nach durchaus auf 30 bis 40 Jahre strecken.
Die CDU-Politikerin Annegret Kramp-Karrenbauer, Mitglied beim Zentralkomitee der deutschen Katholiken, sagte, natürlich könne man darüber reden, wie die historischen Staatsleistungen abgelöst werden könnten. In der Tat sei es immer schwerer zu erklären, dass diese Regelung so lange gelte. Zweifel äußerte sie am Bund als "ehrlichen Makler". Als frühere Ministerpräsidentin des Saarlands wisse sie nur zu gut, dass der Bund gerne bestelle, die Länder dann aber bezahlen müssten.
Weiter verwies Kramp-Karrenbauer darauf, dass die Verhandlungen dazu derzeit nicht unbedingt wegen des Widerstands der Kirchen stockten. Der Grund sei, dass es zwischen Bund und Ländern wie immer ums Geld gehe. Strasser verwies seinerseits darauf, dass das Thema auch wegen Energiekrise, Ukraine-Krieg sowie weiteren politischen Herausforderungen aktuell nicht im Vordergrund stehe.