DOMRADIO.DE: Seit 2016 wurden im Erzbistum Köln über 600 Job-Patenschaften initiiert. Was genau tun die Paten, die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die die Geflüchteten an die Hand nehmen?
Stephan Leo Joyce (Projektreferent beim Diözesan Caritasverband für "Neue Nachbarn - auch am Arbeitsplatz"): Die ehrenamtlichen Jobpaten und Jobpatinnen begleiten die Geflüchteten in den Job. Es fängt damit an, dass man schaut, wer was mitbringt, wer welche Wünsche hat, welche Angebote es auf dem Arbeitsmarkt gibt. Aber man schaut auch, wo man überhaupt anfangen kann. Vielleicht muss man erst mal bei der Sprache anfangen. Vielleicht ist es erst mal wichtig, die Sprache zu trainieren. Die Facette ist sehr breit und die Arbeit ist sehr daran orientiert, was die Person gerade braucht.
DOMRADIO.DE: Welche Berufe, Ausbildungen oder auch Studiengänge wählen die Geflüchteten beispielsweise?
Joyce: Das ist ein ganz bunter Strauß. Wir haben Leute, die in den Pflegebereich gehen, als Erzieherinnen und Erzieher ein Praktikum machen oder auch eine Ausbildung. Wir haben Zerspannungsmechanikerinnen und -mechaniker, aber auch Leute, die ins Studium gehen. Soziale Arbeit wurde mehrfach angestrebt, aber unter anderem auch Architektur und Informatik.
DOMRADIO.DE: Das ist für den deutschen Arbeitsmarkt auch ein Riesenpotenzial, oder?
Joyce: Das Potenzial ist definitiv da. Die erste Herausforderung ist natürlich die Sprache. Die Menschen, die hierhin kommen, brauchen erst mal die Zeit, um die Sprache zu lernen.
Eine andere Herausforderung ist die Möglichkeit, ihre Qualifikationen, die sie aus dem Heimatland mitbringen, anerkennen zu lassen. Und eine dritte Herausforderung ist für die Menschen, die keine Qualifikationen mitbringen, neue Dinge zu lernen, die auf dem Arbeitsmarkt gebraucht werden.
DOMRADIO.DE: Wenn ein Geflüchteter seinen Paten, seine Patin gefunden hat, wie sieht die Arbeit dann konkret aus?
Joyce: Das zeigt sich gut am Beispiel von Ines und Renas, die aus Neuss kommen. Renas ist 2016 aus Syrien nach Deutschland gekommen. Die zwei haben sich in der Unterkunft kennengelernt. Erst hat Ines ihm bei der Sprache geholfen, als er den Sprachkurs besucht hat. Sie haben dort zusammen Hausaufgaben gemacht.
Dann kam irgendwann das Thema "Beruf". Da ist man in das Projekt "Neue Nachbarn - auch am Arbeitsplatz" eingestiegen. Unsere Kollegin vor Ort hat das Projekt unterstützt. Dann hat man gemeinsam eine Ausbildung gesucht.
Renas ist im Logistikbereich fündig geworden, er hat die Ausbildung fertig gemacht, und jetzt macht er seinen Meister und ist selbst Jobpate geworden. Ines und Renas sind gute Freunde geworden. Er gehört praktisch zur Familie. Das ist ein mögliches "Outcome" und ein sehr schönes Beispiel dafür, wie das Projekt arbeitet.
DOMRADIO.DE: Endet die Arbeit an dem Punkt, wenn ein geflüchteter Mensch eine Arbeitsstelle gefunden hat?
Joyce: Das ist freigestellt. Häufig ist es so, dass daraus Freundschaften erwachsen. In dem Projekt geht es auch um Begegnung. Darum, dass Menschen zueinander finden, sich austauschen und voneinander lernen. Dadurch entstehen Beziehungen. Diese Beziehungen enden dann eher selten, wenn eine Arbeit gefunden wurde. Die Menschen begleiten sich dann weiterhin im Leben.
DOMRADIO.DE: Was wünschen Sie sich für die Zukunft dieses Projektes?
Joyce: Zum einen ein großes Dankeschön für die Ehrenamtlichen, die so viel geleistet haben. Ich wünsche mir auch, dass wir so weiterarbeiten und Menschen erfolgreich in den Arbeitsmarkt integrieren können.
Das Interview führte Verena Tröster.