DOMRADIO.DE: Sie engagieren sich in der Fachkommission für Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung im Auftrag des Magdeburger Bischofs. Frieden scheint hier wirklich großgeschrieben zu werden, oder?
Christine Böckmann (Geschäftsführerin der Katholischen Erwachsenenbildung Sachsen-Anhalt und Mitglied der Fachkommission "Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung"): In den Zuständigkeitsbereich dieser Kommission fällt alles, was so ansteht in der Gesellschaft.
Wir haben es hier in Sachsen-Anhalt, gerade nach einer neuesten Untersuchung, mit zehn Prozent manifest rechtsextremen Einstellungen in der Bevölkerung zu tun.
Da ist dann Frieden und Demokratie, also gesellschaftlicher Zusammenhalt, ein großes Thema, wo wir uns unter anderem auch einbringen.
DOMRADIO.DE: Wie sieht diese Arbeit aus?
Böckmann: Wir haben letztes Jahr in dieser Fachkommission, wie viele andere, sehr intensiv über den Ukraine-Krieg und die Frage diskutiert, wie wir reagieren. Sind Waffenlieferungen in Ordnung oder nicht? Und welche gewaltfreien Ansätze gibt es, einen Krieg zu beenden?
Da haben wir es, wie viele andere Gruppen auch, erlebt, dass wir sehr miteinander gerungen und gestritten haben und dementsprechend überlegen mussten, wie wir mit dem Thema umgehen.
Klar waren viele Leute sofort dabei, Geflüchtete zu unterstützen. Auch in der katholischen Erwachsenenbildung haben wir uns an verschiedenen Stellen da engagiert, aber in der Fachkommission hat uns das Thema tiefgehender umgetrieben.
Irgendwann hatten wir dann festgestellt, dass das, was uns beschäftigt und wo wir uns einig waren, die Frage war, wie eigentlich Debatten über den Krieg in der Ukraine geführt werden. Dazu haben wir letztes Jahr im Herbst zum Beispiel eine Erklärung verfasst.
Da haben wir gesagt, wir wählen Dialog und Solidarität. Uns ist es wichtig, dass man unterschiedlicher Meinung sein kann, wie mit dem Krieg umzugehen und wie sich zu Waffenlieferungen zu positionieren ist und, dass wir uns da nicht gegeneinander aufhetzen.
Wichtig war uns aber auch die Solidarität mit Menschen, die vor einem Krieg fliehen. So kamen die beiden Bausteine dieser Erklärung zustande, die wir dann mit verschiedenen katholischen Organisationen geteilt und schließlich im Herbst veröffentlicht hatten.
DOMRADIO.DE: Christen schreiben ja die Friedensbotschaft sowieso im Alltag groß. Ist das hier in Magdeburg, weil Christen hier wirklich eine ganz kleine Minderheit darstellen, schwerer?
Böckmann: Genau, unser Bischof redet immer von einer schöpferischen Minderheit, die in die Gesellschaft wirken soll. Das sagt sich natürlich immer schön und mir gefällt dieses Bild total – gleichzeitig ist es natürlich sehr schwer.
Aber wir merken, dass wir einfach sichtbar sind mit Dingen, die wir tun. Bei der katholischen Erwachsenenbildung beispielsweise machen wir sehr viele Projekte, wo wir auch mit Menschen arbeiten, die erst einmal völlig kirchenfern sind. Da fragen wir nicht nach der Kirchenzugehörigkeit.
Aber irgendwann fangen sie dann an, uns zu fragen oder merken, dass wir uns als Katholiken auch für Vielfalt engagieren und mit #OutInChurch solidarisch sind. Dann fangen Menschen auch an zu erkennen, wo Kirche und Christen sichtbar werden.
DOMRADIO.DE: Warum ist es Ihnen persönlich wichtig, sich für Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung einzusetzen?
Böckmann: Einerseits hat uns unser Professor, ich habe Theologie studiert, fast mit "Gaudium et spes" getriezt (Pastoralkonstitution des Zweiten Vatikanischen Konzils über die Rolle der Kirche in der Welt von heute, Anm. d. Red.), die Zeichen der Zeit zu erkennen und im Licht des Evangeliums zu deuten.
Da habe ich es theologisch gelernt. Vorher war das einfach auch in meiner Kindheit und Jugend präsent. Bei meinen Eltern hieß christlich zu sein, sich auch sichtbar für andere Menschen zu engagieren und der Glaube und das Leben im Alltag gehörten zusammen.
Ich glaube, das ist eine tiefe Prägung, die ich mitgenommen habe und die ich auch versuche weiterzugeben.
DOMRADIO.DE: Können Sie vielleicht ein Beispiel nennen, an dem deutlich wird, wie Christine Böckmann sich, gegebenenfalls auch im Alltag, ganz persönlich als Friedensstifter engagiert?
Böckmann: Ich habe immer wieder mit Konflikten zu tun, denn als Geschäftsführerin hat man mit verschiedenen Debatten und Konflikten zu tun, mit Fördermittelgebern, aber auch mit den gesellschaftlichen Konflikten hier in der Stadt.
Wenn ich mich in diesen Konflikten bewege, dann geht es mir darum, danach zu schauen, welche verschiedenen Perspektiven es gibt.
Dann versuche ich, nicht nur meine eigene Perspektive zu sehen, sondern auch zu schauen, was treibt den anderen gerade um? Finden wir eine Lösung, die allen Seiten gerecht wird?
Das Interview führte Ingo Brüggenjürgen.
Information der Redaktion: Alle Informationen zur Rad-Pilger-Tour für den Frieden finden Sie hier.