Kirche für Hessentag in tropischen Garten verwandelt

"Erlebnisraum Kirche"

Rund 900 Pflanzen und Blumen schmückten die Martinskirche im hessischen Pfungstadt im Rahmen des Hessentags. Kurzerhand verwandelte sich der Kirchenraum in eine tropische Glückskirche, in der Besucher Ruhe finden konnten.

Multimediale Installation in der Glückskirche / © Norbert Demuth (KNA)
Multimediale Installation in der Glückskirche / © Norbert Demuth ( KNA )

DOMRADIO.DE: Was genau haben Sie in Ihrer Kirche anlässlich des Hessentages veranstaltet?

Gudrun Olschewski (Pfarrerin der Martinskirche in Pfungstadt): Wir haben unsere Martinskirche zu einer Glückskirche umgestaltet. Wir haben überlegt, was Glück bedeutet, ob Glaube glücklich machen kann und wie das in unsere Kirche hineinpasst.

An der evangelischen Martinskirche in Pfungstadt hängt am 31. Mai 2023 ein Transparent mit der Aufschrift Glückskirche. / © Norbert Demuth (KNA)
An der evangelischen Martinskirche in Pfungstadt hängt am 31. Mai 2023 ein Transparent mit der Aufschrift Glückskirche. / © Norbert Demuth ( KNA )

In unserer Kirche sind wunderschöne florale Motive an der Decke zu sehen. Daraufhin kam uns der Gedanke: Wenn Menschen in der Natur sind, sind sie glücklich. Schmücken wir unsere Kirche doch einfach mal mit echten Pflanzen und Blumen.

DOMRADIO.DE: In welchem Umfang haben Sie die Kirche mit Pflanzen und Blumen geschmückt?

Olschewski: Einfach war das nicht. Wir haben ein Jahr lang in einer Projektgruppe, die evangelische Kirche zusammen mit der Diakonie und mit unserer Gemeinde, zusammen geplant.

Wenn man so ein Projekt stemmen will, kostet das natürlich auch Geld. Das bedeutete für die Kirchengemeinde, dass wir alle Bänke aus der Kirche hinausgetragen haben, um dann so einen schönen Garten der Schöpfung anlegen zu können.

Wir hatten die Möglichkeit, große Beete in Töpfen in den Kirchenraum zu stellen, der dann zehn Tage lang die Menschen beglückt hat. Aber nicht nur die Pflanzen allein, denn es war eine multimediale Angelegenheit.

Es wurden verschiedene Videos mit musikalischer Untermalung gezeigt mit Walzer oder auch moderner Musik, die beispielsweise die vier Jahreszeiten darstellen. Das weckt natürlich Emotionen.

DOMRADIO.DE: Wenn keine Bänke in der Kirche standen, wurden die Gottesdienste dann im Stehen gefeiert?

Olschewski: Die Gottesdienste fanden nicht in der Kirche statt. Zwei Mal am Tag gab es dort aber Andachten, mittags um 12 Uhr und abends um 22 Uhr. Das war dann der Glücksmoment am Mittag und am Abend.

Teilweise kamen bis zu 100 Menschen extra dafür. Wir hatten zwei Hollywoodschaukeln in der Kirche und an den Seiten Bänke stehen gelassen.

Da hat gar kein herkömmlicher Gottesdienst gefehlt, den man so normalerweise im Kopf hat.

DOMRADIO.DE: Hat sich durch die lebendigen Pflanzen auch im sakralen Raum etwas verändert?

Olschewski: Ja, das war natürlich ein ganz anderes Empfinden. Sie kommen normalerweise in eine Kirche, in der die festen Bänke stehen, in der alles dunkel ist und die schnell erdrückend wirken kann. Viele blühende Pflanzen sorgen da natürlich für einen Wow-Effekt.

Ein Bildschirm zeigt ein Rotkehlchen während der multimedialen Installation im Innenraum der evangelischen Martinskirche in Pfungstadt. / © Norbert Demuth (KNA)
Ein Bildschirm zeigt ein Rotkehlchen während der multimedialen Installation im Innenraum der evangelischen Martinskirche in Pfungstadt. / © Norbert Demuth ( KNA )

Das war eine ähnliche Atmosphäre wie im Palmengarten oder im Botanischen Garten. Das in Verbindung mit Musik weckt Emotionen. Der eine und die andere konnte so einen wunderbaren Glücksmoment erleben und ganz bei sich sein.

Man konnte sich mit einer Sofortbildkamera vor dieser Pflanzenwelt fotografieren lassen und wenn man wollte, konnte man selbst Teil dieser Installation werden. Das Foto wurde in das gezeigte Video eingebunden.

DOMRADIO.DE: Mit 900 Pflanzen ist Ihre Kirche im Rahmen des Hessentags für zehn Tage lang eine Glückskirche geworden. Was haben Sie danach mit den Pflanzen gemacht?

Olschewski: Wir wollten gerne die Initiative DUMUSSTKÄMPFEN unterstützen. Die setzt sich für an Krebs erkrankte Kinder ein.

Wir haben die Pflanzen und Blumen bei einer richtige Versteigerung auf dem Kirchvorplatz versteigert, wo der Auktionator mit viel Lust dabei war und gut die Preise hochgetrieben hat. So hatten wir dann am Ende die Möglichkeit, der Initiative 2000 Euro zu überreichen.

DOMRADIO.DE: Gab es eigentlich auch Widerstände oder haben sich alle auf die tropische Transformation der Kirche gefreut?

Olschewski: Am Anfang war eine gewisse Skepsis zu spüren. Aber viele Leute kamen aus der Kirche und haben das Projekt gelobt. Manche sind auch öfter wiedergekommen. Wir haben einen Erlebnisraum Kirche geschaffen.

Natürlich sind die Bänke danach wieder reingekommen, aber nur die Hälfte. Damit haben wir vorne im Altarbereich mehr Aktionsraum, um Gottesdienste zu gestalten.

Vielleicht kommt irgendwann auch mal wieder der eine oder andere Baum dort hinein. Die zentrale Mitte dieser Installation hat ein 150 Jahre alter Olivenbaum gebildet, bei dem man sich einen individuellen Segen abholen konnte. Das wurde ganz reichlich genutzt. Der Olivenbaum hat ein neues Zuhause gefunden.

Das Interview führte Uta Vorbrodt.

Quelle:
DR