Missbrauchsbeauftragte fordert gerechte Entschädigungen

Bekommen Missbrauchsopfer bald mehr Entschädigung?

Nach Ansicht der Missbrauchsbeauftragten der Bundesregierung, Kerstin Claus, müssen sich zivilrechtliche Verfahren von Betroffenen sexualisierter Gewalt künftig auf die Leistungen der katholischen Kirche an Missbrauchsopfer auswirken.

Bistum Regensburg rechnet mit weniger Geld / © godongphoto (shutterstock)
Bistum Regensburg rechnet mit weniger Geld / © godongphoto ( shutterstock )

Das freiwillige Zahlungssystem der Kirche sei auf Grundlage der Entscheidungen staatlicher Gerichte zu überprüfen sowie die Höhe der Anerkennungsleistungen angemessen anzupassen, sagte Claus am Mittwoch der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Berlin. Gleiches gelte für die aktuellen Verfahrensweisen der evangelischen Kirche. Claus äußerte sich mit Blick auf eine neue Schmerzensgeldklage eines Missbrauchsopfers gegen das Erzbistum Köln.

Am Dienstagabend war bekanntgeworden, dass ein Missbrauchsopfer das Erzbistum auf ein hohes Schmerzensgeld verklagt hat. Eine Pflegetochter des inzwischen aus dem Klerikerstand entlassenen Priesters U. fordert demnach eine Entschädigung von 830.000 Euro plus 20.000 Euro für weitere Kosten.

In einem ersten derartigen Prozess hatte das Landgericht Köln Mitte Juni entschieden, dass das Erzbistum Köln einem missbrauchten früheren Messdiener die bislang höchste Schmerzensgeldsumme von 300.000 Euro zahlen soll. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig; die Berufungsfrist läuft laut Landgericht Ende des Monats aus.

Die Frage der Amtshaftung

Claus erklärte, es gehe um die Frage der Amtshaftung kirchlicher Institutionen in Fällen sexueller Gewalt an Kindern und Jugendlichen. Es sei wichtig, dass hierüber systematisch die Frage der institutionellen Verantwortung für solche Tatkomplexe gerichtlich geklärt werde.

Zivilrechtliche Verfahren könnten dazu beitragen, dass umfassend identifiziert werde, welche Pflichtverletzungen in kirchlichen und staatlichen Institutionen Schadenersatzansprüche auslösen könnten. Dies stärke über den jeweiligen Einzelfall hinaus Betroffenenrechte insgesamt.

In einem KNA-Interview hatte die Vorsitzende der Unabhängigen Kommission für Anerkennungsleistungen (UKA), Margarete Reske, unlängst erklärt, man beobachte die laufenden Prozesse vor staatlichen Gerichten. Eine Bewertung sei erst nach Abschluss der Prozesse möglich.

Erzbistum Köln muss 300.000 Euro an Missbrauchsopfer zahlen

Das Erzbistum Köln muss 300.000 Euro Schadensersatz an einen Missbrauchsbetroffenen zahlen. Das entschied das Landgericht Köln.

Der Betroffene hatte 725.000 Euro Schmerzensgeld sowie 80.000 Euro für mögliche künftige Schäden verlangt. Er hatte bereits 25.000 Euro von der Diözese in Anerkennung seines Leids erhalten. Bei einem ersten Verhandlungstermin Anfang Dezember hatte Richter Stephan Singbartl einen Vergleich vorgeschlagen. Es kam jedoch nicht zu einer Einigung. Der Prozess könnte Vorbildcharakter für weitere Schmerzensgeldklagen gegen die katholische Kirche haben.

Richterhammer mit Rosenkranz / © Jiri Hera (shutterstock)
Richterhammer mit Rosenkranz / © Jiri Hera ( shutterstock )
Quelle:
KNA