DOMRADIO.DE: Es kommen immer mehr Camper auf die Campingplätze, aber jetzt verabschiedet sich "Kirche Unterwegs". Warum?
Antje Wachtmann (Urlaubspastorin und bei "Kirche Unterwegs" aktiv): Wir schaffen es nicht mehr, unser Programm verlässlich und gut auf die Campingplätze zu bringen. Wir haben einfach nicht mehr genügend Ehrenamtliche. Wir haben tolle Teamerinnen und Teamer. Auf drei Campingplätzen haben wir dieses Jahr aber nur 18 Teamende und das ist ganz schön wenig.
"Kirche Unterwegs" hat eine große Logistik. Da wurden leider Personalstellen eingespart. Das können wir nicht länger kompensieren. Aber bevor wir einfach verschwinden, wollen wir uns richtig verabschieden.
DOMRADIO.DE: Wie sieht denn so eine Urlaubsseelsorge aus? Wie aufwendig ist die? Geht da ein Pfarrer von Camper zu Camper, klopft und fragt, was er für die Menschen tun kann?
Wachtmann: Bei der Urlauberseelsorge ist das auch so, aber "Kirche Unterwegs" bedeutet, dass ehrenamtliche Teams von mindestens drei Personen für mindestens zwei Wochen pro Team auf dem Campingplatz leben. Das heißt, wir stellen ihnen Wohnwägen und ein Kirchenzelt dahin und stellen ihnen Material bereit, damit sie für Familien, für Kinder, für Erwachsene Programm machen können.
Natürlich haben sich die Ehrenamtlichen vorher für diese Aufgabe vorbereitet und sind ausgebildet worden. Es kann ja nicht jeder auf Anhieb Kirche auf dem Campingplatz organisieren, ohne dass Hauptamtliche dabei sind.
DOMRADIO.DE: Kommen die Ehrenamtlichen denn auch regelmäßig über mehrere Jahre, sodass sie mit den Urlaubern schon zusammengewachsen sind?
Wachtmann: Viele Urlauberinnen und Urlauber kennen unsere Ehrenamtlichen und freuen sich jedes Jahr auf sie. Ich bekomme immer wieder Anrufe von Urlaubern, die fragen, wann "Kirche Unterwegs" wieder da ist. Sie würden gerne buchen, aber das mit uns abstimmen. Das ist natürlich toll.
Umso mehr tut es weh, dass wir uns jetzt entschuldigen müssen, weil wir das nicht mehr leisten können. Das ist traurig, auch wegen der engen Beziehung. Es haben sich durch die vielen Leute, die jedes Jahr dahin kamen, auch immer wieder tolle Freundschaften und Bekanntschaften ergeben.
DOMRADIO.DE: Sie sind gerade auf Abschiedstour. Wie muss man sich das vorstellen?
Wachtmann: Wir sind mit unseren Kirchenzelten und den Teams, die ich verantworte, in Harlesiel, in Sahlenburg und in Otterndorf unterwegs. "Kirche Unterwegs" gibt es noch an weiteren Orten in der Hannoverschen Landeskirche, aber das sind die Orte, für die ich gerade stehe und von denen wir uns jetzt verabschieden.
Die Teams machen ein tolles Programm. Die sind begeistert von diesem Sommer, weil es so freundliche und aufgeschlossene Gäste gibt, die sich freuen, dass sie da sind und auch toll mitmachen.
Zugleich dürfen wir nicht mehr "Auf Wiedersehen" oder "bis nächstes Jahr" sagen, sondern "Wir hoffen, dass wir uns irgendwann mal wiedersehen. Bleibt von Gott behütet."
DOMRADIO.DE: Was kommen von den Leuten für Reaktionen?
Wachtmann: Ganz unterschiedlich. Die meisten sind sehr traurig. Wenn wir erklären, warum wir nicht mehr kommen können und dass wir auf gar keinen Fall einfach verschwinden wollen, sind sie sehr verständnisvoll. Viele kennen es ja auch aus ihren eigenen Kirchengemeinschaften zu Hause, von den Feuerwehren und Sportvereinen. Es wird immer schwieriger, Menschen zu finden, die zuverlässig ihre Zeit in ein Ehrenamt geben möchten.
DOMRADIO.DE: Wie reagieren Sie und die Ehrenamtlichen darauf?
Wachtmann: Für die Ehrenamtlichen ist es natürlich sehr traurig. Aber auch die sehen, wie "Kirche unterwegs" einmal war und wie wir uns jetzt nur noch von Jahr zu Jahr zu hangeln.
Wir genießen jetzt den Sommer, wir begegnen sehr freundlichen Menschen und sie freuen sich darüber, dass ihr Programm gut angenommen wird. Wir haben kleine Abschiedsgeschenke dabei, damit wir auch wirklich Tschüss sagen können.
Es gibt auch schon erste Postkartenaktionen, sodass die Leute dann in ein paar Wochen nochmal eine Postkarte geschickt bekommen.
Das Interview führte Heike Sicconi.