DOMRADIO.DE: Jetzt haben Sie mit Ihrer Gemeinde regelmäßig schon ungewöhnliche Projekte gemacht. Während Corona beispielsweise haben Sie die Kinder mit einem Video-Kurs auf die Erstkommunion vorbereitet.
Wie gewöhnlich oder ungewöhnlich muss denn heutzutage eigentlich Gemeindearbeit sein?
Martin Kürble (Pastoralreferent aus der Seelsorgeeinheit Düsseldorfer Rheinbogen): Ich glaube, wir müssen gar nicht so ungewöhnlich sein, wir müssen einfach normal sein. Wir müssen gucken, was haben die Menschen denn für Gewohnheiten?
Wie sprechen sie denn? Wie ziehen sie sich an? Was gehört zu ihrem Leben dazu?
Und wenn wir da einfach hingucken und das auch spiegeln, reicht das vollkommen.
Dann müssen wir nicht ungewöhnliche Dinge tun, sondern eigentlich die Dinge, die für die Menschen gewöhnlich sind.
Die fühlen sich für uns nur manchmal ungewöhnlich an.
DOMRADIO.DE: Wenn es darum geht, Leute für die Kirche anzusprechen, die mit Religion jetzt eher wenig zu tun haben, dann ist ja immer die Gestaltung des Gottesdienstes ein Thema.
Wieso muss man das doch ein bisschen anders machen als früher?
Kürble: Na ja, letztlich geht es ja darum, mit Menschen zu sprechen, mit Menschen zu feiern. Und dazu muss ich einfach auch in ihrer Sprache sprechen.
Was nützt es denn, im Gottesdienst chinesisch zu sprechen, wenn aber keiner chinesisch versteht?
Ich muss anfangen, die Wörter neu zu wählen, also einfach normal zu wählen, so wie die Menschen auch draußen auf der Straße sprechen – ohne ihren Gehalt dabei zu verflachen.
Darum geht es nicht, sondern einfach darum, verständlich zu werden. Dasselbe gilt für alle Riten, im Grunde genommen für das gesamte Setting.
Was nützt es denn, wenn wir im Grunde genommen als Insel glauben und feiern, aber den Mainstream, also das, was die Menschen verstehen, was sie mögen, völlig außen vor zu lassen?
In einer Zeit, in der die Kirche den Mainstream sozusagen gesetzt hat, da konnte man das machen. Aber in einer Zeit, wo so etwas einfach auch nicht mehr verstanden wird, da tun wir ja wirklich das Gegenteil von dem, was wir eigentlich tun sollen.
Wir sollen verkündigen, wir sollen das Gute nach draußen tragen und stattdessen behalten wir es für uns, möglichst in einer Geheimsprache, die keiner versteht.
DOMRADIO.DE: Und das ist ja im Moment auch ganz besonders schwierig, weil seit geraumer Zeit auch im Erzbistum Köln die Schlagzeilen wirklich nicht positiv sind.
Sie versuchen als Seelsorger, die Leute trotzdem positiv anzusprechen. Einerseits mit der Sprache der Leute, aber eben auch mit ungewöhnlichen Projekten. Was für welche sind das?
Kürble: Genau, also wir müssen, anders als das Bistum, nicht dauernd nur Krisenkommunikation betreiben, sondern wir können unserem Auftrag auch wirklich gerecht werden, nämlich die frohe Botschaft, die Erlösung und das Glück der Menschen zu verfolgen.
Das können wir auf ganz einfache Weise tun: Wir gehen raus, wir gehen mit den Leuten raus, laden die Leute ein, mit uns die wunderbare, schöne Natur – davon haben wir hier nun wirklich genug – zu erkunden und zu genießen, einfach zu relaxen.
Das Ganze machen wir aber immer vor einem biblischen Hintergrund. Die Bibel stellt uns so viel Gutes, so viele gute Texte und wohlwollende Momente zur Verfügung und wir laden einfach dazu ein, diese mit uns zu erleben.
DOMRADIO.DE: Jetzt haben wir ja Sommerferien in Nordrhein-Westfalen und Sie veranstalten eine spezielle Aktion am Rheinbogen. Was machen Sie denn da?
Kürble: Das ist genau so ein wirklich einfacher Punkt im Grunde genommen. Wir laden gemeinsam mit unserer evangelischen Schwestergemeinde auf einen ökumenischen Pilgerweg entlang des Rheines ein.
Das heißt von hier aus, wo ich hier bin, das ist eben der Rheinbogen in Himmelgeist, da kann man kilometerlang einfach am Rhein entlang quer durch diese wunderbare, schöne Stadt gehen.
Und das machen wir in kleinen Portionen, zwischen dreieinhalb und neun Kilometern, immer Freitags abends ab 18 Uhr.
Ein kleines Stück Heimat, verbunden mit einer biblischen Flussgeschichte, die dem Ganzen Leichtigkeit gibt.
Denn es geht natürlich auch um die Untiefen des Lebens, die wir einfach gemeinsam besprechen und bedenken wollen, um zusammen eine gute, eine erlösende Zeit haben.
Denn das ist letztlich das, worum es geht. Dass wir als Christen auch wirklich die Erlösung, die wir ja nun eigentlich in unserer DNA haben, dass wir die auch wirklich spüren und erleben.
DOMRADIO.DE: Das heißt, auch heute wandern Sie den Rhein mit Flussgeschichten entlang?
Kürble: Genau. Heute um 18 Uhr geht es los. Den Treffpunkt kann man auf unserer Homepage www.meinegemein.de einsehen. Heute geht es in Richtung Paradiesstrand, wo das ganze dann mit einem Picknick endet.
Das Interview führte Uta Vorbrodt.