DOMRADIO.DE: In diesem Jahr hatten sie 54 Kinder, die von 15 Katechetinnen und Katecheten vorbereitet wurden. Zwei dieser Katechetinnen und Katecheten sind aber nicht mehr Mitglied in der Kirche. Wie geht das?
Peter Otten (Pastoralreferent in St. Agnes, Köln-Mitte): Ich bin extrem dankbar, dass wir bei uns Menschen aus der Elternschaft finden, die mir helfen, die Vorbereitung der Kinder auf die Erstkommunion überhaupt zu stemmen. Ohne diese Menschen ist alles andere nichts.
Die Menschen kommen mit unterschiedlichsten Motivationen. Manche davon möchten die Zeit der Kommunionvorbereitung eben auch für sich nutzen. Dass es heutzutage Menschen gibt, die Schwierigkeiten mit dem Glauben und mit der Kirche haben, liegt doch auf der Hand. Aber wenn diese Menschen zu mir kommen und mitmachen möchten, auch um sich mit der Kirche auseinanderzusetzen, etwas größeres gibt es doch gar nicht.
DOMRADIO.DE: Wie wird heutzutage vorbereitet? Müssen die Kids mittlerweile irgendeine App haben?
Otten: Wir machen fast nichts digital, weil ich persönlich finde, dass es in der digitalisierten Welt auch etwas analoges geben muss. Bei uns gibt es jeden Sonntag einen Gottesdienst für alle. Den gestalten wir auch so, dass alle etwas davon haben. Kinder, Erwachsene, Opas und Omas. Der Gottesdienst hat immer dieselbe Musikfarbe, hat immer dieselbe Länge: Es gibt immer eine ähnliche Katechese.
Danach gehen die Kinder in die Gruppenstunden. Das sind bei uns acht Stück und die sind mystagogisch aufgebaut, also sehr symboldidaktisch. Es geht weniger um auswendig lernen, sondern es geht um gemeinsame Erfahrung. Wir machen viel miteinander. Es geht darum, sich an ein sakramentales Verständnis anzunähern. So kommt zum Beispiel immer wieder das Licht vor. Zum Ende einer Gruppenstunde teilen die Kinder ein Brot, das sie selbst mitbringen. Mit diesem Ritual nähern sich die Kinder der Kommunion an.
DOMRADIO.DE: Zur Kommunionvorbereitung gehört auch die erste Beichte. Diese Praxis wird mittlerweile - auch vor dem Hintergrund des Missbrauchsskandals in der katholischen Kirche – hinterfragt und stößt auf deutliche Kritik. Was sagen Sie dazu?
Otten: Ich kann die Kritik verstehen. Die erste Beichte kann nur noch dann verantwortbar stattfinden, wenn man sich vorher einige Gedanken macht. Bei uns werden zum Beispiel die Eltern einbezogen und vorher alle Fragen geklärt.
Die erste Beichte findet dann bei uns zusammen mit einem gemeinsamen Gottesdienst statt. Dort spreche ich in meiner Katechese dann sinngemäß darüber, dass manchmal ein anderer dir etwas sagen muss, woran du selbst nicht mehr glauben kannst. Zum Beispiel, dass obwohl du nicht immer nur Gutes getan hast, ein geliebter und getragener Mensch bist. Ich finde diese Erfahrung sehr wesentlich für Menschen.
Außerdem besteht bei uns kein Zwang zur Beichte, alles passiert völlig freiwillig. Ich finde, wir haben damit eine gute Form gefunden, bin mir aber auch unsicher. Die Kritik an der ersten Beichte stammt vom Psychiater Dreßing, der sagt, dass eine Beichte in diesem Alter quatsch ist. Man sollte erst ab 14 Jahren mit dem Thema anfangen. Ich bin offen dafür, Wege zu suchen, die das Thema besser transportieren.
Ich habe den Ehrgeiz, dass wir die Kinder und die Erwachsenen – die Eltern sind auch alle zur Beichte eingeladen – so gut vorbereiten, dass sie freiwillig kommen. Ich zähle aber nicht nach. Ich habe auch bei den beiden Kommunionfeiern nicht nachgezählt. Es kann sein, dass heute ein Kind nicht zu seiner eigenen Kommunion gekommen ist.
Aber ganz ehrlich: Wenn der Glaube nicht freiwillig ist und die Kinder und die Erwachsenen das nicht spüren, dass das, was mit Freiwilligkeit, mit Freiheit zu tun hat, dann brauchen wir gar nicht erst anfangen.
DOMRADIO.DE: Thema in diesem Jahr der Kommunionvorbereitung war das Evangelium des Brot-Wunders. Wie haben Sie das einfließen lassen?
Otten: Die Kinder haben das Evangelium des Brot-Wunders während des Lesens mit Gesten dargestellt. Sozusagen haben wir das Evangelium gemeinsam erzählt. In dem Evangelium wird nicht klar, wie Jesus es schafft, die 5000 Menschen satt zu machen. Die Pointe ist, dass es klappt. Das finde ich, ist ein großer Trost und zeigt viel darüber, was Kommunion eigentlich bedeutet.
Kommunion bedeutet teilen, bis alle etwas haben und sich keine Gedanken drüber machen, wie es funktioniert. Dahinter steckt der Gedanke, niemanden zu vergessen und erst dann mit dem Teilen aufzuhören, wenn alle etwas haben. Das ist der entscheidende Kick der Kommunion. An der Stelle, wo wir Menschen nicht mehr teilen können, da ist Gott, der weiter teilt.
Heute war zum Beispiel auch ein Hund mit in der Kirche. Da habe ich mich gefreut. Die Familie wusste nicht, wohin mit dem Hund. Da haben sie ihn einfach mitgebracht. Ich finde das großartig, weil es darum geht: Teilen bis alle etwas haben, egal ob Mensch oder Tier. Wenn das im Gottesdienst spürbar ist, bin ich der glücklichste Mensch der Welt.
Das Interview führte Oliver Kelch.