DOMRADIO.DE: Warum spart man denn an dieser so wichtigen Stelle?
Christof Kriege (Leiter für Abteilung Jugend und Familie beim Diözesan-Carisasverband für das Erzbistum Köln): Das ist für uns nicht nachvollziehbar, zumal die damalige Bundesregierung in der letzten Legislaturperiode ein Jugendfreiwilligenjahr propagiert hat. Man wollte einen Rechtsanspruch für junge Leute auf einen Freiwilligendienst einrichten und gesetzlich verankern.
Darüber hinaus sollten viele Verbesserungen, beispielsweise Freiwilligendienste in Teilzeitformaten, dazu beitragen, dass von den derzeit 80.000 Bundesfreiwilligendienstleistenden und FSJ- und FÖJ-Leistenden, eine Steigerung um die Hälfte zu erreichen.
Diese Bundesregierung geht nun einen anderen Weg. Und das mutet sich bedrohlich an, wenn tatsächlich die Kürzungen, die für das kommende Jahr 2024 und das Folgejahr 2025 zu erwarten sind, in der Form umgesetzt werden.
DOMRADIO.DE: Welche Auswirkungen hätte denn dieser Wegfall der vielen Freiwilligendienste?
Kriege: Wir befürchten, dass etwa ein Viertel aller Freiwilligendienstplätze dann nicht mehr besetzt werden kann. Das sind in Summe 240 Stellen. Das betrifft vor allen Dingen Kindertagesstätten, Altenheime und Krankenhäuser.
Sollte dann 2025 die weitere angekündigte Kürzung von noch mal 35 Millionen Euro kommen, würde das in Summe bedeuten, dass etwa ein Drittel der bis jetzt vom Bund zur Verfügung gestellten Mittel wegfallen und dass jede dritte Stelle in der Besetzung gefährdet ist.
Das kann am Ende nicht sein, wenn wir das freiwillige Engagement junger Leute in der Gesellschaft stärken wollen.
DOMRADIO.DE: Wie haben Sie auf diese Ankündigung reagiert und wie gehen Sie dagegen vor?
Kriege: Wir selbst werden natürlich mit Presseerklärungen unsere Meinung kundtun. Wir, das ist der Verbund der Katholischen Freiwilligendienst Träger, nicht nur die im Erzbistum Köln.
Das wird bundesweit so sein, dass die in freier Trägerschaft befindlichen Freiwilligendienst Träger, die Katholischen, Evangelischen und alle Freien letztendlich dagegen protestieren werden.
Und es gibt eine Onlinepetition, die von Freiwilligen selbst gestartet wurde. Thema ist: Den Freiwilligendienst stärken.
Über 100.000 Unterzeichner haben inzwischen diese Onlinepetition unterschrieben, mit der bestimmte politische Forderungen, insbesondere das Wegstreichen der Fördermittel des Bundes, kritisiert werden.
Wir hoffen, dass wir am Ende zum Erfolg kommen und dass der Bund diese Kürzungspläne diese Kürzungspläne dann zurücknehmen wird.
DOMRADIO.DE: Auf der anderen Seite wird gerade auch besprochen, dass ein Freiwilliges Soziale Jahr auch wieder als Pflichtjahr eingeführt werden sollte. Wie stehen Sie dazu?
Kriege: Das ist natürlich eine übliche Debatte, die sehr oft in der Sommerperiode auftritt. Die SPD-Bundestagsfraktion hat gerade aktuell noch einmal angekündigt, eine Möglichkeit einzurichten, einen dreimonatigen sozialen Pflichtdienst für junge Leute zu installieren.
Wir glauben, dass alles, was mit sozialen Pflichtdiensten erreicht werden soll, bereits über Freiwilligendienste und Freiwilligkeit erreicht und angeboten wird. Da geht es um die Prinzipien Persönlichkeitsbildung und Selbstverwirklichung.
Freiwilligendienste sind ein Bildungs- und ein Orientierungsinstrument und wir möchten, dass das aufrechterhalten wird.
Das Interview führte Tim Helssen.