Wenn Peter Eickmeyer Glück hat, schafft er es in Europas Geschichtsbücher. In jene, die über den Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) berichten und darüber, wie er endete – mit dem Westfälischen Frieden von Münster und Osnabrück. Ein kürzlich von Eickmeyer gemaltes Bild könnte den Blick auf jenes "Friedenswunder" verändern, das am 24. Oktober 1648 in Münster besiegelt und tags darauf vor dem Osnabrücker Rathaus verkündet wurde. Das Bild zeigt die Szene, die als entscheidender Durchbruch für den Friedensschluss gilt: den Osnabrücker Handschlag am 6. August 1648.
Vorerst durch Handschlag bestätigt
An jenem Vormittag versammelten sich die Vertreter der Kriegsparteien im schwedischen Quartier in Osnabrück und verfolgten gespannt, wie der kaiserliche Gesandte Isaak Volmar den mühsam ausgehandelten Entwurf des Friedensvertrags Wort für Wort verlas. Über sechs Stunden dauerte der Vortrag, bei dem noch Korrekturen vermerkt wurden. Doch die Schweden wollten mit Rücksicht auf ihre französischen Verbündeten, die in Münster verhandelten, den Vertrag nicht vor Ort unterzeichnen. Daher sollte er vorerst per Handschlag bestätigt werden.
Um vier Uhr nachmittags, so notierten die Chronisten, versprachen sich die Gesandten zum Zeichen, dass an dem Vertrag "weiter nichts geendert werden solt", den Frieden "in die handt" und verschafften ihm damit Rechtsgültigkeit. Von dieser Szene ist eine zeitgenössische Holzkohle-Skizze vorhanden. Sie zeigt Gesandte und Sekretäre streng protokollarisch geordnet an Tischen sitzend – durchnummeriert und mit Namen versehen. Davon inspiriert schuf Eickmeyer pünktlich zum Jahrestag des Handschlags ein Bild.
Kaum Darstellung von den Osnabrückern Verhandlungen
Das bisher bekannteste Gemälde zum Westfälischen Frieden zeigt die spanische und die niederländische Delegation, die im Mai 1648 in Münster das Abkommen zur Unabhängigkeit der Niederlande schlossen. Das von Gerard ter Borch 1648 als Augenzeuge gemalte Bild präsentiert detailgetreu die Gesandten beider Länder im Moment des Schwurs und ist in vielen Geschichtsbüchern sowie auf Internetportalen zu finden. Von den Verhandlungen in Osnabrück hingegen gibt es so gut wie keine Darstellungen.
Dem Frieden ein Gesicht geben
Wie bedeutend der Handschlag vom 6. August war, darauf hat in den vergangenen Jahren vor allem die Historikerin an der Uni Osnabrück, Siegrid Westphal, aufmerksam gemacht. Weswegen auch das 375-Jahr-Gedenken dort größer gefeiert wird als in Münster. Das von Westphal geleitete Institut für Kulturgeschichte der Frühen Neuzeit hat gemeinsam mit dem Diözesanmuseum eine Ausstellung organisiert. Die seit Juni laufende Schau trägt den Titel "Dem Frieden ein Gesicht geben. Leben und Verhandeln beim Westfälischen Friedenskongress 1643-1648".
Zu sehen sind im Museum etwa ein Originalexemplar des Osnabrücker Friedenspakts zwischen Kaiser Ferdinand III. und den deutschen Reichsständen einerseits und Königin Christina von Schweden andererseits. Gezeigt werden außerdem die Vereinbarung, die Osnabrück zum neutralen Verhandlungsort bestimmte, die Original-Skizze des Osnabrücker Handschlags sowie das Tagebuch eines Delegierten.
Irritationen und Provokationen
An weiteren Stationen in der Innenstadt ist zu erfahren, warum etwa die kaiserlichen und andere katholische Gesandte im eher lutherischen Katharinenviertel logierten, und umgekehrt die Schweden die vornehmste Residenz eines katholischen Domkapitulars wählten. Die damals schon gemischt-konfessionelle Atmosphäre im formal evangelischen Osnabrück führte einerseits zu Irritationen und – oft alkoholbedingten – Provokationen. Sie ermöglichte aber auch Annäherungen über Konfessionsgrenzen hinweg.
Als gefragte Location für Empfänge und gemeinsame Essen galt die Residenz der Schweden, an deren Stelle das heutige Bischofshaus steht. Über dessen Eingang hängt nun Eickmeyers Szene des Handschlags, der dort stattfand. Ob das Bild ähnliche Bekanntheit erreicht wie der Friedensschwur zu Münster, muss sich zeigen.
Ökumenische Feier
Stadt und Kirchen Osnabrücks jedenfalls begehen den Jahrestag des Handschlags am 6. August mit einem Gottesdienst, der in der evangelischen Marienkirche beginnt und im katholischen Dom endet. Zu den Ausstellungen gibt es Führungen, Werkstätten und szenische Darstellungen. Abschließend soll Schauspieler Ben Becker auf dem Marktplatz thematisch passende Texte vortragen.