Für Wolfgang Haas schuf der Papst extra eine Kleinstdiözese

Liechtensteins Erzbischof stößt an Altersgrenze

Er ist der letzte im Amt jener kontroversen Bischofsernennungen der 80er Jahre im deutschen Sprachraum. Auch Kardinal Groer oder Bischof Krenn regierten Diözesen in Unfrieden. Wie geht es weiter für das Erzbistum Vaduz?

Autor/in:
Alexander Brüggemann
Wolfgang Haas, Erzbischof von Vaduz (Liechtenstein), predigt in einem Gottesdienst am 17. Juni 2023 / © Daniel Schwendener (KNA)
Wolfgang Haas, Erzbischof von Vaduz (Liechtenstein), predigt in einem Gottesdienst am 17. Juni 2023 / © Daniel Schwendener ( KNA )

Wer je ein Haus gebaut hat, weiß: Nichts hält länger als Provisorien. Johannes Paul II. (1978-2005), Heiliger und als "Pontifex" oberster Brückenbauer der katholischen Kirche, schuf 1997 ein Provisorium, das schon ein Vierteljahrhundert hält. Und wenn es nach der Vorstellung von Erzbischof Wolfgang Haas geht, dann wird es auch künftig weiterbestehen.

Erzbistum Vaduz seit 25 Jahren

Wiederholt nannte er das zuletzt als ein sicheres Szenario. Alles werde in Liechtenstein so weiterlaufen wie bisher, auch wenn er dem Papst nun zum 7. August, seinem 75. Geburtstag, seinen Amtsverzicht anbiete, wie es das Kirchenrecht vorschreibt.

Vor einem guten Vierteljahrhundert, im Dezember 1997, erhielt das kleine Alpen-Fürstentum Liechtenstein, mit weniger als 40.000 Einwohnern zwischen Österreich und der Schweiz gelegen, ein eigenes Erzbistum Vaduz, das vom Schweizer Bistum Chur abgetrennt wurde.

In Chur nicht mehr zu halten

Warum? Vor allem brauchte es eine neue Verwendung für den damaligen Churer Bischof Haas, der mit seiner äußerst konservativen Amtsführung und seinem Kommunikationsstil dort nicht mehr zu halten war.

Heute ist Haas der letzte Überlebende aus einer Riege sehr kontroverser und entschieden konservativer Bischofsernennungen der späten 80er Jahre im deutschen Sprachraum unter Papst Johannes Paul II. (1978-2005). Kardinal Hans Hermann Groer (Wien), die Bischöfe Kurt Krenn (Sankt Pölten) und Haas (Chur) regierten Diözesen in Unfrieden. Einer (Groer) stolperte über eigenen Missbrauch Minderjähriger, ein anderer (Krenn) über einen Sex-Skandal in seinem Priesterseminar.

In Chur vom Vatikan direkt ernannt

Haas war in Chur vom Vatikan direkt ernannt worden. Auf Bitten des damaligen Bischofs Johannes Vonderach wurde er im Frühjahr 1988 vom Papst zum Koadjutor ("Helfer" des Bischofs) mit Nachfolgerecht ernannt. Damit wurde das Recht des Domkapitels auf freie Bischofswahl umgangen; eine Möglichkeit, die das Kirchenrecht freilich vorsieht.

In Chur stieß Haas durch seinen Kurs und seine Personalentscheidungen auf erbitterten Widerspruch bei den an Mitbestimmung gewöhnten Katholiken. Nach Jahren vieler Unruhe und Konflikte fand der Vatikan 1997 schließlich eine Lösung für die Churer Querelen: Das rund 160 Quadratkilometer kleine Fürstentum Liechtenstein, seit 1806 staatlich souverän, aber kirchenrechtlich von alters her zum Schweizer Bistum Chur gehörig, wurde zur selbstständigen Erzdiözese mit Bischofssitz in der Hauptstadt Vaduz erhoben, Haas' Heimatstadt.

Empörung in Liechtenstein

Demonstration gegen die Inthronisation von Wolfgang Haas als Erzbischof von Vaduz im Dezember 1997 / © Harald Oppitz (KNA)
Demonstration gegen die Inthronisation von Wolfgang Haas als Erzbischof von Vaduz im Dezember 1997 / © Harald Oppitz ( KNA )

Die Nachricht sorgte damals bei vielen Liechtensteinern für Empörung. Sie drohten mit einer Kirchenbesetzung und einer Störung der Amtseinführung. Die Regierung, fast der gesamte Landtag und der Kirchenchor boykottierten die Feier. Fürst Hans Adam II. dagegen stellte sich hinter Haas und das neue Erzbistum.

Auch das folgende Vierteljahrhundert im katholisch geprägten Liechtenstein blieb keineswegs frei von Reibungen. Der Theologe Günther Boss spricht von einem Erzbistum mit nur zehn Pfarreien, das "in dieser Kleinheit absurd" sei. Nicht nur die Gläubigen seien komplett isoliert; auch Haas habe sich zunehmend isoliert. "Niemand kommt mehr an ihn heran. Teilweise nicht mal mehr sein eigener Klerus", so Boss.

Keine Beteiligung an der Weltsynode

Eröffnung der Weltsynode im Oktober 2021 / © Vatican Media/Romano Siciliani (KNA)
Eröffnung der Weltsynode im Oktober 2021 / © Vatican Media/Romano Siciliani ( KNA )

Eine Beteiligung am von Papst Franziskus ausgerufenen weltweiten synodalen Prozess lehnte Erzbischof Haas als unnötig ab. Im kleinen Liechtenstein, argumentiert er, könne man jederzeit miteinander sprechen. Allerdings, so der Theologe Boss, zeige Haas "keinerlei inhaltliches Interesse an der Meinung der Gläubigen". Deshalb machten sich Boss und sein "Verein für eine offene Kirche" auf einen eigenen Synodalen Weg für Liechtenstein, vorbei am Erzbischof.

Der Theologe ist überzeugt: "Es braucht eine Öffnung nach außen; eine stärkere Einbindung in eine Bischofskonferenz und eine Verbindung zu anderen Bistümern und Bischöfen." - Und wenn das auch nach der Ära Haas nicht geschieht? - "Dann bleiben wir weiterhin unter einer Käseglocke." Allerdings, so muss man auch fragen: Seit wann löst der Papst nach der Emeritierung eines Bischofs dessen Bistum auf? Dies wäre ein klares Eingeständnis Roms, wie verzweifelt damals das Haas-Problem gelöst werden musste.

Was macht Franziskus?

Zudem bleibt abzuwarten, ob Franziskus Haas' Verzicht überhaupt schon zu dessen 75. annimmt - wie es eigentlich der Regelfall wäre. Als in Chur 2017 der ebenfalls wenig dialogorientierte Bischof Vitus Huonder die Altersgrenze erreichte, ließ ihn der Papst zur großen Überraschung aller noch zwei volle Jahre im Amt.

Verein für eine offene Kirche in Liechtenstein

Der Verein für eine offene Kirche entstand am 2. Februar 1998 als Reaktion auf die Errichtung des Erzbistums Vaduz.

In den folgenden Jahren wich der Protestcharakter des Vereins mehr und mehr der pastoralen Sorge um ein lebendiges Kirche-Sein in Liechtenstein.

Königsliechtenstein-Flagge / © Tobias Arhelger (shutterstock)
Königsliechtenstein-Flagge / © Tobias Arhelger ( shutterstock )
Quelle:
KNA