Umweltbeauftragter lobt Aktion "wahre Preise" bei "Penny"

Was Fleisch eigentlich kostet

Verbraucher bezahlen diese Woche beim Supermarkt "Penny" den "wahren Preis" für einige Produkte. Diese sind inklusive der Kosten durch entstandene Umweltschäden erhöht. Der Umweltbeauftragte im Erzbistum Köln findet die Aktion gut.

Für neun Produkte kassiert das Unternehmen Penny die wahren Preise. Dabei werden auch verdeckte Kosten etwa für Umweltverschmutzung bei der Produktion berücksichtigt. / © Oliver Berg (dpa)
Für neun Produkte kassiert das Unternehmen Penny die wahren Preise. Dabei werden auch verdeckte Kosten etwa für Umweltverschmutzung bei der Produktion berücksichtigt. / © Oliver Berg ( dpa )

DOMRADIO.DE: Der Supermarkt "Penny" beziehungsweise der Mutterkonzern "Rewe" will mit dem "wahren Preis" mehr Bewusstsein für die Umweltbelastung durch die Lebensmittelproduktion schaffen. Erschrecken Sie die Preise oder haben Sie mit so was gerechnet, wenn man weiß, was da alles draufgerechnet wird? 

Christian Weingarten (Erzbistum Köln)

Christian Weingarten (Umweltbeauftragter des Erzbistums Köln): Ich bin nicht überrascht. Ich habe damit gerechnet, weil ich mich schon viel mit dem "wahren Preis" von Lebensmitteln und auch mit der Frage, was eigentlich ökologischer Landbau bringt, beschäftige.

Da gibt es viele Studien, die zeigen, dass wir durch den günstigen Einkauf – insbesondere von Fleisch – eigentlich ganz viele Kosten gar nicht bezahlen, die aber unsere Gesellschaft trägt. 

DOMRADIO.DE: Wie kommt denn der neue Preis jetzt zustande? Welche Faktoren sehen wir sonst nicht, die hier berechnet worden sind?

Weingarten: Das sind zum Beispiel Wasserkosten in der Landwirtschaft. Wenn zu viel Dünger, wie Nitrat in Boden gegeben wird, muss das Wasser besser gereinigt werden. Die Kosten zahlt man normalerweise nicht im Supermarkt. Das wird vielmehr über Steuermittel und dann letztendlich von den Wasserwerken bezahlt. Das sind Kosten, die nicht direkt von dem Einkäufer bezahlt werden, sondern letztendlich von jedem, der in Deutschland lebt.

Christian Weingarten

"Das alles verursacht Kosten, die in Zukunft vor allem auf kommende Generationen zukommen werden."

Dazu kommt der Naturschutz oder der Verlust der Artenvielfalt, durch Schäden aufgrund von Pflanzenschutz, was man oftmals gar nicht monetär betrachten kann. Aber das alles verursacht Kosten, die in Zukunft vor allem auf kommende Generationen zukommen werden. Diese Kosten sind bei den Lebensmittelpreisen jetzt mit eingerechnet. 

DOMRADIO.DE: Interessant ist ja, dass sich die Preissteigerungen ziemlich unterscheiden: Die Packung Maasdamer Käse wird diese Woche um 94 Prozent teurer, die Wiener Würstchen um 88 Prozent, das vegane Schnitzel nur um 5 Prozent. Was zeigt das genau?

Christian Weingarten

"So wie wir im Moment Tiere in Deutschland halten, schaden wir Boden und Wasser."

Weingarten: Das zeigt den großen Konflikt zu tierischen Produkten. Ich will nicht sagen, wir dürfen gar keine tierischen Produkte mehr essen, aber wir müssen unseren Konsum von tierischen Produkten massiv reduzieren. Es gibt eine Art und Weise Tiere zu halten, die gut für Klima und Artenvielfalt ist. So wie wir im Moment Tiere in Deutschland halten, schaden wir Boden und Wasser. Das führt zu diesen hohen Kosten.

Screenshot: Massentierhaltung / © nn (DR)
Screenshot: Massentierhaltung / © nn ( DR )

Im Vergleich zu dem veganen Schnitzel sieht man, dass eine Ernährungsweise mit sehr wenigen tierischen Produkten besser für das Klima und für die Umwelt ist. Im Vergleich mit Brot wäre der Unterschied vielleicht noch größer.

DOMRADIO.DE: Insgesamt geht es nur um neun Produkte, die eine Woche lang einen angepassten Preis haben. Es wird wohl kaum jemand gezwungen sein, diese neuen Preise in dieser einen Woche zu bezahlen. Glauben Sie, dass die Aktion trotzdem etwas bringt? 

Weingarten: Ja, ich glaube, wenn wir immer wieder kommunizieren, was die Klima- und Umweltkrise verursacht, haben die Menschen es bald verstanden.

Gerade im Bereich Discounter werden noch viel mehr Menschen erreicht, als zum Beispiel in Schichten, die schon vorher ökologisch interessiert waren. Ich finde es toll, dass das beim Discounter gemacht wird, wo alle einkaufen gehen und da mal einen Blick bekommen können, was es eigentlich heißt, zum Beispiel Fleisch zu kaufen. 

DOMRADIO.DE: Mal angenommen, man würde für eine Woche alle Produkte in allen Supermärkten zum "wahren Preis" verkaufen: Was könnten die Verbraucher dann neben dem veganen Schnitzel noch zum relativ kleinen Preis kaufen?

Christian Weingarten

"Wir werden unseren Ernährungsstil verändern müssen."

Gemüse aus biologischem Anbau (KNA)
Gemüse aus biologischem Anbau / ( KNA )

Weingarten: Ich glaube, die Menschen würden dann mehr Gemüse und weniger Fertigprodukte kaufen. Es würde eine stärkere Ernährung mit Gemüse und Obst und mit weniger Fleisch geben. Vielleicht würde dadurch das Fleisch wieder wertvoller.

Im Moment essen wir viel zu viel Fleisch. Wenn es den Festtagsbraten wieder nur an Ostern oder Weihnachten gibt, dann ist unser Bewusstsein für das Lebensmittel wieder viel stärker.

Wir werden unseren Ernährungsstil verändern müssen. Das sieht man an diesen Kosten. Ich hoffe, die Veränderung kommt schnell und wird durch solche Aktionen bestärkt.

Das Interview führte Michelle Olion.

Wie teuer Lebensmittel eigentlich sein müssten

Seit Montag verlangt der Discounter Penny für neun seiner mehr als 3.000 Produkte eine Woche lang die "wahren Preise" – also den Betrag, der bei Berücksichtigung aller durch die Produktion verursachten Umweltschäden eigentlich berechnet werden müsste. Die Produkte vom Käse bis zum Wiener Würstchen werden dadurch um bis zu 94 Prozent teurer, wie die Handelskette mitteilte. Die Mehreinnahmen will die zur Rewe-Gruppe gehörende Kette für ein Projekt zum Klimaschutz und zum Erhalt familiengeführter Bauernhöfe im Alpenraum spenden.

Produkte deren Preis mit den verdeckte Kosten angepasst wurden, liegen an der Kasse / © Oliver Berg (dpa)
Produkte deren Preis mit den verdeckte Kosten angepasst wurden, liegen an der Kasse / © Oliver Berg ( dpa )
Quelle:
DR