"Natürlich gehört es zur Meinungsfreiheit, Religionen zu kritisieren und auch scharf zu attackieren. Eine Grenze ist aber dann überschritten, wenn eine ganze Menschengruppe herabgewürdigt, erniedrigt und diffamiert wird", sagte der Direktor des Instituts für Islamische Theologie an der Universität Osnabrück dem Evangelischen Pressedienst (epd).
Gemeint sei die muslimische Minderheit
Genau darauf zielten die Aktionen in Schweden und Dänemark ab: "Das ist für mich Volksverhetzung und sollte strafrechtlich geahndetwerden." Menschen, die eine jüdische Thora verbrennen würden, werde zu Recht eine antisemitische Gesinnung attestiert, sagte Ucar: "So ist es auch hier: Man verbrennt den Koran und meint die muslimische Minderheit."
In Schweden und Dänemark hatte es mehrfach Demonstrationen gegeben, bei denen der Koran angezündet oder die heilige Schrift der Muslime mit Füßen getreten worden war.
Scharfe Kritik in Ordnung, theatralischen Szenen nicht
Wer sich inhaltlich mit dem Islam auseinandersetzen wolle, könne das publizistisch auch in scharfer und zugespitzter Form jederzeit tun, betonte der Theologe. Solche Bücher und Artikel seien in den vergangenen Jahren immer wieder erschienen. "Aber medial aufgeführte, theatralische Szenen haben weniger die Meinungsfreiheit als vielmehr eine Herabwürdigung der muslimischen Existenz zum Ziel."
Ucar unterstrich, er würde ebenso argumentieren, wenn in islamischen Ländern Bibeln verbrannt würden. "Solche Aktionen gehen über die reine Geschmacklosigkeit hinaus. Sie haben eine gesellschaftliche Komponente, die man im Blick behalten muss."
"Muslime sollten besonnen bleiben"
Zugleich appellierte er an Muslime, sich nicht provozieren zu lassen, und nicht zu Gewalt zu greifen, wie es etwa im Irak passiert sei. Genau das wollten die Demonstranten erreichen: "Man will zeigen, dass Muslime potenziell gewaltbereite Menschen sind und mit Kritik nicht umgehen können." Muslime sollten besonnen bleiben und solchen Verbrennungsaktionen keine Beachtung schenken. Im Irak hatten Protestierende schwedische und dänische Einrichtungen angegriffen.
Ucar warnte davor, dass solche Koranverbrennungen auch in Deutschland Nachahmer finden und Menschen mit Gewalt darauf reagieren könnten. "Wir haben in Deutschland Potenzial für beides." Umso wichtiger sei es, immer wieder zu Besonnenheit, zu demokratischem Diskurs und respektvollem Umgang miteinander aufzurufen.