Bis auf einen Besuch von Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) in der Heimatregion der religiösen Minderheit sei sehr wenig geschehen, kritisierte der Co-Vorsitzende des Vereins "Stelle für Jesidische Angelegenheiten" im Interview mit dem Berliner "Tagesspiegel" für dessen Ausgabe am Donnerstag.
Alkaldy betonte, dass Deutschland zugesichert habe, den Jesiden beim Wiederaufbau der Region zu helfen und sie bei der Rückkehr in ihre Heimat zu unterstützen. Auch solle in Deutschland ein Dokumentationszentrum über den Völkermord entstehen. "Nur ist davon kaum etwas ansatzweise in Angriff genommen worden", so Alkaldy. Es scheine sich niemand dafür verantwortlich zu fühlen, "weder im Bundesinnenministerium noch im Auswärtigen Amt".
"Keineswegs Desinteresse"
Der Islamwissenschaftler sagte, er werfe der Bundesregierung "keineswegs Desinteresse vor". Es sei aber entscheidend, "direkt im Nordirak mit den richtigen Stellen zusammenzuarbeiten". So dürfe es nicht sein, dass finanzielle Unterstützung über Behörden in der Hauptstadt Bagdad zur kurdischen Regionalregierung weitergeleitet werde. "Auf diesem Weg verschwindet eine Menge Geld."
Die Lage der Jesiden im Nordirak bezeichnete Alkaldy als "sehr schwierig". Nach Schätzungen seien 500.000 Jesiden aus ihrer Heimat vertrieben worden. Obwohl der "Islamische Staat" vor mehr als vier Jahren militärisch besiegt und die Heimatregion der Jesiden befreit worden sei, hätten bislang kaum mehr als 70.000 zurückkehren können.
Leben in behelfsmäßigen Notunterkünften
Die meisten Jesiden leben nach seinen Angaben in Flüchtlingscamps, die von der kurdischen Regionalregierung kontrolliert werden, oder in behelfsmäßigen Notunterkünften. Wer nicht in seine Heimat zurückkehren könne, versuche, nach Europa zu gelangen. So lebten bereits sehr viele Jesiden in Deutschland.
Alkaldy hob zudem hervor, dass kurdisch-sunnitische Geistliche im Nordirak seit Monaten massiv gegen die Minderheit hetzten. Es gebe Kampagnen, die uralte Vorurteile bedienten. So würden die Jesiden als "Ungläubige" oder als "Teufelsanbeter" und "Fremde" denunziert, obwohl sie wie andere Volksgruppen seit Jahrtausenden im Irak lebten.