Studie findet kein Effekt durch Seenotrettung im Mittelmeer

Kein Pull-Effekt

Die Seenotrettung im Mittelmeer hat laut einer neuen Studie keinen Einfluss auf die Zahl der Überquerungsversuche von Migranten. Als wirksame Faktoren macht die Studie Konflikte sowie wirtschaftliche und ökologische Bedingungen aus.

Geflüchtete sitzen an Deck des Schiffes William Butler Yeats der irischen Marine im Hafen von Augusta (Italien) auf Sizilien am 3. September 2017. / © Alessio Mamo (KNA)
Geflüchtete sitzen an Deck des Schiffes William Butler Yeats der irischen Marine im Hafen von Augusta (Italien) auf Sizilien am 3. September 2017. / © Alessio Mamo ( KNA )

Ein internationales Forschungsteam um Alejandra Rodriguez Sanchez von der Universität Potsdam veröffentlichte am Donnerstag entsprechende Ergebnisse im Journal "Scientific Reports". Die Auswertung entstand im Rahmen eines Projekts am Deutschen Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung.

Die Resultate widersprechen den Angaben zufolge der These, dass Such- und Rettungsaktionen einen sogenannten Pull-Effekt in Sachen Migration hätten, also einen Anreiz für gefährliche Überquerungsversuche schaffen und so womöglich indirekt zu mehr Todesopfern führen.

Umstrittene Pushbacks wirken

Der Abschnitt des Mittelmeers zwischen Nordafrika und Italien ist eine der am häufigsten genutzten irregulären Routen auf dem Seeweg nach Europa. Die Studie betrachtet Veränderungen bei der Zahl versuchter Überfahrten und bekannter Todesfälle zwischen 2011 und 2020.

Laut den Autoren wurde die Zahl der Grenzübertritte auf dem Seeweg nicht nennenswert von staatlich oder privat vorgenommenen Such- und Rettungsaktionen beeinflusst. Bedeutende Faktoren seien indes die Intensität von Konflikten, Rohstoffpreise, Naturkatastrophen, Wetterbedingungen, Währungsschwankungen und der Luftverkehr zwischen Nordafrika, Nahost und der EU.

Die Daten zeigten auch, dass die umstrittene Praxis sogenannter Pushbacks durch die libysche Küstenwache die Zahl der Überquerungsversuche reduziert habe. Das Abfangen und Zurückbringen von Booten nach Libyen sei mit schweren Menschenrechtsverletzungen verbunden. Auch die Menschenrechtssituation in Libyen selbst sei als untragbar dokumentiert worden.

Europaratskommissarin warnt vor weiterer Etablierung von Pushbacks

Die Menschenrechtskommissarin des Europarats hat davor gewarnt, dass sich die illegale Zurückweisung von Schutzsuchenden an den europäischen Außengrenzen zu verfestigen droht. Aktuelle Herausforderungen beschleunigten diesen Trend noch, schrieb Dunja Mijatović in einem veröffentlichten Bericht.

Italienische Küstenwache (dpa)
Italienische Küstenwache / ( dpa )
Quelle:
KNA