Experten fordern Neuregelung des Feiertagsrechts für Juden

Diskussion über Religionsfreiheit für jüdische Feiertagspraxis in NRW geplant

Jüdinnen und Juden müssen aus Sicht von Experten an jüdischen Feiertagen besser ihre Religion ausüben können. Das Berliner Tikvah Institut veröffentlichte Vorschläge für eine Neuregelung des nordrhein-westfälischen Feiertagsrechts.

Reich verzierte Kippa beim Pessachfest / © Harald Oppitz (KNA)
Reich verzierte Kippa beim Pessachfest / © Harald Oppitz ( KNA )

Demnach sollten bekenntniszugehörige Schüler an jüdischen Feiertagen und am Ruhetag Schabbat auch ohne Antrag freibekommen, Studierende Ersatztermine für Prüfungen erhalten und Beschäftigte unbezahlt der Arbeit fernbleiben dürfen, heißt es an diesem Donnerstag.

Zwar schütze die Religionsfreiheit die jüdische Religionsausübung, allerdings richteten sich die Feiertagsgesetze der Länder überwiegend nach einem christlichen Feiertagsverständnis. "Feiertage sind nicht gleich Feiertage", heißt es in dem Papier, das der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) vorab vorlag. "Das Feiertagsverständnis der christlich geprägten Mehrheitsgesellschaft sollte nicht pauschal auf andere religiöse Traditionen übertragen werden."

Schabbat, Schiwa Sitzen und Sonntags geöffnet

Konkret schlagen die Experten vor, das Feiertagsgesetz dahingehend zu präzisieren, dass auch der Schabbat dem jüdischen Feiertagsschutz unterliegt. Der Schabbat ist der Tag der Arbeitsruhe. Er beginnt Freitagabend bei Sonnenuntergang und endet am Samstagabend.

Koschere Lebensmittelläden sollten sonntags öffnen dürfen, weil sie bereits am Schabbat geschlossen sind. Trauerende sollten sieben Tage von Arbeit oder Schule freigestellt werden können. Das entspricht den Tagen, die Angehörige in einem Todesfall traditionell Schiwa Sitzen, also auf niedrigen Stühlen sitzend um einen Verstorbenen trauern.

Kippa - typische jüdische Kopfbedeckung / © ChiccoDodiFC (shutterstock)
Kippa - typische jüdische Kopfbedeckung / © ChiccoDodiFC ( shutterstock )

"Wer immer beteuert, welch Geschenk jüdisches Leben in Deutschland ist, muss hier auch mal etwas für die Rechte von Jüdinnen und Juden tun", sagte die Gesellschafterin des Instituts, Deidre Berger. Die jüdische Religionsausübung auch am Schabbat und an hohen jüdischen Feiertagen sei bislang nur in der Theorie geschützt, erklärte Gesellschafter Volker Beck. Dies solle nun Wirklichkeit werden.

Diskussion über Religionsfreiheit

Für den 30. August kündigte das Institut eine Diskussion über Religionsfreiheit für jüdische Feiertagspraxis in NRW an. An der Veranstaltung in Düsseldorf sollen auch NRWs Antisemitismusbeauftragte Sabine Leutheusser-Schnarrenberger sowie Vertreter der Landtagsfraktionen von CDU, SPD, Grüne und FDP teilnehmen.

Das Berliner Tikvah Institut wurde im Sommer 2020 von Berger und Beck gegründet und setzt sich gegen Antisemitismus ein. Es wird vom Bundesinnenministerium gefördert.

Juden in Deutschland

Jüdisches Leben auf dem Gebiet der Bundesrepublik gibt es seit mehr als 1.700 Jahren. Der älteste schriftliche Nachweis stammt aus dem Jahr 321 aus Köln. Vor der nationalsozialistischen Machtergreifung lebten 1933 auf dem Gebiet des Deutschen Reiches rund 570.000 Juden. In der Folge des Holocaust wurden etwa 180.000 von ihnen ermordet, sehr viele flohen. 1950 gab es nur noch etwa 15.000 Juden in Deutschland. Eine Zukunft jüdischen Lebens im Land der Täter schien unwahrscheinlich und war innerjüdisch umstritten.

Ein jüdischer Mann mit einer Kippa / © Nelson Antoine (shutterstock)
Ein jüdischer Mann mit einer Kippa / © Nelson Antoine ( shutterstock )

 

Quelle:
KNA