Peter Tauber erklärt den Sinn von Krisen

"Froh, dass es die katholische Kirche gibt"

Die Kirche sei mehr als ein Sozialunternehmen. Peter Tauber ist nicht mehr im politischen Berlin aktiv, vertritt aber weiterhin klare Positionen. Eine Rückkehr schließt er nicht aus. Hilfe zu suchen, ist für viele Menschen eine Hürde.

Autor/in:
Paula Konersmann
Peter Tauber: Autor und früherer Generalsekretär der CDU. / © Tobias Koch (KNA)
Peter Tauber: Autor und früherer Generalsekretär der CDU. / © Tobias Koch ( KNA )

Auch Peter Tauber, früherer CDU-Generalsekretär, schildert in seinem Buch "Du musst kein Held sein" (2020) eindrucksvoll, wie schwer es ihm fiel, einst den Notruf zu wählen: "Bin ich plötzlich ein Schwächling", habe er sich gefragt, kurz darauf: "Was das alles nur Einbildung?" Und: "Ich habe eine Aufgabe, die muss erfüllt werden", die Mitarbeiter sollen sich keine Sorgen machen.

Im Nachhinein war es goldrichtig, sich helfen zu lassen - Tauber wurde notoperiert und verbrachte einen Monat im Krankenhaus, davon fast zwei Wochen auf der Intensivstation. Eine Erfahrung, die seine politische Karriere ausgebremst und ihn dennoch vorangebracht hat, wie der 48-Jährige rückblickend sagt. Als nachdenklich galt er immer, aber auch als pointiert. Mit konservativer Haltung zu Themen wie Schwangerschaftsabbruch und Sterbehilfe machte er sich nicht nur Freunde.

Tauber vertritt auch heute klare Positionen

Auch heute, da er die Beratungsagentur vierfichten führt, vertritt Tauber klare Positionen. Er wirbt für Teamplay, aber auch für neue Wege in Politik und Gesellschaft. Mitunter beschleiche ihn der Eindruck, man habe heute zu wenig Mut: "Wenn die Nachkriegsgeneration so verzagt gewesen wäre wie wir heute, dann würden wir noch in den Trümmern sitzen." Dabei gebe es heute ein enormes Maß an Wohlstand, Wissen und gesellschaftlicher Offenheit - das mitunter gering geschätzt werde.

In diesem Zusammenhang sieht Tauber auch die Kirchen gefragt. Er ist überzeugter Protestant; die Koordinaten, die er auf den Unterarm tätowiert hat, sind jene der Marienkirche in seinem Heimatort Gelnhausen. Zugleich scheut er sich nicht vor Sätzen wie: "Ich bin froh, dass es die katholische Kirche gibt."

"Sie sind immer noch eine Kraftquelle für viele, das ist ungebrochen"

Die Botschaften und Geschichten, die alle Christinnen und Christen teilten, seien unverändert richtig, müssten aber neu übersetzt werden: "Denn sie sind immer noch eine Kraftquelle für viele, das ist ungebrochen." Als Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesverteidigungsministerium habe er regelmäßig erlebt, dass Soldatinnen und Soldaten sich im Auslandseinsatz hätten taufen lassen: Gott sei eben auch an Orten, an denen angeblich nichts gut ist.

Er selbst hat diese Übersetzungsleistung mit seinem jüngsten Buch versucht: "Mutmacher - Was uns endlich wieder nach vorne schauen lässt". Im Frühjahr erschienen, sammelt es Geschichten von Menschen, die trotz Rückschlägen nicht aufgegeben haben, erzählt ebenso von einer schwerverletzten Offizierin wie von einem Lesepaten oder von Christoph Lübcke, Sohn des 2019 ermordeten Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke, der sich weiterhin gegen Rechtsextremismus einsetzt. "Wir orientieren uns an anderen", erklärt Tauber. "Insbesondere in Krisenzeiten brauchen wir Menschen, mit denen wir uns auf positive Weise identifizieren können."

Für die Mutmacherinnen und Mutmacher in der eigenen Umgebung sei man jedoch oft blind, fügt der Autor hinzu. "Es gibt Menschen, die ihren Onkel als Vorbild nennen. Aber die meisten suchen nach Persönlichkeiten aus Geschichte und Öffentlichkeit." Er verstehe, dass Krisen wie der Klimawandel oder der Ukraine-Krieg die Einzelnen zu überfordern drohten. "Selbst wenn wir Deutschen ab morgen klimaneutral leben, macht das weltweit kaum etwas aus. Daran kann ich verzweifeln. Oder ich überlege mir, ob ich mit dem Auto oder doch mit
dem Fahrrad zum Bäcker fahre."

Wer sich im Kleinen engagiere, setze der Ohnmacht etwas entgegen

Wer sich im Kleinen engagiere, setze der Ohnmacht etwas entgegen - und das findet Tauber gerade für Christinnen und Christen wichtig. "Ich glaube, Gott will, dass wir Menschen miteinander handeln", sagt er. Es brauche Menschen, "die anpacken und nicht den Kopf in den Sand stecken. In Krisen muss irgendjemand eine Schippe drauflegen" - dies gelinge aber nicht, wenn man ohnehin ständig am Anschlag sei: "Wichtig ist eine gute Selbsteinschätzung."

Apropos Selbsteinschätzung: Eine Rückkehr nach Berlin strebt Tauber nach eigenen Worten nicht an. Politisches Engagement umfasse nicht allein eine Tätigkeit als Abgeordneter, betont er. Er engagiert sich weiterhin für "seine" CDU und auch für die Kirche, ohne die die Gesellschaft "so viel ärmer" wäre. Die Nachfrage nach seiner
persönlichen Zukunft lässt er offen - er habe das Wort "nie" weitgehend aus seinem Wortschatz verbannt. Und wo der liebe Gott ihn hinführt, da wolle er sich überraschen lassen.

Peter Tauber

Peter Tauber, geboren 1974 in Gelnhausen, war von 2013 bis 2018 CDU-Generalsekretär, von 2018 bis 2021 Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesverteidigungsministerium.

Im Frühjahr 2021 zog sich der promovierte Historiker und Protestant in Folge einer schweren Erkrankung zurück; seit einem Jahr führt er die Beratungsagentur Vierfichten. Im Frühjahr erschien sein drittes Buch "Mutmacher: Was uns endlich wieder nach vorne sehen lässt".

Peter Tauber / © Hendrik Schmidt (dpa)
Peter Tauber / © Hendrik Schmidt ( dpa )
Quelle:
KNA