Russische Soldaten beschlagnahmen ukrainische Kapelle

Angebliche Operation gegen Terroristen

Russische Spezialeinheiten haben nach Angaben des römisch-katholischen Bischofs von Odessa eine Kapelle im südukrainischen Skadowsk durchsucht und beschlagnahmt. Die Hafenstadt ist von Moskau annektiert.

Kaputtes Kirchenfenster / © Silvia Aftene (shutterstock)
Kaputtes Kirchenfenster / © Silvia Aftene ( shutterstock )

Die Soldaten hätten am Dienstagabend die Tür aufgebrochen und die Fenster des katholischen Gotteshauses eingeschlagen, heißt es von Ortsbischof Stanislaw Schyrokoradjuk. Das russische Militär sprach demnach von einer "Spezialoperation gegen Terroristen".

Schyrokoradjuk sagte: "Zum Glück waren keine Menschen in der Kapelle, denn sonst wären sie alle als Terroristen gefangen genommen worden." Die russischen Besatzer ließen niemanden in die Kapelle.

Der örtliche Priester steht nach Angaben des Bischofs auf einer Fahndungsliste und werde als "Drogenboss" bezeichnet. Er sei in Sicherheit, weil er nach Polen gegangen sei.

Bitte um Gebet

Schyrokoradjuk verurteilte das Vorgehen gegen Katholiken in den von Russland besetzten ukrainischen Gebieten. Die Repressionen stünden in der Tradition des sowjetischen Geheimdienstes NKWD. "Deshalb bitte ich alle zu beten, dass der liebe Gott die Tage des Teufelswerks und die Tage des Leidens für unser Volk verkürzt."

Zu Schyrokoradjuks Diözese gehören die Krim sowie unter anderen die Regionen Odessa, Cherson und Mykolajiw. Die Kleinstadt Skadowsk liegt etwa 100 Kilometer südlich von Cherson am Schwarzen Meer. Die russische Armee nahm den ukrainischen Ort im März 2022 ein. Ende September 2022 annektierte Moskau die Region.

Das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte warf der Russischen Föderation wiederholt eine Einschränkung der Religionsfreiheit in den von Moskau besetzten ukrainischen Gebieten vor. So seien Gotteshäuser der Baptisten durchsucht, geplündert und geschlossen worden, hieß es in einem Bericht.

Christliche Kirchen in der Ukraine

Die kirchlichen Verhältnisse in der Ukraine sind komplex. Rund 70 Prozent der 45 Millionen Ukrainer bekennen sich zum orthodoxen Christentum. Sie gehören allerdings zwei verschiedenen Kirchen an: der Ukrainisch-Orthodoxen Kirche (UOK) des Moskauer Patriarchats und der autokephalen (eigenständigen) Orthodoxen Kirche der Ukraine (OKU). Zudem gibt es eine römisch-katholische Minderheit mit rund einer Million Mitgliedern sowie die mit Rom verbundene (unierte) griechisch-katholische Kirche der Ukraine.

Das Heilige Feuer aus Jerusalem am 18. April 2020 im Kiewer Höhlenkloster Petscherska Lawra, Hauptsitz der ukrainisch-orthodoxen Kirche Moskauer Patriarchats. / © Sergey Korovayny (KNA)
Das Heilige Feuer aus Jerusalem am 18. April 2020 im Kiewer Höhlenkloster Petscherska Lawra, Hauptsitz der ukrainisch-orthodoxen Kirche Moskauer Patriarchats. / © Sergey Korovayny ( KNA )
Quelle:
KNA