Aktion für mehr Respekt gegenüber jüdischen Feiertagen

Nur in der Theorie geschützt

Kurz vor Beginn wichtiger jüdischer Feiertage hat eine bundesweite Kampagne für eine Neuregelung des Feiertagsrechts begonnen. Die Aktion des Berliner Tikvah-Instituts startete am Mittwochabend in der Jüdischen Gemeinde in Düsseldorf.

Kampagne für Neuregelung von jüdischem Feiertagsrecht gestartet / © Victor Moussa (shutterstock)
Kampagne für Neuregelung von jüdischem Feiertagsrecht gestartet / © Victor Moussa ( shutterstock )

Ziel ist, dass Menschen an jüdischen Feiertagen besser ihre Religion ausüben können. Geplant seien weitere Veranstaltungen zunächst in Hamburg und Stuttgart, sagte der Geschäftsführer des Tikvah-Instituts, Volker Beck, der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Denn in den einzelnen Bundesländern gibt es jeweils eigene Regelungen zu den Feiertagen.

Volker Beck / © Bernd von Jutrczenka (dpa)
Volker Beck / © Bernd von Jutrczenka ( dpa )

Immer wieder wird Kritik daran laut, dass in Deutschland etwa bei Schul- oder Universitätsprüfungen nichtchristliche Feiertage oder der jüdische Ruhetag Schabbat nicht beachtet würden. Religiöse Jüdinnen und Juden fühlen sich an die Arbeitsruhe am Schabbat und an bestimmten Feiertagen gebunden. Sie können wegen eines Schreib- und Fahrverbots zum Beispiel keine Prüfungen ablegen, was sogar zu Verlängerungen von Studienzeiten führen kann.

"In der Theorie sind wir geschützt"

"In der Theorie sind wir geschützt", sagte Lisa Michajlova vom Vorstand der Jüdischen Studierendenunion. In der Praxis sehe es jedoch anders aus, wenn Blockseminare oder regelmäßig Klausuren auf den Schabbat fielen. Prüfungstermine in der Medizin kollidierten jüngst mit Sukkot und Pessach. Michajlova sprach von "ungemütlichen Entscheidungen", die Studierende treffen müssten.

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (dpa)
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger / ( dpa )

Die NRW-Antisemitismusbeauftragte Sabine Leutheusser-Schnarrenberger erinnerte in einem Grußwort daran, dass es grundgesetzlich geregelt sei, dass niemandem wegen seiner Religion ein Nachteil entstehen dürfe. Die Ruhr-Universität Bochum etwa habe sich 2020 verpflichtet, künftig Prüfungstermine so festzulegen, dass sie nicht mit wichtigen Feiertagen einer Religionsgemeinschaft kollidieren. Sollte das ausnahmsweise nicht gehen, müsse ein zeitnaher Ersatztermin gefunden werden.

Die Vizepräsidentin des NRW-Landtages, Berivan Aymaz (Grüne), stellte insgesamt klar: "Es geht nicht um einen Gnadenakt, kein Nice to Have, sondern um ein in unserer Verfassung verbrieftes Grundrecht."

Feiertagsgesetz präzisieren

Vorschläge des Tikvah-Instituts sehen für das nordrhein-westfälische Feiertagsrecht vor, dass bekenntniszugehörige Schülerinnen und Schüler an jüdischen Feiertagen und am Schabbat auch ohne Antrag freibekommen, Studierende Ersatztermine für Prüfungen erhalten und Beschäftigte unbezahlt der Arbeit fernbleiben dürfen.

Zwar schütze die Religionsfreiheit die jüdische Religionsausübung, allerdings richteten sich die Feiertagsgesetze der Länder überwiegend nach einem christlichen Feiertagsverständnis, heißt es in dem Papier. Konkret schlagen die Experten vor, das Feiertagsgesetz dahingehend zu präzisieren, dass auch der Schabbat dem jüdischen Feiertagsschutz unterliegt. Koschere Lebensmittelläden sollten sonntags öffnen dürfen, weil sie bereits am Schabbat geschlossen sind.

Juden in Deutschland

Jüdisches Leben auf dem Gebiet der Bundesrepublik gibt es seit mehr als 1.700 Jahren. Der älteste schriftliche Nachweis stammt aus dem Jahr 321 aus Köln. Vor der nationalsozialistischen Machtergreifung lebten 1933 auf dem Gebiet des Deutschen Reiches rund 570.000 Juden. In der Folge des Holocaust wurden etwa 180.000 von ihnen ermordet, sehr viele flohen. 1950 gab es nur noch etwa 15.000 Juden in Deutschland. Eine Zukunft jüdischen Lebens im Land der Täter schien unwahrscheinlich und war innerjüdisch umstritten.

Ein jüdischer Mann mit einer Kippa / © Nelson Antoine (shutterstock)
Ein jüdischer Mann mit einer Kippa / © Nelson Antoine ( shutterstock )
Quelle:
KNA