DOMRADIO.DE: Viele Kunstwerke im Essener Domschatz und im Essener Dom zeigen Tiere, die in der christlichen Tradition eine wichtige Rolle spielen. Welche stehen denn dabei im Vordergrund?
Rainer Teuber (Leiter der Museumspädagogik und des Besucherservice im Domschatz Essen): Ich war selbst überrascht bei der Vorbereitung. An 13 Orten in der Domkirche und auf 19 Kunstwerken im Essener Domschatz gibt es Tierdarstellungen. Vorneweg natürlich die Symbole für die Evangelisten, den Adler für Johannes, den Stier für Lukas und den Löwen für den Markus.
Aber wir haben auch ein paar Exoten wie beispielsweise einen Siebenschläfer, einen Pelikan, einen Salamander und Pfauen. Also sicherlich auch Tiere, die man vielleicht nicht zuallererst mit der Bibel in Verbindung bringt.
DOMRADIO.DE: Welche außergewöhnlichen Schatzstücke haben Sie denn in Ihrer Sammlung?
Teuber: Der Essener Domschatz ist ohnehin bekannt für die weltweit größte Sammlung ottonischer Goldschmiedekunst. Wir zeigen wunderbare Vortragekreuze aus dem zehnten und elften Jahrhundert, die alle mit Symboliken versehen sind, beispielsweise der Schlange als Symbol für das Böse, bezugnehmend auf die Vertreibung Adams und Evas aus dem Paradies.
Wir haben aber auch die Symboliken für die Evangelisten. Und sicherlich sind die Kreuze einer der Hingucker in der Sammlung schlechthin.
DOMRADIO.DE: Die Ausstellung erklärt also auch, warum die Schlange in der christlichen Kunst oft die Verliererrolle bekommt?
Teuber: Ganz genau. Wir erzählen ein bisschen was zum Lebensraum der Tiere. Wir greifen natürlich auch die biblischen Geschichten auf und fangen dann im Grunde genommen bei Adam und Eva und der Vertreibung aus dem Paradies an und rücken diese ambivalente Funktion der Schlange in den Vordergrund.
DOMRADIO.DE: Von welchen Tieren erzählen Sie persönlich besonders gerne?
Teuber: Ich finde die Biene ganz großartig, weil die einem auch nicht so ganz direkt einfällt. Aber sie spielt auch in der Liturgie unserer katholischen Kirche eine große Rolle, beispielsweise in der Osternacht. Denn die Osterkerze ist aus dem kostbaren Wachs der Biene gefertigt. Da gibt es also in der Osternacht den Lobgesang der Biene.
Die Biene verheißt uns auch das Land, in dem Milch und Honig fließen. Und ich finde, das sind zwei ganz wunderbare Geschichten, die man auch schön gegen die Ambivalenz der Schlange stellen kann.
DOMRADIO.DE: Sie bieten Führungen für Familien an, auch speziell für Kinder. Was ist da das Highlight?
Teuber: Uns liegt es am Herzen, dass wir für Kinder und für Familien barrierefrei zugänglich sind. Barrierefreiheit heißt in dem Sinne auch: ohne das Entrichten eines Eintrittsgeldes. Wir bieten kindgerechte, familiengerechte Führungen zu der Ausstellung "Tierisch gut!" an. Die ist sicherlich aber auch interessant für Schulklassen, für Vorschulkinder, aber auch für Erwachsene. Denn eine ganze Menge von Fragen wird aufgeworfen: Fragen des Artenschutzes, unseres Umgangs mit der Umwelt. Was heißt es: Macht euch die Erde untertan?
Um diese Dinge zu beleuchten, haben wir auch noch besondere Gäste im Domschatz. Das sind aus Hartschaum gefertigte, riesige Tieraufsteller wie beispielsweise ein Mammut, um auf ausgestorbene Tiere hinzuweisen. Auch ein Leopard, der ebenfalls in der Bibel vorkommt.
Ich will jetzt gar nicht verraten wo, aber es ist uns wichtig, auch bedrohte Tierarten in den Blick zu nehmen. Ich glaube, dass gerade in der aktuellen Diskussion um Klima- und Artenschutz sehr viel Potenzial für Kinder, für Familien und für Erwachsene da ist.
DOMRADIO.DE: Kostenlos bekommen die Kinder auch ein dickes, buntes Buch. Da sind auch Tiere drin, die im Biologie-Buch heute nicht mehr vorkommen. Was denn zum Beispiel?
Teuber: Da ist der Leviathan, also ein drachenähnliches Wesen, das eine große Rolle in der Bibel spielt, aber auch in der christlichen Kunst immer wieder auftaucht, enthalten. Dann natürlich das Mammut, sicherlich als ganz prominentes Beispiel.
Dieses Buch zur Ausstellung hat 130 Seiten, ist durchgehend mit den entsprechenden Objektfotos vierfarbig bebildert, aber auch mit sehr liebevollen Tiergrafiken versehen. Aufgrund eines großartigen Sponsors können wir dieses Buch für Familien für Kinder kostenfrei abgeben.
DOMRADIO.DE: Wo ist der Leviathan denn zu finden? Auch auf irgendwelchen Dingen in der Ausstellung?
Teuber: Genau. Er ist auch auf einer ganzen Reihe von Kunstwerken. Er nimmt auch häufig die Rolle des Bösen ein, er ist quasi vergleichbar mit einem feuerspeienden Drachen, der auch in unserer Alltagswelt heute immer wieder auftaucht, zum Beispiel in Kinofilmen. Aber er hat seinen Ursprung auch in der Bibel.
Das Interview führte Dagmar Peters.