Kölner Museum Kolumba zeigt eine neue Jahresausstellung

Sagt ein Bild mehr als tausend Worte?

Das erzbischöfliche Kölner Kunstmuseum Kolumba hat eine neue Jahresausstellung. Unter dem Titel "Wort Schrift Zeichen. Das Alphabet der Kunst" wird tiefgründig über die Bedeutung von Wort und Bild in Kunst und Alltag nachgedacht.

Autor/in:
Birgitt Schippers
Aus der neuen Jahresausstellung: Andy Warhol, Crosses, 1981/82 (Kolumba)
Aus der neuen Jahresausstellung: Andy Warhol, Crosses, 1981/82 / ( Kolumba )

Unglaublich, was eine Reisemaschine, ein Fön oder eine Mausefalle über die Macht der Worte im Alltag erzählen können.

Alphabet der Kunst im Kolumba-Museum (Kolumba)
Alphabet der Kunst im Kolumba-Museum / ( Kolumba )

Im Foyer sind Markenprodukte aus über hundert Jahren alphabetisch nach ihrem Namen inszeniert. Sie zeugen von pfiffigem Marketing ("Turbo" für einen Haartrockner) oder legen den Verdacht nahe, von einer männlichen Sicht auf die Welt ("Stewardess" für ein Reisebügeleisen) inspiriert zu sein. Nichts wurde bei der Namensgebung dem Zufall überlassen, um die Kunden zu umgarnen.

"Im Anfang war das Wort"

Die Wirkmacht von Worten in der Bibel ist sehr viel komplizierter. Das Johannes-Evangelium beginnt mit der Schöpfungsgeschichte und stellt fest: "Am Anfang war das Wort."

Kolumba-Museumsdirektor Dr. Stefan Kraus / © Tomasetti (DR)
Kolumba-Museumsdirektor Dr. Stefan Kraus / © Tomasetti ( DR )

Dieser rätselhafte Satz gab einen entscheidenden Impuls für die diesjährige Jahresausstellung, erklärt Direktor Dr. Stefan Kraus: "Wie sollen wir das verstehen, dass am Anfang das Wort, nicht der Sinn und nicht die Tat gewesen sein soll?".

In der Ausstellung versucht die Weltchronik von Hartmann Schedel aus dem 15. Jahrhundert das wirkmächtige Wort Gottes durch das Symbol der Hand Gottes zu versinnbildlichen. Doch Kolumba zeigt in seinen Werken aus dem vierten Jahrhundert bis in die jüngste Gegenwart, dass Bilder, Zeichen und Symbole ein irritierendes Eigenleben entwickeln können.

Zeichen im Wandel der Zeit

Symbole und Zeichen sind dem Wandel der Zeit unterworfen und können umgedeutet werden. Zwei ägyptische Zierfelder aus dem vierten Jahrhundert zeigen ein Kreuz mit vier abgewinkelten Armen – ein Hakenkreuz als uraltes Symbol für Glück und Erneuerung. Im Nationalsozialismus wurde es umgedeutet zum Symbol von Rassismus und Massenmord. Das isolierte "Z" im Werk von Dorothee von Winheim aus dem Jahr 1974 gehörte zu einer Mauerzeichnung. Heute erinnert heute fatal an das russische Siegessymbol im Krieg gegen die Ukraine.

Bis heute übt das Kreuzzeichen große Faszination auf Kunstschaffende aus und wurde immer wieder neu belebt. Die modernen Kreuz-Bilder von Andy Warhol konkurrieren in Kolumba mit dem mittelalterlichen Vortragekreuz aus dem Kirchenschatz von St. Kolumba oder dem Elfenbeinkruzifix.

Alphabet der Kunst im Kolumba-Museum (Kolumba)
Alphabet der Kunst im Kolumba-Museum / ( Kolumba )

Unter den Schwarz-Weiß-Zeichnungen von Monika Bartholomé findet sich auch die zarte, Bumerang ähnliche Darstellung des Kreuzes. Sie wurde von der Deutschen Bischofskonferenz für den Umschlag des Gotteslobes ausgewählt. Stefan Kreuz sieht in diesen Beispielen ein Hinweis darauf, "dass das Kreuzzeichen von uns immer wieder erneuert und mit Inhalt gefüllt werden muss."

Medientheoretisch interessant ist für Kuratorin Ulrike Surmann die Hostie, die in den wertvollen Monstranzen eingefasst ist. "Sie ist ein Zeichen und gleichzeitig identisch mit dem Zeichen. Und wenn wie im Mittelalter auf ihr ein Bild eingeprägt ist, wird sie auch noch zum Bildträger." Für säkulare Menschen ist sie nur eine dünne Brotscheibe, für die Katholiken wird das konsekrierte ("geweihte") Brot der Leib Christi.

Zeichenwelten voller Fragezeichen

Eine Reihe der ausgestellten Kunstwerke spielt mit Worten, Zeichen und Bildern. Der zeitgenössische Künstler Dieter Krieg zum Beispiel verbindet in seinen Papierzeichnungen Bildmotive mit verkürzten, fehlerhaften Worten, die irritieren ("Jesus kocht", "Onkl" oder "alte Angs, wie alt?").

Das auf dem Boden liegende rosa ovale Objekt von Thomas Rentmeister hat keinen Namen. Und selbst das Kolumba-Kuratorenteam kann sich keinen Reim darauf machen. "Die Kunst hat ihre eigene Wirklichkeit. Man scheitert mit jedem Versuch, sie zu benennen", erklärt uns Stefan Kraus. Auf einem weißen Vorhangstoff über diesem rätselhaften Ding lesen wir das Wort "Certain" (frz. "sicher"). Bethan Huws hat es geschaffen. Auf humorvolle Weise führt uns die Ausstellung durch diese Gegenüberstellung vor Augen – es gibt keine Sicherheit in der Deutung von Kunst. Es gibt aber den Betrachtenden gleichzeitig die Chance, in aller Freiheit einen persönlichen Zugang zu den Werken zu finden.

Künstlerinnen im Fokus

Ganz im Trend der Zeit wird in der diesjährigen Jahresausstellung ein besonderes Augenmerk auf Künstlerinnen gelegt, die ihre eigenen Zeichenwelten geschaffen haben.

Neben Monika Bartholomé sind es zum Beispiel Leiko Ikemuro, Anna Blume, Birgit Antoni oder Rune Mields. Eine Entdeckung ist die Kölner Avant-Garde-Künstlerin Marta Hegemann. Viele ihrer Werke sind verschollen, da sie unter den Nationalsozialisten als entartet galten.

"Blindenstab" nennt Rebecca Horn ihre fragile Apparatur. Tastend sucht ein Blindenstab immer wieder neu Kontakt zum schwarzen Boden. Das klackende Geräusch zieht durch die Ausstellungsräume. Viel Raum bietet die neue Jahresausstellung den Besucherinnen und Besuchern sich an die Werke heranzutasten und für sich herauszufinden, wie Worte, (bewegte) Bilder und Zeichen auf sie wirken.

Information der Redaktion: Die neue Jahresausstellung im erzbischöflichen Kunstmuseum Kolumba "Wort Schrift Zeichen. Das Alphabet der Kunst" geht vom 15. September 2023 bis zum 14. August 2024.

Kunstmuseum Kolumba

Kolumba ist das Kunstmuseum des Erzbistums Köln, das 1853 als Diözesanmuseum Köln gegründet wurde. Zweitausend Jahre abendländischer Kultur sind in einem Haus zu erleben. In der Kunst mit Werken der Spätantike bis zur Gegenwart.

Kolumba, Kunstmuseum des Erzbistums Köln / © Julia Steinbrecht (KNA)
Kolumba, Kunstmuseum des Erzbistums Köln / © Julia Steinbrecht ( KNA )
Quelle:
DR