DOMRADIO.DE: "Gottes starke Töchter. Frauen und das Amt im Katholizismus", heißt der Titel der Hybrid-Konferenz in Leipzig. Ist zum Thema nicht längst alles gesagt? Bloß die Amtskirche bewegt sich nicht?
Ulrike Göken-Huismann (Geistliche Leiterin des kfd-Bundesverbandes): Ja, auf der einen Seite ist ganz vieles gesagt, aber es ist trotzdem wichtig, dass wir uns gegenseitig auch international auf den aktuellen Stand bringen. Es ist auch wichtig, dass sich die Frauen solidarisieren, vernetzen und Pläne schmieden, wie wir weiter vorangehen wollen. Das ist am Rande einer Tagung sehr wichtig.
DOMRADIO.DE: "Das interessiert nur euch in Europa, speziell in Deutschland. Die katholische Kirche ist aber eine Weltkirche." Das ist das viel zitierte Argument gegen die Ordination von Frauen in der katholischen Kirche. Ist da etwas dran?
Göken-Huismann: Da ist gar nichts dran. Wer hier in Leipzig oder digital dabei ist, erlebt Frauen und auch wenige Männer aus der ganzen Welt, wie aus Afrika, Australien, Indien, von den Philippinen oder aus Lateinamerika, die davon erzählen, wie es auch in ihren Ländern Thema ist.
Die Teilnehmer erzählen, dass es so nicht mehr weitergeht und dass katholische Frauen und Männer auf der ganzen Welt Veränderungen erwarten. Sie erwarten Gleichberechtigung und Geschlechtergerechtigkeit in ihrer Kirche.
Heute Morgen haben wir zwei Frauen gehört, eine aus Südafrika und eine aus Uganda, gehört. Es hat mich bewegt, wie persönlich überzeugend sie die Forderung nach Geschlechtergerechtigkeit rübergebracht haben. Natürlich gibt es Abstufungen. In Osteuropa zum Beispiel ist die Situation eine andere. Aber es ist in der ganzen katholischen Welt ein Thema.
DOMRADIO.DE: Im Oktober steht die Weltsynode an. Welche Hoffnung haben Sie, dass im Vatikan etwas bezüglich der Frauenfrage in Bewegung kommen könnte?
Göken-Huismann: Diese Konferenz in Leipzig trifft sich genau deswegen zum jetzigen Zeitpunkt. Hier sind auch Frauen dabei, die Gott sei Dank Stimmrecht bei der Synode haben oder als Beraterin dabei sind. Für sie ist das hier eine Chance, sich zu vernetzen und Strategien zu überlegen.
Das "Instrumentum laboris" überzeugt uns in Sachen Frauenfrage überhaupt nicht. Das Stichwort Ordination ist nicht genannt. Das Thema Diakonat ist mit Vorsicht genannt.
Für uns als katholische Frauengemeinschaft ist es äußerst schwierig, dass dort von "Neue Ämter für Frauen" die Rede ist. Es geht nicht um neue Ämter, es geht um die bestehenden Ämter, die uns zustehen.
DOMRADIO.DE: Angenommen die Weltsynode bringt keine greifbaren Fortschritte und in absehbarer Zeit tut sich gar nichts. Was würde das für die Frauen, aber auch für die Kirche bedeuten?
Göken-Huismann: Es würde bedeuten, dass die strukturelle Sünde am Leib Christi fortgesetzt würde. Da frage ich mich, wie Männer das weiter verantworten können. Es ist wirklich eine Sünde am Volk Gottes, dass Frauen nicht zu allen Ämtern zugelassen werden. Und das möchte ich den Kirchenverantwortlichen auch deutlich sagen: "Könnt ihr das weiter verantworten?"
Zum Anderen werden sich die Frauen noch mehr die Nischen suchen. Für viele ist zum Beispiel die katholische Frauengemeinschaft Deutschlands mit ihren unterschiedlichen Gruppen der Ort, wo Frauen noch Kirche erleben.
Sie werden sich weiter abwenden. Viele werden endgültig austreten. Die Ungeduld unter den Frauen ist zu groß, als dass es sich die Kirche leisten könnte, wieder nur zu reden. Diese "Lippenbekenntnisse" haben wir satt. Die haben wir in den letzten Jahrzehnten so viel gehört. Aus den "Lippenbekenntnissen" müssen Taten werden.
DOMRADIO.DE: Woher nehmen Sie und die anderen Frauen, die sich einbringen, die Kraft, Hoffnung und Energie, gegen diese Widerstände weiter für Weiheämter und für volle Geschlechtergerechtigkeit zu kämpfen?
Göken-Huismann: Mich tragen die Frauen in meinem Verband, die mir versichern, dass sie hinter mir stehen und den Rücken stärken. Ich fühle mich nicht alleine dabei. Und ich habe einen inneren Impuls, dass ich dafür kämpfen muss, solange es geht.
Das Interview führte Hilde Regeniter.