Papst sieht im Mittelmeer ein Grab der Menschenwürde

"Befinden uns an einem Scheideweg der Zivilisation"

Papst Franziskus hat das Sterben von Migranten im Mittelmeer scharf verurteilt. Der Papst fordert Geschwisterlichkeit statt blutiger Gleichgültigkeit. Er beschwört zudem die Gastfreundschaft als Tradition abrahamitischer Religionen.

Papst Franziskus spricht beim Gedenken mit anderen religiösen Führer am Denkmal für die im Mittelmeer gestorbenen Seeleute und Migranten am 22. September 2023 im französischen Marseille / © Lola Gomez/CNS photo/KNA (KNA)
Papst Franziskus spricht beim Gedenken mit anderen religiösen Führer am Denkmal für die im Mittelmeer gestorbenen Seeleute und Migranten am 22. September 2023 im französischen Marseille / © Lola Gomez/CNS photo/KNA ( KNA )

"Wir befinden uns an einem Scheideweg der Zivilisation", sagte der Papst am Freitag während seines Besuchs in der französischen Hafenstadt Marseille.

Auf der einen Seite verlaufe der Weg der Geschwisterlichkeit; auf der anderen eine Gleichgültigkeit, die das Mittelmeer mit Blut beflecke.

Elisabeth Borne, Premierministerin von Frankreich, empfängt Papst Franziskus auf dem internationalen Flughafen von Marseille / © Lola Gomez/CNS photo (KNA)
Elisabeth Borne, Premierministerin von Frankreich, empfängt Papst Franziskus auf dem internationalen Flughafen von Marseille / © Lola Gomez/CNS photo ( KNA )

"Gewöhnen wir uns nicht daran, Schiffbrüche als Schlagzeilen und die Toten auf See als bloße Zahl zu betrachten", warnte der Papst.

Papst Franziskus bezeichnet Mittelmeer als Grab der Menschenwürde

Das Mittelmeer sei zu einem riesigen Friedhof geworden, wo viele Menschen selbst des Rechtes auf ein Grab beraubt würden.

"Nur die Menschenwürde wird hier begraben", sagte Franziskus. Die Migranten flöhen vor Konflikten, Armut und Umweltkatastrophen.

In den Wellen des Mittelmeers werde ihre Suche nach einer besseren Zukunft endgültig abgelehnt. Das Kirchenoberhaupt rief zu Taten auf.

Gastfreundschaft als Wurzel von Judentum, Islam und Christentum

Menschenhandel, Folter, Schiffbrüche und ein "Fanatismus der Gleichgültigkeit" dürften nicht länger akzeptiert werden, sagte der Papst und forderte: "Menschen, die zu ertrinken drohen, wenn sie auf den Wellen ausgesetzt werden, müssen gerettet werden. Das ist eine Pflicht der Menschlichkeit, eine Pflicht der Zivilisation."

Überfülltes Flüchtlingsboot auf dem Mittelmeer / © Francesco Pistilli/Emergency.it (KNA)
Überfülltes Flüchtlingsboot auf dem Mittelmeer / © Francesco Pistilli/Emergency.it ( KNA )

Der Papst äußerte sich im Rahmen eines Gedenkens für Ertrunkene im Mittelmeer, an dem auch Vertreter anderer Religionen und christlicher Kirchen teilnahmen.

"Gastfreundschaft ist eine Wurzel von Judentum, Islam und Christentum", sagte Franziskus. Glaubende müssten sich daher beispielhaft gegenseitig annehmen.

Kreuz, Anker und Herz als Symbole für Glaube, Hoffnung und Nächstenliebe

Die religiösen Führer kamen an einer Gedenk-Stele nahe der Basilika Notre-Dame de la Garde zusammen. Das Denkmal zeigt ein Kreuz, einen Anker und ein Herz; die Symbole stehen für Glaube, Hoffnung und Nächstenliebe.

Am Samstag hält Franziskus eine Rede zum Abschluss des "Mittelmeer-Treffens" (Rencontres Mediterraneennes) und feiert einen Gottesdienst im Stadion des Fußballvereins Olympique Marseille.

Während des zweitägigen Aufenthalts in der Hafenstadt, der kein offizieller Staatsbesuch ist, wird er zudem Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron begegnen.

Lampedusa-Besuch von Papst Franziskus

Vor fast genau zehn Jahren besuchte Papst Franziskus die italienische Insel Lampedusa und erinnerte an die zahlreichen ertrunkenen Flüchtlinge im Mittelmeer. Erst wenige Monate war der Argentinier damals im Amt, als er am Südzipfel Europas die "Globalisierung der Gleichgültigkeit" geißelte. "Wir haben uns an das Leiden des anderen gewöhnt, es betrifft uns nicht, es interessiert uns nicht, es ist nicht unsere Sache", kritisierte Franziskus.

Papst Franziskus hält die Predigt während einer heiligen Messe am 8. Juli 2013 auf Lampedusa in Italien / © Vatican Media (KNA)
Papst Franziskus hält die Predigt während einer heiligen Messe am 8. Juli 2013 auf Lampedusa in Italien / © Vatican Media ( KNA )
Quelle:
KNA