Das sagte der einstige Privatsekretär von Papst Benedikt XVI. dem Magazin "Grandios" in Regensburg.
Sein Vater sei davon ausgegangen, dass er das Schmiedehandwerk lerne und dann den Familienbetrieb weiterführe. Die Schmiede habe schließlich sein Bruder übernommen. Gänswein stammt aus dem Südschwarzwald.
Berufung nicht wie ein Blitz eingeschlagen
"Mein Vater hat gesagt: 'Ich zwinge dich nicht.' Dafür bin ich dankbar", erzählte Gänswein. "Wer Zwang ausübt auf eine Lebensentscheidung, macht sich schuldig." Er sei dann weiter auf die Schule gegangen und habe noch ein Jahr vor dem Abitur keine großen Gedanken ans Priestertum gehabt.
Durch die Lektüre des Buches "Einführung in das Christentum" des damals noch jungen Theologieprofessors Joseph Ratzinger sei in ihm "etwas in Bewegung geraten". Er sei ins Freiburger Priesterseminar eingetreten, wo er heute wieder wohnt.
"Meine Berufung hat mich nicht getroffen wie ein Blitz", fügte Gänswein hinzu. Die Entscheidung sei über mehrere Jahre gereift. Dass Ratzinger als Chef der Glaubensbehörde im Vatikan ihn später zu seinem Privatsekretär machte und ihn auch als Papst Benedikt XVI. weiter an seiner Seite haben wollte, "war in den kühnsten Träumen nicht planbar", so der Erzbischof. "Ich habe es als Fügung angesehen."
Kein offizieller Auftrag bislang
Nach Benedikts Tod am 31. Dezember 2022 wurde Gänswein von Papst Franziskus in sein deutsches Heimatbistum zurückgeschickt. Einen offiziellen Auftrag nimmt der Erzbischof derzeit nicht wahr.
"Die Erfahrung eines guten Vaters" sei eine wichtige Grunderfahrung seines Lebens gewesen, die er nicht missen wolle, sagte Gänswein.
"Ich bin daher sehr dankbar, dass ich einen Vater hatte, dem ich vertrauen durfte, der mir aber im Laufe des Erwachsenwerdens, vor allem in der Pubertät, auch Grenzen aufzeigte, die zu achten und zu respektieren sind." Dies habe auch sein Gottesbild geprägt.
Die neue Ausgabe von "Grandios" widmet sich dem Thema "Liebe" und ist ab 30. September im Handel. Der Titel startete 2017 als kostenlose Verteilzeitschrift des Bistums Regensburg und wurde später von der Diözese aus finanziellen Gründen aufgegeben. Seit 2021 wird "Grandios" auf privatwirtschaftlicher Basis fortgeführt. Es erscheint halbjährlich. Zuletzt wurden nach Auskunft des Chefredakteurs Tobias Liminski 4.000 Hefte verkauft.