Sechsmal stand das Thema Abtreibung im vergangenen Jahr zur Abstimmung in US-Bundesstaaten. Und egal, wie herum die Frage der Referenden formuliert war: Jedesmal verloren die Befürworter strikter Beschränkungen. Nicht einmal in konservativen Staaten wie Kansas, Kentucky oder Montana kamen sie überhaupt nur in die Nähe einer Mehrheit.
Bundesstaaten regeln
In diesem Jahr setzt sich die Negativserie fort. Zwar nicht bei Referenden, aber bei Wahlen für Richterposten und bei Nachwahlen. Die US-Demokraten verwandelten diese mit Erfolg zu Stellvertreterentscheiden über straffreien Zugang zu Abtreibung – der in republikanischen Staaten massiv beschränkt worden ist. Mangels eines nationalen Gesetzes fiel den Bundesstaaten mit dem Ende von "Roe v. Wade" die Regelung von Schwangerschaftsabbrüchen automatisch wieder zu.
In dem alten Industriestaat Ohio unterzeichnete Gouverneur Mike DeWine bereits vor der Supreme-Court-Entscheidung eine Sechswochen-Fristenregelung, die wegen gerichtlicher Anfechtungen bis heute nicht in Kraft ist. Das kann sich ändern, sobald das Oberste Gericht des Bundesstaates den Fall "Preterm-Cleveland v. David Yosbis" entschieden hat. Ende September hörten die Richter die Argumente der Parteien. Ein Urteil wird in Kürze erwartet.
Referendum im November
Die Befürworter von straffreiem Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen wollen mit einem Referendum im November über einen Verfassungszusatz dafür sorgen, dass Frauen unabhängig von dem Richterspruch bis zur Lebensfähigkeit des Fötus außerhalb des Mutterleibs zwischen der 22. und 24. Woche abtreiben dürfen.
Die Abtreibungsgegner messen der Abstimmung mit Blick auf 2024, wenn der US-Präsident und der Kongress neu gewählt werden, höchste Bedeutung zu. "Ohio ist der Vorbote einer Reihe anstehender Entscheidungen", sagt die Präsidentin des March for Life, Jeanne Mancini, deren Organisation massiv mobilisiert. "Deshalb fokussieren wir auf Ohio. Der Staat kann den Maßstab setzen."
Überzeugungsarbeit nötig
Mancini und andere Abtreibungsgegner zeigen sich optimistisch, dass ihre Chancen dort besser stehen als bei den Referenden in anderen Staaten. Während 2022 gleich sechs Abstimmungen anstanden, können die Lebensschützer ihre Ressourcen diesmal auf ein einzelnes Referendum konzentrieren. Außerdem haben sie einen populären Gouverneur und einen Secretary of State an ihrer Seite. Letzterer, Frank LaRose, ist als Nummer drei der politischen Hierarchie in US-Bundesstaaten für die Durchführung des Referendums zuständig.
Die Befürworter des Verfassungszusatzes für eine Fristverlängerung bis zur 24. Woche geben sich gelassen. "Wir werden uns im November durchsetzen", erklärte Sri Thakkilapati vom Abtreibungsanbieter Preterm, der den Bundesstaat vor dem Obersten Gericht verklagt hatte. In einer Erhebung vom Sommer unterstützten 60 Prozent der Wähler den Verfassungszusatz. Die Abtreibungsgegner müssen also noch eine Menge Überzeugungsarbeit leisten, damit sie nicht zum siebten Mal in Folge scheitern.