Christen in Taibeh fürchten um Sicherheit durch Angriff

"Wir befürchten eine schwierige Nacht"

Nach blutigen Zusammenstößen zwischen Palästinensern und radikalen israelischen Siedlern am Donnerstag fürchtet die palästinensische christliche Gemeinde Taibeh im besetzten Westjordanland weitere Siedlergewalt.

Autor/in:
Andrea Krogmann
Blick auf eine dünn besiedelte Landschaft am 26. Oktober 2023, im Vordergrund ein illegaler Außenposten israelischer Siedler, im Hintergrund die israelische Siedlung Rimonim im Westjordanland, bei Taibeh (Palästinensische Gebiete) / © Andrea Krogmann (KNA)
Blick auf eine dünn besiedelte Landschaft am 26. Oktober 2023, im Vordergrund ein illegaler Außenposten israelischer Siedler, im Hintergrund die israelische Siedlung Rimonim im Westjordanland, bei Taibeh (Palästinensische Gebiete) / © Andrea Krogmann ( KNA )

"Wir befürchten eine schwierige Nacht", sagte der lateinische Pfarrer von Taibeh, Baschar Fawadleh, der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Die Ortsgemeinschaft habe eine Nachtwache aus 70 Männern eingerichtet, um die rund 1.300 Einwohner vor möglichen Angriffen zu schützen.

Israelische Siedler griffen Palästinenser an 

Nach Aussage des Pfarrers griffen mehrere radikale israelische Siedler Palästinenser an, die vor der Stadt Oliven ernteten. Bei dem Angriff erlitten zwei Mitglieder seiner Gemeinde Knochenbrüche und wurden im Krankenhaus behandelt. Auch zwei Beduinen aus dem Gebiet wurden laut Fawadleh verletzt und ein Schulbus der christlichen Schulen bei einem Angriff innerhalb des Ortes beschädigt. Die griechisch-orthodoxe und die lateinische Gemeinde hätten sich aufgrund der angespannten Lage entschieden, die Schulen zu schließen und die Kinder nach Hause zu schicken.

Bei den Zusammenstößen wurden laut dem Pfarrer auch zwei Siedler verletzt, einer von ihnen laut israelischen Medienberichten schwer.

Mögliche Vergeltungsakte auf drei Kirchen Taibehs 

Man befürchte daher in der Nacht Vergeltungsakte, möglicherweise auch auf die drei Kirchen Taibehs. Fawadleh erklärte, er werde zusammen mit rund 70 Männern von zehn Uhr abends bis sechs Uhr morgens eine Nachtwache übernehmen. "Wir müssen unsere Häuser schützen und die Siedler am Betreten Taibehs hindern." Eine Evakuierung des Ortes schließt der katholische Geistliche aus, aus Angst vor einer dauerhaften Vertreibung.

Für den Abend sei zudem ein Treffen der Bewohner geplant, um über weitere Schritte zu beraten. "Ich habe mich auch an unseren Patriarchen Kardinal Pierbattista Pizzaballa gewandt, damit er die politischen Führer über unsere Lage informiert", so der Pfarrer. Ein Schutz durch die israelische Polizei oder Armee sei nicht zu erwarten, da diese sich üblicherweise auf der Seite der Siedler positioniere. "Wenn sie ihre Uniform anziehen, sind sie Polizisten und Soldaten, wenn sie sie ablegen, sind sie Siedler mit der gleichen Ideologie", so der Priester.

Beduinengemeinden haben Siedlungen verlassen

Taibeh und die umliegenden Beduinengemeinden seien in den vergangenen Wochen seit Beginn des Kriegs zwischen der radikalislamischen Hamas und Israel wiederholt Ziel von Siedlergewalt geworden, so Fawadleh.

Diverse Beduinengemeinden haben demnach ihre Siedlungen aus Angst verlassen. Rund 100 davon haben auf dem Land der Gemeinde Taibeh Schutz gesucht. Laut israelischen Medienberichten waren die Umstände der Zusammenstöße zunächst unklar.

Israelische Aktivisten, die sich für den Schutz von Beduinengemeinden in dem Gebiet einsetzen und Siedleraktivitäten dokumentieren, verzeichneten seit Monaten wachsende Siedlergewalt, die seit Kriegsbeginn am 7. Oktober zusätzlich zugenommen habe. Auch die Zahl der illegalen Außenposten radikaler Siedler habe zugenommen. Hunderte Beduinen verschiedener Gemeinden im Wadi al-Sik östlich von Ramallah, im Jordangraben sowie weiterer Gebiete hätten ihre Siedlungen inzwischen verlassen, um sich in palästinensischen Orten im Umland in Sicherheit zu bringen.

 

Quelle:
KNA