Religionssoziologe sieht Vertrauen in Kirche auf Tiefstand

"Kirchen sind die Hände gebunden"

Das Vertrauen in die Kirche ist nach den Worten des Religionssoziologen Detlef Pollack auf einem Tiefstand. Aber die Kirchen könnten gar nicht so viel tun, um dieses Vertrauen wiederzugewinnen. Sie könne nur punktuell dagegen wirken.

Autor/in:
Franziska Hein
Symbolbild Hoffnung, Vertrauen, Kreuz in der Hand / © PUWADON SANG (shutterstock)
Symbolbild Hoffnung, Vertrauen, Kreuz in der Hand / © PUWADON SANG ( shutterstock )

Jeder Versuch, das eigene Image aufzubessern, werde in der Öffentlichkeit sofort als eine Form der Selbstrechtfertigung wahrgenommen, sagte der Professor am Institut für Soziologie an der Universität Münster dem Evangelischen Pressedienst. "Da scheinen den Kirchen die Hände gebunden zu sein."

Religionssoziologe Detlef Pollack (WWU – MünsterVIEW)

Das heiße allerdings nicht, dass die Kirchen völlig ohnmächtig seien. "Sie können Seelsorge betreiben, sie können sozial-diakonische Aufgaben erfüllen, gute Jugendarbeit und Religionsunterricht anbieten."

"Kontakt zur Kirche abgerissen"

Damit erhöhten sich die Chancen, dass die Menschen spüren, sie können den kirchlichen Mitarbeitern vertrauen, sagte Pollack. Die Einflussmöglichkeiten sind aus seiner Sicht gleichwohl begrenzt, weil viele Menschen die kirchlichen Angebote gar nicht mehr kennen.

Knapp 47 Prozent der Deutschen sind Kirchenmitglieder. Aber nur ganz wenige darunter gingen in die Kirche und wüssten, was in der Kirche ablaufe. "Die allermeisten haben Vorurteile über die Kirche, die nicht korrigiert werden können, weil der Kontakt zur Kirche abgerissen ist - bei der Mehrheit der Bevölkerung und auch bei der Mehrheit der Kirchenmitglieder", sagte Pollack.

Erst Kontakt, dann Frohe Botschaft

Die Kirche müsse alles tun, um die Kontaktflächen zur Gesellschaft zu erweitern. "Das dürfte kaum gelingen, wenn sie mit der christlichen Botschaft unmittelbar einsetzt", betonte er. Sie müsse zunächst nach den Problemen der Menschen fragen.

Sei man erst einmal mit den Menschen in Kontakt, ließen sich dann im Dialog auch Inhalte des Evangeliums vermitteln. "Aber wenn man sehr direkt mit der christlichen Botschaft kommt, ist die Gefahr groß, dass Menschen auf Distanz gehen."

Hintergrund: Abwärtstrend der Kirchenmitglieder in Deutschland

Experten haben hochgerechnet, dass zur Zeit weniger als die Hälfte der deutschen Bevölkerung Mitglied in der evangelischen und katholischen Kirche in Deutschland ist. "Es ist eine historische Zäsur, da es im Ganzen gesehen, seit Jahrhunderten das erste Mal in Deutschland nicht mehr "normal" ist, Kirchenmitglied zu sein", sagt Sozialwissenschaftler Carsten Frerk von der Forschungsgruppe Weltanschauungen in Deutschland (Fowid).

Kirchenaustritte (Symbolbild) / © Wolfgang Radtke (KNA)
Kirchenaustritte (Symbolbild) / © Wolfgang Radtke ( KNA )
Quelle:
epd