Streit um Rückgabe von katholischer Kathedrale in Kiew

Seit 32 Jahren um Rückgabe bemüht

Mit einer Kundgebung und einer Petition hat die römisch-katholische Kirche in Kiew auf die Rückgabe der St.-Nikolaus-Kathedrale durch den ukrainischen Staat gepocht. Angeführt wurde die Aktion vom Geistlichen Pater Pawlo Wyschkowsk.

Die Kathedrale St. Nikolaus in Kiew im Jahr 2019 / © Anton Marynenko (shutterstock)
Die Kathedrale St. Nikolaus in Kiew im Jahr 2019 / © Anton Marynenko ( shutterstock )

So versammelten sich am Montag Dutzende Mitglieder der Pfarrei Sankt Nikolaus vor dem Kulturministerium in der ukrainischen Hauptstadt, wie örtliche Medien (Dienstag) berichteten.

Der Ordensmann kritisierte demnach, dass die Regierung die von ihr versprochene Übergabe der Kathedrale an die Katholiken verzögere und das bedeutende neugotische Gotteshaus verfallen lasse.

Pfarreimitglieder legten demonstrativ zwölf Steine vor dem Eingang des Ministeriums ab, die sich aus dem Sakralbau gelöst hätten und auf den Boden gefallen seien.

"Die Kirche steht bereits am Rande der Zerstörung", sagte Wyschkowski laut dem katholischen Internetportal rkc.org.ua. Etwa 7.700 Menschen unterschrieben seit Ende Oktober eine Online-Petition an die Regierung für die umgehende Rückgabe der Kathedrale.

Rückübertragung spätestens am 1. Juni 2022

Die Katholiken dürfen zwar in dem von 1899 bis 1909 errichteten Sakralbau seit mehr als 30 Jahren wieder Gottesdienste feiern. Aber das Kulturministerium setzte eine Vereinbarung vom November 2021 nicht um, wonach die Kathedrale spätestens am 1. Juni 2022 rückübertragen werden sollte.

Der seit Sommer amtierende Kulturminister Rostyslaw Karandejew versicherte Pater Wyschkowski nun in einem Gespräch, dass er für eine kostenlose Verpachtung des Gotteshauses an die Katholiken sei. Dafür müsse aber das Parlament erst noch ein Gesetz über die Verpachtung von Staatseigentum verabschieden, teilte das Ministerium weiter mit.

Zweitältestes katholisches Kirchengebäude in Kiew

Die Kathedrale in Kiews Zentrum hat zwei 62 Meter hohe Spitzbogentürme und ist nach der Alexanderkirche das zweitälteste katholische Kirchengebäude der Hauptstadt. Bereits in den 30er Jahren wurde die Kirche vom kommunistischen Regime geschlossen und als Lager benutzt, ehe sie im Zweiten Weltkrieg stark beschädigt wurde.

In der Nachkriegszeit wurde sie teils renoviert und beherbergte das Archiv der Region Kiew. Seit 1980 ist darin das Haus der Orgel- und Kammermusik untergebracht, das das abermals umgebaute Kirchengebäude auch als Konzertsaal nutzt.

Staat beanspruchte das Gebäude

Seit 32 Jahren bemüht sich die Kirche um eine Rückgabe. Der Staat beanspruchte das Gebäude mit der eigens hierfür eingebauten Orgel aber weiter als nationales Konzerthaus.

Das große Instrument wurde allerdings bei einem Brand Anfang September 2021 zerstört, wobei auch Teile des Gebäudeinneren Schaden nahmen. Als Brandursache gilt ein technischer Defekt an der Orgel.

Die katholische Kirche hat bereits Geld für die Restaurierung der Kathedrale gesammelt. Die Hauptkathedrale des Bistums steht in der Großstadt Schytomyr.

Christliche Kirchen in der Ukraine

Die kirchlichen Verhältnisse in der Ukraine sind komplex. Rund 70 Prozent der 45 Millionen Ukrainer bekennen sich zum orthodoxen Christentum. Sie gehören allerdings zwei verschiedenen Kirchen an: der Ukrainisch-Orthodoxen Kirche (UOK) des Moskauer Patriarchats und der autokephalen (eigenständigen) Orthodoxen Kirche der Ukraine (OKU). Zudem gibt es eine römisch-katholische Minderheit mit rund einer Million Mitgliedern sowie die mit Rom verbundene (unierte) griechisch-katholische Kirche der Ukraine.

Das Heilige Feuer aus Jerusalem am 18. April 2020 im Kiewer Höhlenkloster Petscherska Lawra, Hauptsitz der ukrainisch-orthodoxen Kirche Moskauer Patriarchats. / © Sergey Korovayny (KNA)
Das Heilige Feuer aus Jerusalem am 18. April 2020 im Kiewer Höhlenkloster Petscherska Lawra, Hauptsitz der ukrainisch-orthodoxen Kirche Moskauer Patriarchats. / © Sergey Korovayny ( KNA )

 

Quelle:
KNA