Ukraine plant offenbar Anklage gegen Moskauer Patriarchen

Mehrerer Straftaten beschuldigt

Kiew will offenbar den russisch-orthodoxen Patriarchen Kyrill I. wegen Verbrechen gegen die Ukraine zur Rechenschaft ziehen. Geheimdienst und Generalstaatsanwaltschaft hätten zahlreiche Beweise für ein Strafverfahren gesammelt.

Kyrill I., Patriarch der russisch-orthodoxen Kirche / © Oleg Varov (dpa)
Kyrill I., Patriarch der russisch-orthodoxen Kirche / © Oleg Varov ( dpa )

Laut dem Ukrainischen Geheimdienst SBU (Samstag) wurde das Moskauer Kirchenoberhaupt offiziell darüber informiert, dass es mehrerer Straftaten beschuldigt werde. Unter anderem werfe man Kyrill I. vor, der obersten militärischen und politischen Führung Russlands anzugehören und als einer der Ersten den Feldzug gegen die Ukraine öffentlich unterstützt zu haben.

Geheimdienst und Generalstaatsanwaltschaft haben den Angaben zufolge zahlreiche Beweise für ein Strafverfahren gesammelt. So habe die Kirche den Chef der russischen Nationalgarde, Wiktor Solotow, im März 2022 "für den Krieg gegen die Ukraine" gesegnet. Kyrill I. hatte Solotow damals in der Kathedrale der russischen Streitkräfte eine Marien-Ikone geschenkt. Truppen der Nationalgarde sind an der Invasion in der Ukraine beteiligt. Der Patriarch nutze die russisch-orthodoxe Kirche und auch ukrainisch-orthodoxe Geistliche, um seine Propaganda gegen Kiew zu verbreiten, so der SBU.

Prozess auch in Abwesenheit möglich

Nach ukrainischen Recht muss die Justiz eine Person schriftlich benachrichtigen, dass sie unter Tatverdacht steht, sofern ausreichend Beweise vorliegen. Die Behörden legen Kyrill I. demnach unter anderem die Straftatbestände Entfesselung und Führung eines Angriffskriegs zur Last. Darauf stehen bis zu 15 Jahre Haft. Zudem habe der Patriarch die Unverletzlichkeit der ukrainischen Landesgrenzen angegriffen und den russischen Überfall auf die Ukraine geleugnet. Kiew könnte unter bestimmten Bedingungen auch in Abwesenheit des Patriarchen einen Strafprozess gegen ihn durchführen.

Kyrill I. wird international kritisiert, weil er als wichtiger Verbündeter von Kreml-Chef Wladimir Putin den russischen Angriffskrieg unterstützt. Großbritannien, Tschechien, Litauen, Estland, Kanada und die Ukraine haben gegen ihn Sanktionen verhängt. EU-weite Strafmaßnahmen gegen das Kirchenoberhaupt scheiterten am Veto Ungarns.

Kreml: Gespräch mit Papst-Beauftragtem ohne konkrete Vereinbarung

Offenbar ohne bestimmte Ergebnisse: Beim Treffen des päpstlichen Friedensbeauftragten für den Ukraine-Krieg, Kardinal Metteo Zuppi, mit dem außenpolitischen Berater des russischen Präsidenten in Moskau hat es "keine konkreten Entscheidungen oder Vereinbarungen" gegeben. Das sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow am Donnerstag laut russischen Nachrichtenagenturen. "Wenn nötig, wird der Dialog fortgesetzt."

Kardinal Matteo Zuppi / © Alvise Armellini (dpa)
Kardinal Matteo Zuppi / © Alvise Armellini ( dpa )
Quelle:
KNA