Weihbischof König sorgt sich um religiöse Unterdrückung

"Als Christen ein Zeichen setzen"

Am "Red Wednesday" wird der weltweit verfolgten Christen gedacht. Am Sonntag beendet Weihbischof Matthias König die bundesweite Aktion im Paderborner Dom. Scharf kritisiert er in diesem Zusammenhang eine versäumte Bildungspolitik.

Symbolbild Angeleuchtete Kirche zum Red Wednesday / © Simlinger (shutterstock)
Symbolbild Angeleuchtete Kirche zum Red Wednesday / © Simlinger ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Wie wichtig ist es, auf verfolgte Christen hinzuweisen?

Weihbischof Matthias König (EPB)
Weihbischof Matthias König / ( EPB )

Weihbischof Matthias König (Weihbischof im Erzbistum Paderborn): Es gibt die freikirchlich orientierte Organisation Open Doors, die nicht müde wird zu betonen, dass die Christen auf der Welt die am meisten verfolgte Religionsgemeinschaft ist.

Von daher erklärt sich von selber, warum so ein Tag wie dieser "Red Wednesday" und der immer neue Hinweis, wie sehr Christen in der Welt unter Druck sind, ganz wesentlich ist.

DOMRADIO.DE: Wie bewerten Sie die Bedeutung von diesem "Red Wednesday" als Mittel, um auf diese Verfolgung hinzuweisen, also etwa mit blutroter Farbe zu arbeiten?

Matthias König

"Wir zeigen, dass unsere Schwestern und Brüder in der Welt an so vielen Stellen unter Druck sind."

König: Wir haben die Erfahrung gemacht, dass man manchmal sehr massiv auftreten muss, damit Anliegen überhaupt in die Öffentlichkeit kommen. Wir als Kirche haben im Moment sowieso die Schwierigkeit, irgendetwas zu bringen, das nicht mit Missbrauch und anderen negativen Themen zu tun hat.

Wir leben in einem Land, in dem es Religionsfreiheit gibt. Im Moment sind wir verstört, wie gewisse Gruppen mit Hass und mit merkwürdigen Botschaften an die Öffentlichkeit treten. Es ist sehr wichtig, dass wir da als Christen ein Zeichen setzen. Wir zeigen, dass unsere Schwestern und Brüder in der Welt an so vielen Stellen unter Druck sind, dass sie um Leib und Leben fürchten müssen. Und die Welt schweigt dazu. Die Welt geht darüber hinweg.

Wenn ein "Red Wednesday" und all diese Aktionen, die damit verbunden sind, das Ganze ein bisschen bewusster und sichtbarer und hörbarer machen, ist das schon eine wichtige und wesentliche Sache.

DOMRADIO.DE: Wie können Gemeinden vor Ort, außer die Gebäude rot anzustrahlen, dazu beitragen, die verfolgten Glaubensgeschwister zu unterstützen?

König: Das Erste ist, wahrzunehmen, dass es so ist, wie es ist. Unsere kirchlichen Hilfswerke weisen ja immer wieder darauf hin.

"Kirche in Not" ist ganz an der Spitze dieser Bewegung. Immer wieder veröffentlicht das Werk Beispiele und Schicksale, an denen deutlich wird, wie das ist. Ein Beispiel ist Pakistan, wo der Blasphemievorwurf nicht selten dazu führt, dass Christen einfach gelyncht oder ins Gefängnis gesteckt oder so verfolgt werden, dass sie im Lande keine Bleibe mehr haben.

Wenn Sie an andere Länder denken, die völlig aus dem Blickfeld sind, wo aber Christen um ihres Glaubens willen Verfolgung und Bedrohung erleiden, ahnen Sie, dass diese Hilfswerke etwas ganz Wichtiges tun.

Die Gemeinden können sich dem anschließen. Sie können dieses Bewusstsein für sich im Gebet mittragen und sie können sich informieren. Das ist die Hoffnung, die ich habe, dass viele Menschen jetzt anfangen, auch im Internet und wo immer man recherchieren kann, sich darüber zu informieren, was Christenverfolgung in der Welt im Jahr 2023 bedeutet.

Herz-Jesu-Kirche in Leimen am "Red Wednesday" (KiN)
Herz-Jesu-Kirche in Leimen am "Red Wednesday" / ( KiN )

DOMRADIO.DE: Es gibt verschiedene Krisenherde, wie den Gazakrieg oder den Angriff auf die Ukraine. Welche Rolle spielt da die Diplomatie und auch der internationale Zusammenhalt und die Zusammenarbeit bei der Bewältigung solcher religiösen Probleme und Verfolgungen?

König: Wir haben ein internationales Netzwerk von Diplomatie und von Verhandlungsmöglichkeiten durch den Vatikan, der überall seine Niederlassungen hat. Nuntius Nikola Eterovic hat ein Buch mit dem Titel "Die leise Macht" geschrieben. Er möchte damit sagen, dass die Vatikandiplomatie in der Öffentlichkeit nie wahrgenommen wird.

Es soll auch gar nicht öffentlich wahrgenommen werden, wie die Kirche durch ihre Vertreter in aller Welt unterschwellig und hinter den Kulissen versucht, nicht nur den Christen, sondern anderen verfolgten Minderheiten und unterdrückten Völkern zu helfen.

Der Papst ist sehr mutig und benennt das immer wieder so. Als er in Asien war, hat er auf die Rolle der Rohingya hingewiesen, dieser muslimischen Minderheit, die aus Myanmar worden vertrieben ist und jetzt an der Grenze in Pakistan ein miserables Dasein fristet.

Unsere Hilfsorganisationen zeigen aber auch, dass es unseren christlichen Geschwistern ähnlich ergeht und manchmal sogar viel schlimmer. Zwangskonversionen ist so ein Thema. Muslimische Männer sind gehalten, christliche Mädchen zu heiraten, die dann durch die Heirat muslimisch werden müssen.

Dadurch, dass die Religion teilweise auch im Pass vermerkt ist, haben Menschen gar keine Chance, zum Beispiel in öffentliche Ämter der Politik zu kommen oder bessergestellte Positionen zu kriegen. In manchen Bundesstaaten Indiens müssen sie sogar erleben, wie ihre Kirchen gestürmt und niedergebrannt werden oder auch ihr Leib und Leben gefährdet sind.

Unseren Gemeinden und Gemeindemitgliedern dies noch mal deutlich zu machen, ist eine ganz wichtige Sache. Dazu bietet der "Red Wednesday" eine sehr gute Möglichkeit.

DOMRADIO.DE: An deutschen Schulen wird Antisemitismus zunehmend zu einem Problem. Inwiefern kann ein "Red Wednesday" dazu beitragen, dass das Bildungssystem ein Gespür dafür bekommt, wie man gegen die Christenverfolgung vorgehen kann?

Matthias König

"Da gibt es eine große Aufgabe der Bildungspolitik, die, glaube ich, jetzt so langsam wach wird."

König: Wir haben ein breites Netzwerk an kirchlichen Schulen, in denen das sicherlich ein ganz offensiv behandeltes Thema ist. Bei den Kampagnen der Hilfswerke Adveniat, Missio, Misereor und Renovabis gehen zum Beispiel auch Gäste aus Ländern, in denen es Christenverfolgung gibt, in die Schulen hinein und machen die erstaunliche Erfahrung bei den Jugendlichen, wie aufgeschlossen, informiert und interessiert die sind. ´

Bei staatlichen Schulen ist das schwieriger. Das kann ich auch nicht so beurteilen. Die Lehrer sind da sehr unter Druck. Vor Jahren gab es da mal Vorfälle in Berlin. Dort haben betroffene Lehrerinnen und Lehrer gesagt, dass sie sich fürchten müssen, wenn sie mal versuchen Schüler zu disziplinieren oder wenn sie Wahrheiten aussprechen, die eine Mehrheit ihrer Schüler nicht hören will, weil die von zu Hause ganz anders gepolt sind.

Das ist eine große Aufgabe der Bildungspolitik. Die nimmt so langsam wahr, dass da etwas gewachsen ist, was man nicht wahrnehmen wollte, weil es einfach nicht sein durfte. Jetzt merkt man, dass man da massiv investieren, aufklären und Bewusstsein schaffen muss. Ob das gelingt, ist eine ganz große Frage.

DOMRADIO.DE: Am kommenden Sonntag wird die Aktion im Hohen Dom zu Paderborn beendet. Sie halten dort vor Ort die geistliche Betrachtung über verfolgte Christen. Können Sie uns etwas verraten, was uns erwarten wird?

König: Morgens haben wir das Pontifikalamt zum Christkönigssonntag. Dort werde ich den Blick auf die Verfolgung von Christen in die Welt lenken und das Bewusstsein dafür schärfen, nicht wegzuschauen und zu denken, dass es uns ja nicht betrifft.

Dann ist das Gebet etwas ganz Wichtiges. Christen beten auf der ganzen Welt für die Unterdrückten ihres eigenen Glaubens und auch anderer Glaubensgemeinschaften.

Am Nachmittag wird das Ganze durch Zeugnisse angereichert, die deutlich machen wollen, wie die Situation aussieht.

Wir leben in einem Land der Religionsfreiheit und dürfen uns nicht darauf ausruhen, dass es uns relativ gut geht. Wir müssen offensiv für die Menschen eintreten, die solches Unrecht erleiden und deren Glaube dadurch auch gefährdet ist. Es ist wichtig, dass die Regierenden ein Bewusstsein dafür entwickeln.

Das ist eine Zielrichtung des "Red Wednesdays", dass die Politik merkt, dass man nicht einfach aus politischer Korrektheit, wie immer die definiert wird, wegschauen kann. Vielmehr muss man das immer wieder im Umgang mit Diktatoren und im Umgang mit Unrechtsregimen zum Thema machen.

Ich staune manchmal über den Mut der Politiker. Aber ich staune auch manchmal, wenn sie vielleicht aus wirtschaftlichen Interessen doch eher schweigen oder nur ganz verhaltene Andeutungen machen.

Wir können froh sein, dass unser Papst da sehr offensiv ist und mit ihm auch viele Bischöfe, Priester und Ordensleute. Das möge auch ein Stück weit die Sache der verfolgten Christen zum Guten voranbringen.

Das Interview führte Oliver Kelch.

Für verfolgte Christen - Kirchen erstrahlen bundesweit in Rot

Das päpstliche Hilfswerk "Kirche in Not" hat zur Solidarität mit verfolgten Christinnen und Christen aufgerufen. Rund um den 22. November sollen dazu Kirchen und öffentliche Gebäude rot angestrahlt werden. Der Termin des traditionellen "Red Wednesday" (Roter Mittwoch) fällt dieses Jahr auf den evangelischen Buß- und Bettag. Deshalb empfehle man ökumenische Aktionen als Zeichen der Einheit "in diesem für Christen weltweit lebenswichtigen Anliegen", hieß es.

"Red Wednesday": In Mainz wurde die Kirchenruine von St. Christoph rot angestrahlt / © N.N. (KiN)
"Red Wednesday": In Mainz wurde die Kirchenruine von St. Christoph rot angestrahlt / © N.N. ( KiN )
Quelle:
DR