Überraschende Kehrtwende beim gewählten Präsidenten Javier Milei aus Argentinien. Nachdem der libertäre Ökonom den Papst während des Wahlkampfes mehrfach scharf kritisiert hatte, wechselte der künftige Regierungschef des südamerikanischen Landes nun deutlich die Tonart. Zuvor war offenbar Franziskus auf Milei zugegangen und gratulierte ihm in einem Telefongespräch zum Wahlsieg. Milei wiederum lud Franziskus ein, bald sein Heimatland zu besuchen.
Gespaltenes Land befrieden?
"Der Papst ist der wichtigste Argentinier der Geschichte", sagte Milei im Interview der Zeitung "La Nacion", das vom Anruf des Papstes aus dem Vatikan unterbrochen wurde. Acht Minuten lang dauerte das Telefongespräch. "Er hat mir zu meinem Mut gratuliert", berichtete Milei anschließend den Journalisten bei der Fortsetzung des Interviews. Franziskus habe ihm gesagt, er brauche Mut und Weisheit für die bevorstehenden Aufgabe. Man werde den Papst mit allen Ehren als Staatsmann, aber auch als spirituelles Oberhaupt der Argentinier empfangen, denn "Argentinien ist ein katholisches Land", betonte der Wahlsieger.
Ein Besuch könne helfen, das gespaltene Land zu befrieden, so Milei, der einen Vergleich aus dem Fußball heranzog: Argentinien sei derzeit ein bisschen wie "Boca gegen River"; damit spielte er auf die Polarisierung und Rivalität zwischen den beiden größten und populärsten Klubs des Landes an, "Boca Juniors" und "River Plate". Es gebe unterschiedliche Auffassungen zwischen ihm und dem Papst in einigen Themen, aber im Grunde verbinde sie das gleiche Ziel, so der Politiker weiter. Das Gesprächsklima bezeichnete er als angenehm.
"Messianischer Clown"
In den vergangenen Monaten hatte Milei den Papst öffentlich kritisiert und ihm vorgeworfen, sich nicht klar genug von den Linksautokratien in Lateinamerika zu distanzieren. Franziskus wiederum sprach in einem TV-Interview wenige Tage vor der Stichwahl um die Präsidentschaft – ohne Milei beim Namen zu nennen – von "messianischen Clowns", die ihn an den Rattenfänger von Hameln erinnerten. Und die argentinische Kirche positionierte sich im Wahlkampf eindeutig gegen Milei.
Franziskus hat sein Heimatland nach seiner Wahl zum Oberhaupt der katholischen Kirche im März 2013 noch nicht besucht. Zuletzt hatte er immer wieder seine Bereitschaft bekundet, nach Argentinien zu reisen.
Die Argentinische Bischofskonferenz lud ihn auch formell dazu ein.
Superinflation und hohe Armutsrate
Mit dem Versöhnungsanruf bei Milei dürfte nun auch die letzte Hürde aus dem Weg geräumt sein. Spekuliert wird, dass Franziskus in der ersten Jahreshälfte 2024 nach Argentinien und Uruguay reist – und womöglich einen Abstecher nach Südbrasilien unternimmt. Eine offizielle Bestätigung vom Vatikan steht allerdings noch aus.
Milei folgt auf Präsident Alberto Fernandez, der aufgrund fehlender Rückendeckung vom regierenden linksperonistischen Lager und einer erfolglosen Amtszeit auf eine erneute Kandidatur verzichtete.
Offizieller Amtsantritt von Milei ist am 10. Dezember. Das zweitgrößte Land Südamerikas wird von einer Jahresinflation von 143 Prozent und einer Armutsrate von rund 40 Prozent erschüttert.
Am ersten Werktag nach dem Wahlsieg Mileis reagierten die Märkte mit starken Kurssprüngen argentinischer Aktien. Der Peso verlor im Vergleich zum "Dollar Blue", der den informellen Tauschwert kennzeichnet, zehn Prozent. Einige Prognosen hatten zuvor einen noch stärkeren Kursverlust im Vergleich zum US-Dollar erwartet. Milei rechnet selbst mit einer hohen Inflation in den ersten Monaten seiner Amtszeit.