Ein klassischer, luxuriöser und zugleich nüchterner Salon: dunkler Tisch, eingerahmt von Holzsesseln mit geschnitzten Sphinxen und bemähnten Löwen in ihre Armlehnen.
Ergänzt wird das Ensemble von einem ausgefallenen Lampenschirm, einigen wertvollen Steinen und religiösen Statuen. Dann gibt es einen Altar eingebettet in ein künstliches Eisberg-Arrangement und dekoriert mit blinkenden Lichtern.
Das Badezimmer erinnert an ein Luxus-Spa-Ressort und im Flur lagern teure Champagnerflaschen und rote Hutschachteln eines namhaften Paramente-Herstellers. So beschreibt Autor Frederic Martel die Wohnung von Kardinal Raymond Burke in Rom. Einst hatte er den Papst-Oppositionellen für sein Buch "Sodom" getroffen.
Appartement sorgt für Schlagzeilen
Seit gut einer Woche sorgt eben dieses Appartement für Schlagzeilen.
Papst Franziskus soll den ehemaligen Leiter des höchsten Kirchengerichts aufgefordert haben, die gut 400 Quadratmeter große Wohnung entweder zu verlassen oder die ortsübliche Miete zu zahlen.
Stichtag war laut Online Portal "The Pillar" der 1. Dezember. Sollte er für die höheren Kosten nicht aufkommen wollen oder können, solle Burke sein Domizil bis zum 29. Februar räumen.
Die Wohnung in der Via Rusticucci - wenige Meter vom Petersplatz entfernt- zu halten, könnte monatliche Ausgaben von rund 12.000 Euro bedeuten. Im nahegelegen Borgo Pio werden im Schnitt gut 30 Euro Miete für den Quadratmeter aufgerufen. Nur mit dem Gehalt eines Kurienkardinals müsste Burke über eine Untervermietung nachdenken.
Zudem soll Burkes Ruhestands-Salär vom Papst zumindest gekürzt worden zu sein.
Kardinal soll durch Spenden unterstützt werden
Andererseits dürften 12.000 Euro kein allzu großes Loch in Burkes Haushaltskasse reißen. Laut der argentinischen Zeitung "La Nacion" soll der Kardinal durch Spenden reicher US-Familien unterstützt werden; außerdem besitze er in seiner Heimat in Wisconsin Immobilien im geschätzten Wert von 50 Millionen US-Dollar.
Weitaus interessanter als die möglichen finanziellen Sanktionen ist die Kommunikation zu dem Fall. Der sonst so wortgewaltige Kardinal Burke hat zu dem Thema bislang keinen Kommentar abgegeben. Weniger überraschend bezog auch der Vatikan noch keine Stellung. Dafür überschlagen sich (mutmaßliche) Vatikankenner mit Spekulationen, berufen sich dabei hauptsächlich auf anonyme Quellen - oder den Papst.
Die einen sehen in dem Vorgang einen Racheakt Franziskus', rücken Burke in die Nähe eines Martyrers. Ein möglicherweise baldiges Ende seines Pontifikats soll die angebliche Ungeduld des Papstes mit seinen Kritikern begründen. Andere wiederum sehen in der Maßnahme mehr Brüskierung denn Sanktion, fragen grundsätzlich nach dem Zweck und bewerten das Vorgehen als kontraproduktiv.
Schließlich habe Burke noch immer seine Kardinalsrechte, könne etwa den nächsten Papst wählen. Zudem sei es dem US-Amerikaner weiterhin möglich, den Papst und dessen Entscheidungen zu kritisieren und infrage zu stellen. In gewohnt öffentlicher wie harscher Manier - und dies als Mitglied des Kardinalskollegiums. Mit der vergleichsweise marginalen Maßnahme einer Änderung des Mietverhältnisses nehme Franziskus hingegen eine noch schärfere Abgrenzung der ultra-konservativen Kardinals in Kauf.
Weder Freund noch Feind?
Laut dem rechtskonservativem Portal "La Nuova Bussola Quotidiana" soll Franziskus bei einem Treffen mit seinen kurialen Behördenleitern am 20. Oktober gesagt haben: "Kardinal Burke ist mein Feind, deshalb entziehe ich ihm seine Wohnung und sein Gehalt." Dabei berief sich das Portal auf anonyme Vatikanquellen.
Der britische Papst-Biograf Austen Ivereigh konterte kurz nach Erscheinen mit einem Artikel: "Was der Papst über Kardinal Burke gesagt hat". Dabei zeichnete er ein anderes Bild. Franziskus habe ihm im persönlichen Gespräch die Maßnahmen gegen den Kardinal bestätigt. Der Grund: Burke habe seine Privilegien gegen die Kirche eingesetzt.
In einem späteren Schriftwechsel soll Franziskus zudem an Ivereigh geschrieben haben: "Ich habe weder das Wort 'Feind' noch das Pronomen 'mein' verwendet. Ich habe dies lediglich bei der Sitzung der Dikasteriumsleiter bekannt gegeben, ohne spezifische Erklärungen abzugeben."
In diesem Punkt scheinen sich Burke und Papst dann doch einig zu sein. In einem Interview mit der "New York Times" nach seinen Absetzungen als Leiter des Vatikangerichts und als Kardinalpatron des Malteserordens hatte Burke gesagt: "Es ist klar, dass der Papst mich nicht in einer Führungsposition sehen will, dass er mich nicht als die Art von Person ansieht, von der er will, dass sie den Dingen eine starke Richtung gibt. Aber ich habe nie den Eindruck gehabt, dass er mich für seinen Feind hält." Gleiches gelte für ihn.
Maßnahme ausschließlich aus wirtschaftlichen Gründen?
Fernab jeglicher Unstimmigkeiten, könnte die Maßnahme schlicht wirtschaftliche Gründe haben. Im Februar hatte Franziskus ein Dekret zu vatikanischen Mietwohnungen erlassen. Demnach sollen hohe Kurienmitarbeiter, die Wohnungen des Heiligen Stuhls oder von Vatikan-Institutionen unentgeltlich oder vergünstigt nutzen, nun die marktübliche Miete bezahlen. Zudem seien keine Mietzuschüsse mehr erlaubt. Die Regelung gelte für neue Verträge oder Verlängerungen, nicht für bereits bestehende Mietvereinbarungen.
Vielleicht ist lediglich der erste Mietvertrag eines prominenten Kirchenmannes ausgelaufen. Ob Burke ihn unter den neuen Bedingungen verlängern möchte, ist unklar. Ihm nahestehende Quellen halten einen Auszug aus dem Vatikan-Appartement für wahrscheinlich, jedoch nicht die Aufgabe eines Wohnsitzes in Rom.