DOMRADIO.DE: Wie ist der Kommunionempfang nach geltendem Kirchenrecht geregelt?
Prof. Bernhard Sven Anuth (Theologe der Eberhard Karls Universität Tübingen): Alle Gläubigen haben ein Recht auf Sakramentenempfang, für dessen etwaige Einschränkung es immer eine kirchenrechtliche Grundlage braucht. Daher dürfen nach dem Kirchenrecht Kleriker die Sakramente ausdrücklich nicht verweigern, wenn Gläubige angemessen darum bitten, recht disponiert und eben nicht kirchenrechtlich an ihrem Empfang gehindert sind. Für die Eucharistie wird das allgemeine Recht auf Sakramentenempfang ausdrücklich noch einmal konkretisiert: "Jeder Getaufte, der rechtlich nicht daran gehindert ist, kann und muss zur heiligen Kommunion zugelassen werden" (c. 912 CIC). Verweigert werden darf die Eucharistie nur jenen, die sie aufgrund einer Strafe nicht empfangen dürfen, sowie solchen Gläubigen, "die hartnäckig in einer offenkundigen schweren Sünde verharren" (c. 915 CIC).
Zur Auslegung dieser Formulierung und ihrer Reichweite insbesondere im Hinblick auf wiederverheiratete Geschiedene hat es in der Kanonistik unterschiedliche Positionen gegeben, klar war jedoch bei allen Varianten immer: Eine etwaige Kommunionverweigerung kommt nur bei einem Dauerverstoß in Frage. Dass Priester vor diesem Hintergrund auf die Idee kommen, alleinerziehende Mütter – und offenbar nur sie und nicht die Väter! – dürften die Eucharistie nicht empfangen, ist kirchenrechtlich nicht nachvollziehbar. Zwar ist nichtehelicher Sex gemäß dem Katechismus der katholischen Kirche eine schwere Sünde, aber die kann ja in der Beichte vergeben werden und steht danach dem Kommunionempfang nicht mehr im Weg, auch dann nicht, wenn aus dieser Sünde ein Kind entstanden ist.
DOMRADIO.DE: Wie schätzen Sie vor diesem Hintergrund das Schreiben aus dem Dikasterium für die Glaubenslehre an einen Bischof in der Dominikanischen Republik ein?
Anuth: Im Brief des Präfekten des Glaubensdikasteriums heißt es klar, dass in einigen Ländern sowohl Priester als auch Laien nicht verheirateten alleinerziehenden Müttern den Zugang zu den Sakramenten und sogar die Taufe ihrer Kinder verweigern. Insofern ist es zu begrüßen, wenn das Glaubensdikasterium klarstellt, dass dies weder von der kirchlichen Lehre noch vom Kirchenrecht gedeckt ist, sondern mit Hilfe des Bußsakraments selbstverständlich auch diesen Frauen der Weg zur Kommunion offensteht – und es ihnen zudem hoch anzurechnen sei, dass sie die Verantwortung für ihre Kinder übernommen haben.
Ich finde es gleichwohl beunruhigend, dass diese Klarstellung überhaupt nötig war. Offenbar kennen auch Kleriker die kirchliche Lehre und das kirchliche Recht entweder nicht hinreichend oder missachten aufgrund eigener, strengerer Moralvorstellungen beides sogar bewusst. In jedem Fall ist die willkürliche Verweigerung von Sakramenten ein Missbrauch klerikaler Macht und verletzt die Rechte von Gläubigen. Deshalb ist sehr zu hoffen, dass die nun vom Präfekten geforderten pastoralen Bemühungen in den Ortskirchen tatsächlich und schnell dazu beitragen, solche Situationen abzustellen.
Die Fragen stellte Jan Hendrik Stens.