Als Claudia Drolshagen an Weihnachten zu ihrem Dienst als Domschweizerin erscheint, wie immer gekleidet in ihre festliche rote Amtsrobe mit schwarzem Samtbesatz, muss sie erst einmal schlucken. Vor dem Haupteingang des Kölner Doms stehen jetzt Zelte, in denen Sicherheitschecks wie Taschenkontrollen ausgeführt werden. Und überall auf der Domplatte patrouillieren bewaffnete Polizisten. Für Claudia Drolshagen hat das alle Anzeichen einer richtigen Bedrohungslage: "Ganz gruselig."
Nur Gottesdienstbesucher
Kurz vor Heiligabend hatten die Sicherheitsbehörden Hinweise auf einen möglichen Anschlagsplan einer islamistischen Gruppe erhalten. Im Visier waren demnach der Kölner Dom und eine Kirche in Wien. Nach Angaben der Kölner Polizei bezogen sich die Hinweise auf Silvester. In Österreich waren bei Ermittlungen gegen ein islamistisches Netzwerk vier Personen festgenommen worden.
Normalerweise besuchen zwischen Weihnachten und Neujahr mehr als 100 000 Menschen den Kölner Dom. Doch dieses Jahr erwartet die Touristen eine Enttäuschung, nur Gottesdienstbesucher dürfen die Kathedrale betreten: "No visiting! Only mass!", verkündet am Dienstagvormittag einer der Domschweizer einer Gruppe von Chinesen. Ein paar anderen Besuchern gibt er den deutlichen Hinweis mit auf den Weg: "Kein Fotografieren! Setzen und fertig! Wir haben 'ne besondere Sicherheitslage!"
Voller als im vergangenen Jahr
Der Sicherheitschef des Doms, Oliver Gassen, stellt klar: "Alle liturgischen Angebote finden statt, touristischer Besuch ist leider nicht möglich." Zwischen den Gottesdiensten wird der Dom geschlossen - und das bleibt auch nach den Feiertagen erstmal so.
Schade natürlich, bedauert Guido Assmann, der als Propst dem Domkapitel, dem Leitungsgremium der Kathedrale, vorsteht. "Menschen kommen aus fernen Ländern, um einige Tage in Köln zu verbringen, und dann nicht in den Dom zu können, das ist schon eine Einschränkung. Aber Sicherheit geht vor." Die Gottesdienstbesucher hätten sich von dem Terroralarm in jedem Fall nicht abschrecken lassen, sagt er: "Die Christmette war voller als im vergangenen Jahr."
"Wir haben keine Angst"
Auch Martin und Gaby, die jedes Jahr aus Neuss anreisen, um ein weihnachtliches Pontifikalamt im Dom mitzuerleben, haben keinen Moment lang überlegt. "Das hält uns mit Sicherheit nicht ab", sagt Gaby mit resoluter Stimme. "Ich denke, wenn ich da drin sitze und mir passiert was, dann bin ich da oben Erster." Dabei macht sie eine Geste Richtung Himmel.
Genauso sieht es die Niederländerin Nel Gouweloos, die mit ihrer Familie mit einem Kreuzfahrtschiff über den Rhein nach Köln gekommen ist. "Wir haben keine Angst", beteuert sie. "Wir gehen davon aus, dass es in Deutschland sicher ist. Und ich will den Dom unbedingt sehen." Deshalb sagt sie am Eingang auch, dass sie die Messe besuchen will.
Der Dom wird still
"Es gibt immer einen gewissen Prozentsatz an Menschen, die sich durchmogeln", konstatiert Domschweizerin Drolshagen mit einem Schmunzeln. "It's the Dom." Mittlerweile hat sie sich ein bisschen an die neue Sicherheitslage gewöhnt. Weil sie weiß, dass draußen die Polizei aufpasst, fühlt sie sich im Inneren völlig sicher.
Es herrsche jetzt sogar eine besonders magische Atmosphäre im Kirchenschiff. "Wir hatten zwischen den Messen den Dom ganz geschlossen", erzählt sie. "Es war sehr still. Gerade jetzt in der Bedrohungslage, die rundum herrscht, dann eben in dieser Kathedrale zu sein: Zwei Weihnachtskrippen sind aufgebaut, der Dreikönigsschrein ist mit vielen Kerzen geschmückt - das ergibt trotz allem ein sehr weihnachtliches Gefühl."