Dabei sollte klar sein: Auch die "Altkalendarier", also die Mehrzahl der orthodoxen Christen, die weiter dem julianischen Kalender folgen, feiern die Geburt des Herrn nach dem Kirchenkalender am 25. Dezember.
Der aber fällt nach dem "bürgerlichen", also gregorianischen Kalender, im 20. und 21. Jahrhundert auf den 7. Januar – im 22. Jahrhundert wird es der 8. Januar sein. Dies gilt derzeit für das Patriarchat von Jerusalem, die orthodoxen Kirchen von Russland, Serbien, Georgien, Polen und Makedonien sowie den Heiligen Berg Athos.
Griechenland ist das europäische Land mit dem größten orthodoxen Bevölkerungsanteil (96 Prozent). Viele kirchliche Hochfeste sind dort auch zivile Feiertage, selbstverständlich auch Weihnachten.
Geschmückte Boote statt Bäumen
Begangen wird es am 25. Dezember neuen Stils, denn die Kirche von Griechenland hat 1923 den gregorianischen Kalender übernommen, ohne die alten Traditionen zu vergessen. Das vielleicht interessanteste und spezielle Merkmal der Weihnachtsfeierlichkeiten in Griechenland ist das Symbol eines Schiffes.
Die Besitzer von Jachten und Booten im küstenreichen Land schmücken daher ihre Schiffe; aber reich gezierte kleinere Schiffe werden auch auf dem Trockenen, auf den Plätzen der Städte und selbst in den Häusern, aufgestellt.
Kinder gehen mit selbstgebastelten und auf unterschiedlichste Weise dekorierten Schiffchen zum Weihnachtssingen. Eine Erklärung für diese Tradition ist, dass das Schiff den Wandel in unserem Leben nach der Ankunft des Erlösers in der Welt widerspiegele.
Kinder singen mit geschmückten Palmen und Triangeln
Neben dem Tragen kleiner Boote gehen die Kinder auch mit geschmückten Palmen und Triangeln zum Singen. Von Haus zu Haus zu gehen und "Kalanda", Weihnachtslieder, zu singen, ist in Griechenland jahrhundertealte Tradition.
Gruppen ziehen von Haus zu Haus und erbitten mit ihrem Gesang Segen für das Haus und seine Bewohner. Musikalisch begleitet werden sie von Triangeln und Trommeln. In früheren Zeiten zogen die Menschen in den Dörfern mit allen möglichen Metallgegenständen umher: Töpfe, Hufeisen und sogar Bratpfannen.
Die Bewohner schenken dann den Sängern etwas Geld oder Süßigkeiten. Dieses Weihnachtssingen findet am 24. Dezember, zum Neujahrsabend und am Vortag von Theophanie (5. Januar) statt.
Das traditionelle "Brot Christ" wird in der Kirche geweiht
Traditionelle Weihnachtsgerichte gibt es ebenfalls, vor allem das "Christopsomo (Brot Christi)". Dieses traditionelle griechische Festtagsbrot wird manchmal mit ganzen Walnüssen, Sesamkörnern und Mandelsplittern verziert.
Der Teig kann eine Kombination aus Rosinen, getrockneten Aprikosen, getrockneten Feigen, Orangenschalen, Zimt, Piment, Nelken, Kardamom, Mastix (Pflanzenharz) und Mahleb (gemahlene Kerne der Felsenkirsche) enthalten, wird mit besonderer Ehrfurcht zubereitet, wobei nur das beste Mehl und eine spezielle weihnachtliche Gewürzmischung verwendet werden.
Das Brot wird immer mit einem Kreuz verziert und in der Kirche geweiht. Mit ihm beginnt das Weihnachtsmahl. In manchen Familien werden Stücke des geweihten Brotes ein ganzes Jahr lang aufbewahrt.
Der Kommunismus konnte Weihnachten nicht besiegen
Reife Granatäpfel, Nüsse und Trockenfrüchte stehen immer auf dem Weihnachtstisch, ebenso wie die traditionellen Kekse Melomacarona und Curabiedes. Ein ebenfalls weitaus überwiegend orthodoxes Land (84 Prozent der Bevölkerung) mit eigenen Weihnachtstraditionen ist Georgien.
Hier muss zuerst ein Gesang erwähnt werden, der dort ähnliche Bedeutung hat wie "Stille Nacht" für den deutschsprachigen Raum. Um die Ehrfurcht vor dem Ereignis der Geburt Christi zu verkünden, wird das Ereignis in Georgien mit einem Loblied namens "Alilo" gefeiert.
Selbst zu Zeiten der Sowjetunion, als nur wenige Kirchen für Gottesdienste geöffnet waren, hörte die Tradition der Weihnachtsfeiern nicht auf; das Zentrum der Feierlichkeiten verlagerte sich lediglich von den Kirchen in die Häuser der Gläubigen.
Festliche Weihnachtsprozessionen in Georgien
Heute besuchen zu den Weihnachtsgottesdiensten wieder viele georgische Gläubige gern die Klöster des Landes. Diejenigen, die zu Hause bleiben, zünden Kerzen in den Fenstern an, als Symbol für das Licht Christi, das alle erleuchtet.
Am Tag der Geburt Christi selbst, dem 7. Januar des bürgerlichen Kalenders, finden überall "Alilooba" genannte Prozessionen statt. In Tiflis beginnen diese Prozessionen in verschiedenen Teilen der Stadt und enden an der Kathedrale der Heiligen Dreiheit, wo der Festgottesdienst stattfindet.
Danach werden Spenden für Arme, Kranke und Waisen gesammelt. Die Besonderheit der Prozession ist die weiße Kleidung aus Schafsfellen, die viele Teilnehmer tragen und die sie wie jene Hirten aussehen lässt, die als erste das göttliche Kind anbeteten.
Gerader Walnusszweig statt grüner Tanne oder Fichte
Während der Prozession wird der spezielle Weihnachtshymnus "Alilo" gesungen. In einigen Gebieten Georgiens gibt es einen besonderen Weihnachtsbaum, Cicilaki genannt.
Ein traditioneller Cicilaki ist – anders als in Mittel- und Westeuropa, aber auch etwa in Russland – keine Tanne oder Fichte, sondern wird aus einem geraden Walnusszweig hergestellt. Dieser wird nach und nach an einem Ende abgehobelt, so dass am anderen Ende dünne Späne zurückbleiben. Das Ergebnis ist eine Stange mit einer üppigen Spankrone.
Die üblicherweise 50 bis 70 Zentimeter hohe Dekoration wird auf den Tisch neben den Teller mit Süßigkeiten gestellt. Diese werden auch an den Cicilaki selbst gehängt.
Dekoration des Baumes wird mit Basilius dem Großen verbunden
Am Ende der Feierlichkeiten wird der Baum verbrannt und die Asche in den Wind gestreut. Damit sollen Sorgen und Nöte des vergangenen Jahres das Haus verlassen.
Die Dekoration des Baumes selbst wird mitunter mit dem Bart des Kirchenvaters Basilius des Großen (um 330-379) in Verbindung gebracht. Das Fest dieses in Georgien beliebten Heiligen wird nach dem Kirchenkalender am 1. Januar gefeiert.
Für die Georgier wie auch die Griechen ist er der Gabenbringer, hat also eine gewisse Entsprechung zum westlichen Weihnachtsmann oder dem Sankt Nikolaus.
Der Badnjak ist ein Freude bringender Baum
Auch Serbien folgt dem alten Kalender. Das Fest der Christgeburt am 7. Januar gilt hier vielen als wichtigster kirchlicher Feiertag, in der Volksfrömmigkeit sogar manchmal mehr als Ostern. Die Festzeit dauert vom Tag des heiligen Nikolaus (19. Dezember) bis zum Tag des heiligen Sava, des ersten Erzbischofs von Serbien (27. Januar).
Der Heiligabend wird "Badnidan" genannt, weil an diesem Tag der Hausherr in den Wald geht, um das serbische Symbol für Weihnachten – einen Eichenbaum oder -zweig – zu fällen, der Badnjak, manchmal auch Veseljak (wörtlich: "der, der Freude bringt") genannt wird.
Es ist ein Baumzweig oder ein ganzer Baum, der im Mittelpunkt der serbischen Weihnachtsfeierlichkeiten steht, vorzugsweise eine junge, gerade und unbeschädigte Eiche. Sie wird am frühen Morgen des Heiligen Abends feierlich gefällt.
Badnjak wird heutzutage oft symbolisch dargestellt
Das Fällen, die Vorbereitung, das Heranbringen und das Anlegen des Feuers sind von ursprünglich häuslichen Ritualen umgeben, die regional sehr unterschiedlich sind und wohl bis in die Zeit vor der Christianisierung zurückreichen dürften.
Da die meisten Serben heute in Städten leben, wird der Badnjak oft symbolisch durch ein Bündel von Eichenzweigen mit braunen Blättern dargestellt, mit denen das Haus am Heiligabend geschmückt wird.
Seit dem frühen 20. Jahrhundert wird die serbische Badnjak-Tradition auch in der Öffentlichkeit gefeiert. Seit Anfang der 1990er Jahre veranstaltet die Serbische Orthodoxe Kirche – auch in der weltweiten Diaspora – vielerorts zusammen mit den örtlichen Gemeinden am Heiligen Abend öffentliche Feiern.
Badnjak-Zeremonie symbolisiert Geburt und Kreuzigung Jesu zugleich
Dabei spielt der Badnjak eine zentrale Rolle und wird zuerst vom Priester geweiht, bevor er feierlich auf einer Feuerstelle auf dem Kirchhof aufgestellt wird und dann in ein Feuer geworfen wird.
Das Anzünden des Badnjak erinnert an das Feuer, das die Hirten von Bethlehem nach serbischer Überlieferung in der Geburtshöhle Jesu entzündeten, um Christus und seine Mutter während der Nacht zu wärmen.
Der Badnjak wird auch als Symbol für das Kreuz gesehen, an dem Christus gekreuzigt wurde, und die Wärme seines Feuers symbolisiert die Erlösung, die durch die Kreuzigung möglich wurde. Der Badnjak symbolisiert somit sowohl die Christgeburt wie die Erlösung durch die Kreuzigung.
Reich gedeckte Weihnachtstische
Nach der festlichen Liturgie am Fest der Christgeburt, auf Serbisch "Bozic", setzt sich auch die serbische Familie an einen reich gedeckten Tisch.
Die Feier beginnt mit dem Brechen eines speziellen hefefreien Weihnachtsbrotes "Cesnice", das aus Butter und bestem Mehl hergestellt wird. Diesem Brot werden verschiedene Zutaten in den Teig beigegeben: Getreide, Münzen, Bohnen, Walnüsse, Rosinen, Feigen, eine Knoblauchzehe und ein Basilikumzweig.
Es ähnelt also dem griechischen "Christopsomo". Die Hälfte des "Cesnice" wird unter den Familienmitgliedern aufgeteilt, die andere Hälfte bleibt für die Gäste übrig.
Die weihnachtliche serbische Entsprechung zum Ostergruß
Der erste Gast wird der "Polozaynik" genannt. Wenn er das Haus betritt, sagt er: "Der Friede Gottes – Christus ist geboren!", und die Antwort lautet: "Wahrlich, er ist geboren!", also eine Entsprechung zum Ostergruß.
Schließlich sei noch eine Besonderheit für das serbische Weihnachtsbrauchtum vermerkt: An den drei Sonntagen vor dem Fest feiert man dort noch drei Feiertage, welche die Freude an der Familie und die Bedeutung des gegenseitigen Liebe in ihr hervorheben: Detinci (Kindertag), Materice (Muttertag) und Ocevi (Vatertag).
Brauchtum in der Familie soll Frieden und Einheit stärken
Das Fest "Detinci" findet drei Wochen vor Weihnachten statt und ist den Kindern gewidmet. Dem Brauch nach werden den Kindern nach der sonntäglichen Liturgie mit einer Band oder Schnur die Beine gebunden.
Sie können nur dadurch befreit werden, indem sie mit einem symbolischen Geschenk ihre Befreiung "bezahlen".
Das gleiche Ritual wird an den Tagen "Materice" und "Ocevi" wiederholt. Diese Bräuche sollen zur Stärkung der Familienbande, des Friedens, der Einheit und der gegenseitigen Unterstützung beitragen.