Kölner Katholikenausschuss erwartet viele Herausforderungen

"Wir werden Kirchen und Pfarrheime schließen müssen"

Durch den Mitgliederschwund in der katholischen Kirche kommen viele Veränderungen auf die Kölner Gemeinden zu. Doch anstatt sich Sorgen zu machen, ruft der Katholikenausschuss dazu auf, sich aktiv einzubringen und mitzugestalten.

Blick auf den Kölner Dom / © frantic00 (shutterstock)

DOMRADIO.DE: Viele Katholiken, auch im Erzbistum Köln, wenden sich von der Kirche ab. Ein neues Jahr hat jetzt begonnen. Aber an der Ausgangslage hat sich nichts verändert. Hätten Sie das zu Beginn des vergangenen Jahres so erwartet? 

Gregor Stiels / © Viola Kick (DR)
Gregor Stiels / © Viola Kick ( DR )

Gregor Stiels (Vorsitzender des Kölner Katholikenausschusses): Wir haben im November eine Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung gehabt, die nochmal sehr klar benennt, wie es gerade um die Kirche steht. Da sehen wir, dass sich die Reihen deutlich gelichtet haben, die Religiosität in der Gesellschaft stark zurückgeht und das Vertrauen in die Kirche auf einem Tiefpunkt angekommen sind.

Die katholische Kirche hat zum ersten Mal an dieser Studie teilgenommen. Von daher betrifft sie uns auch. In dieser Studie drückt sich auch eine nicht-Veränderung aus.

Gregor Stiels

"Es stehen genug Aufgaben im Raum, die es anzugehen gibt – auch ohne den Kardinal."

DOMRADIO.DE: An der Bistumsspitze in Köln hat sich auch nichts verändert.

Stiels: Es herrscht noch ein Schwebezustand, das ist richtig. Aber wir müssen uns damit abfinden, dass es da keine Änderung gibt und haben es auch getan. Wir gucken nicht die ganze Zeit darauf, was sich an der Bistumsspitze tut. Vielmehr stehen genug Aufgaben im Raum, die es anzugehen gibt – auch ohne den Kardinal.

DOMRADIO.DE: Wie ist es denn möglich, die Katholiken in Köln in dieser Situation zusammenzuhalten? 

Stiels: Es geht darum, viele Gespräche zu führen. Wir haben nun zehn pastorale Einheiten. Jetzt muss geguckt werden, wie wir vor Ort die Kirche lebendig halten. Dazu gibt es auch von uns verschiedene Veranstaltungen, mit denen wir das auch forcieren wollen. 

Die Frauenkirche in Dresden / © Andrew Mayovskyy (shutterstock)
Die Frauenkirche in Dresden / © Andrew Mayovskyy ( shutterstock )

Dazu zählt eine Reise nach Dresden und Meißen im Mai, wo wir mit Katholikinnen und Katholiken aus der Diaspora ins Gespräch kommen wollen. Die haben diese Situation schon seit vielen Jahren, auf die wir nun zusteuern und machen gehen recht erfolgreich damit um.

Gregor Stiels

"Wir wollen die Menschen ermutigen, diesen Prozess aktiv anzugehen und die Auswirkungen nicht nur zu verwalten."

DOMRADIO.DE: Macht den Gläubigen vor Ort der Mitgliederschwund in den Gemeinden Sorgen?

Stiels: Wenn man die Strukturen so füllen möchte, wie wir sie jahrelang haben, dann gibt es Probleme. Denn es stehen immer weniger Menschen zur Verfügung, die langjährig aktiv waren und nun nicht mehr da sind. Das heißt, da müssen sich alle – auch in diesen zehn pastoralen Einheiten – umstellen. 

Wir werden in Zukunft auch Kirchen und Pfarrheime schließen müssen. Wir sollten uns nichts vormachen, dass das bald ein Thema bei uns sein wird. Die Sorgen sind schon da, aber wir wollen es umkehren. Die Reihe "Mut zu gestalten" soll das eindeutig umgekehrt sehen. Wir wollen die Menschen ermutigen, diesen Prozess aktiv anzugehen und die Auswirkungen nicht nur zu verwalten. 

DOMRADIO.DE: Ein Neujahrsempfang, wie Sie ihn an diesem Montag begehen, ist prädestiniert für einen Ausblick. Wie sehen Sie in die Zukunft in Bezug auf die katholische Kirche in Köln?

Stiels: Ich finde es bemerkenswert, dass sich immer noch so viele Menschen in den katholischen Verbänden und in den katholischen Pfarrgemeinden trotz der ganzen Krisen und Probleme der letzten Jahre engagieren.

Drei Projekte werde ich heute Abend auch nennen, die mir Mut machen. Das ist zum einen unser Dreikönigsstipendium. Wir haben drei junge Menschen gefunden, die wir sowohl ein wenig finanziell wie auch ideell zwei Jahre lang fördern können. Die engagieren sich sehr intensiv in der katholischen Kirche. Das wollen wir zeigen und herausstellen. 

Zweitens gibt es diese Reihe "Mut zu gestalten", also miteinander im Gespräch zu sein, aktiv den Prozess zu gestalten. Und drittens soll unsere Ausstellung im April "Gut katholisch und queer" zeigen, dass wir offensiv auf Menschen zugehen, die sich von Kirche ausgegrenzt und diskriminiert fühlen. 

Das sind drei Projekte, die mir sehr viel Mut machen und mit denen wir auch nochmal unsere Stellung und Wichtigkeit in der Stadt Köln deutlich machen. 

Gregor Stiels

"Wir sollten unsere, durch unseren Glauben motivierte Haltung, dass jeder Mensch vor Gott gleich ist, ganz klar in diesen Diskussionen in die Waagschale werfen."

DOMRADIO.DE: Es gibt einen zunehmenden Drift der Gesellschaft nach rechts, den man zumindest am Wahlverhalten ablesen kann. Kommt dadurch auch eine größere Bedeutung auf die Kirche zu, um da gegenzusteuern? 

Stiels: Auf jeden Fall. Wir sollten unsere, durch unseren Glauben motivierte Haltung, dass jeder Mensch vor Gott gleich ist, ganz klar in diesen Diskussionen in die Waagschale werfen. Wir müssen uns in diese gesellschaftlichen und politischen Debatten einmischen und dafür sorgen, dass es darin eine Sachlichkeit gibt.

Das tun wir zusammen mit dem Runden Tisch für Integration in der Stadt Köln. Da wollen wir eine sachliche, gesellschaftliche und politische Debatte anstoßen, die diesem Rechtsdrall entgegenwirkt. 

Das Interview führte Tobias Fricke.

Katholikenausschuss Stadt Köln

Der Katholikenausschuss ist die Vertretung der Katholikinnen und Katholiken in Köln. Er wird von den Pfarrgemeinderäten und den katholischen Verbänden für vier Jahre gewählt und wirkt mit bei der Gestaltung von Kirche, Stadt und Gesellschaft aus dem Geist des Evangeliums. Bereits 1947 gründeten katholische Frauen und Männer der Stadt dieses Gremium. (KA)

Blick auf den Kölner Dom / © Guenter Albers (shutterstock)
Blick auf den Kölner Dom / © Guenter Albers ( shutterstock )
Quelle:
DR