Expertin fordert Masterplan für Umnutzung von Kirchgebäuden

"Kulturgüter in ihrem Bestand gefährdet"

Deutschland braucht dringend einen Masterplan für die Umnutzung nicht mehr benötigter Kirchgebäude. Laut Rechnungen müssten sich die beiden christlichen Kirchen von 30 Prozent ihrer Immobilien trennen, neben Kirchen auch Nutzgebäude.

Autor/in:
Claudia Rometsch
Kaputtes Kirchenfenster / © Silvia Aftene (shutterstock)
Kaputtes Kirchenfenster / © Silvia Aftene ( shutterstock )

 "Es muss jetzt etwas passieren", forderte Manuela Klauser, Mitarbeiterin der Forschungsgruppe Sakralraumtransformation der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) in einem Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Bonn. 

Experten befürchteten, dass ohne die Unterstützung der öffentlichen Hand vor allem der Erhalt vieler Kirchengebäude des 20., aber auch des 19. Jahrhunderts auf dem Spiel stehe, warnte die Kunsthistorikerin. "Ich sehe ein großes Problem darin, dass diese noch jungen Kulturgüter in ihrem Bestand gefährdet sind, weil sie ein ganz wichtiges Kapitel der Kirchengeschichte der letzten 150 bis 200 Jahre sind."

Viel Verantwortung für die Gemeinden

Nicht nur die großen Kathedralen und Klosterkirchen früherer Jahrhunderte seien erhaltenswert. "Wir müssen uns auch unserer jüngeren Geschichte bewusst sein."

Oftmals seien Kirchengemeinden jedoch mit der schwierigen Suche nach alternativen Verwendungen für Kirchengebäude überfordert, beobachtet Klauser. "Da lastet enorm viel Verantwortung auf den Schultern der Kirchengemeinden, die ja in der Regel keine Experten im Immobilienmanagement sind."

Einzelfälle rauben Energie

Die Umnutzung von Kirchen, die oftmals auch das Ortsbild prägten, müsse jedoch eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe sein. Klauser forderte einen Masterplan nach belgischem Vorbild, wo Kommunen und Kirchen gemeinsam nach neuen Verwendungen für nicht mehr benötigte kirchliche Immobilien suchen. Dabei werde nicht, wie in Deutschland bislang üblich, über jeden Fall getrennt beraten.

"Jeder Einzelfall kostet unglaublich viel Energie, und es wäre sehr viel sinnvoller und effizienter, in einem Masterplan den kirchlichen Gebäudebestand schon mal im Groben zu skizzieren und die kommunalen Entwicklungen bestimmter Quartiere einfließen zu lassen."

Stiftungen und Fördervereine

So könne bei Plänen für Umnutzungen berücksichtigt werden, welche Räume in der Kommune gebraucht würden, zum Beispiel für Mittagsbetreuung von Schulkindern, für Vereine oder soziale Einrichtungen. Ein großes Problem bei der Umnutzung von Kirchen sei fehlendes Geld, stellte Klauser fest.

 Bislang werde nicht hinreichend nach Finanzierungs- und Trägermodellen gesucht. Sie plädierte für die Gründung einer entsprechenden Stiftung oder eines Fördervereins nach dem Modell der Deutschen Stiftung Denkmalschutz. "Dieser Verein sollte aber nicht nur den Erhalt der Bausubstanz der Kirchengebäude fördern können, sondern auch Projekte, die dort einziehen."

Die Forschungsgruppe Sakralraumtransformation arbeitet nach eigenen Angaben in Teilprojekten, die an verschiedenen Universitäten und Hochschulen angesiedelt sind. Untersuchungsräume sind Aachen und Leipzig. Das Gesamtprojekt wird koordiniert von Albert Gerhards von der Rheinischen Friedrich-Wilhelms Universität Bonn und von Kerstin Menzel von der Universität Leipzig.

Kirchenfinanzierung in Frankreich

Seit der strikten Trennung von Staat und Kirche 1905 erhält die Kirche im katholisch geprägten Frankreich keinerlei staatliche Zuschüsse mehr; sie ist allein auf die Spenden von Gläubigen angewiesen. Priester und Bischöfe bekommen monatlich rund 950 Euro, von denen teils noch Unterkunft und/oder Verpflegung zu bestreiten sind.

Ein Ausflugsboot fährt über die Seine an der Kathedrale Notre-Dame in Paris vorbei / © Corinne Simon (KNA)
Ein Ausflugsboot fährt über die Seine an der Kathedrale Notre-Dame in Paris vorbei / © Corinne Simon ( KNA )
Quelle:
epd