Während er in der Wüste war, hätten Muslime immer wieder Gebete in Zeitungen veröffentlicht, in denen sie die Dschihadisten um seine Freilassung gebeten hätten, sagte Lohre dem "missio-Magazin", der Zeitschrift des Hilfswerks missio-München. Vielleicht sei der christlich-islamische Dialog durch die Entführung mehr vorangebracht worden, als er es sich hätte träumen lassen.
Der aus Nordrhein-Westfalen stammende Lohre wurde 1985 zum Priester geweiht und reiste wenige Wochen später als Afrikamissionar/Weißer Vater nach Mali. Nach seiner Ausbildung zum Islam-Referenten am Institut für islamisch-christliche Bildung in Bamako begann er dort eine Lehrtätigkeit. Er leitet das Zentrum Glaube und Begegnung und ist Generalsekretär der bischöflichen Kommission für interreligiösen Dialog und Ökumene in Mali. Im November 2022 wurde er von Islamisten entführt und fast genau ein Jahr später freigelassen.
Seine Unterkunft habe aus vier Pfosten bestanden, darüber eine Plane als Sonnenschutz sowie einer Plastikmatte auf dem Boden und einer Decke, berichtet Lohre. Er sei mit der Sonne aufgestanden und abends schlafengegangen. Die tägliche Messe habe er ohne Wein, aber mit von den Dschihadisten frisch gebackenem Brot gefeiert. "Jeden Tag dachte ich an die Menschen, deren Namens- und Geburtstage ich im Kopf hatte. Ich betete für meine Freunde, Familie und Mitbrüder", so der Pater.
Selbstkenntnisseminare
Zweimal am Tag habe es eine warme Mahlzeit gegeben, sagte Lohre. Alle zwei bis drei Wochen sei die Gegend gewechselt worden. Er sei sich bewusst gewesen, dass so eine Entführung auch mal sechs Jahre dauern könne, vielleicht auch nur drei, wenn man Glück habe. Da er in der Vergangenheit Seminare zu Selbstkenntnis gegeben habe, sei er in der Lage gewesen, dieser Entführung einen Sinn zu geben. Die Zeit habe er gelassen aus seinem Glauben gelebt und etwa den muslimischen Fastenmonat Ramadan für ignatianische Exerzitien genutzt.
Nach Ansicht von Lohre hat Mali viele Möglichkeiten, sich zu entwickeln. Alles hänge aber davon ab, dass aufrichtige Politiker an die Macht kommen, die das Wohl des Volkes im Sinn hätten, Landwirtschaft und Schulbildung förderten. Auch Verträge mit internationalen Firmen sollten abgeschlossen werden, damit für die Gewinnung von Bodenschätzen kein Raubbau mehr betrieben werde, sondern der Erlös den Menschen zugutekomme.