DOMRADIO.DE: Bernini hatte für diesen Altar neun Jahre gebraucht, von 1624 bis 1633. Und er steht über dem Grab des heiligen Petrus. Schildern Sie uns doch erst einmal diesen prächtigen Altar.
Ulrich Nersinger (Vatikanexperte und Autor): Er hat nicht nur eine Besonderheit, sondern eine ganze Reihe von Besonderheiten. Er ist natürlich ein unglaublich mächtiges Monument, das in seinen Ursprüngen bis in die Antike hineinreicht.
Man hat diesen gewaltigen Baldachin, der über dem Altar errichtet ist, mit Bronze veredelt, die man von der Abdeckung und von der Ausschmückung des römischen Pantheons genommen hat. Das ist also antikes Material, das hier verwertet worden ist.
Das ist schon einmal etwas Besonderes, und der Altar hat natürlich ungewöhnliche Ausmaße. Er ist 30 Meter hoch und 33 Tonnen schwer. Das zeigt, welche Dimension dieses Bauwerk hat.
DOMRADIO.DE: Inwiefern ist der Altar mit Papst Urban VIII. untrennbar verbunden?
Nersinger: Papst Urban VIII. hat Bernini, den großen vatikanischen Baumeister, den Auftrag gegeben, dieses Monument zu bauen. Seine Idee, wie er diesen Altar gestaltet – wie man in Rom so sagt: wenn die Geschichte nicht wahr sein sollte, ist sie doch zumindest gut erfunden…
Eine Nichte des Papstes aus der Familie der Barbarini stand vor einer komplizierten Schwangerschaft. Aus Furcht um das Leben der Mutter und des ungeborenen Kindes sei von ihrem Onkel das Versprechen gemacht worden, bei einem glücklichen Ausgang der Geburt einen prachtvollen Baldachin über dem Papstaltar errichten zu lassen.
Da Mutter und Kind dann wohlauf blieben, wurde Bernini mit der Schaffung des Baldachins beauftragt. Er hatte den genialen Einfall, das Geschehen in Marmor festzuhalten. Das Wappen, das man zu Füßen des Baldachins immer wieder sieht, stellte er so dar, dass sich die fortschreitende und doch sehr schmerzhafte Schwangerschaft zeigte.
Man sieht das Gesicht einer jungen Frau, das im Laufe der Schwangerschaft immer schmerzverzerrter wird. Die Veränderung des Wappenfeldes von schmal zu füllig und im letzten sieht man dann das Gesicht eines pausbäckigen Babys.
DOMRADIO.DE: Jetzt ist der Altar 400 Jahre alt. Er muss restauriert werden. Wie heikel sind die Restaurierungsarbeiten, die da anstehen?
Nersinger: Im Vatikan, in Sankt Peter haben wir die Mitarbeiter der Dombauhütte der Basilika, die eigentlich sehr viel Erfahrung mit der Reinigung und der Instandhaltung innerhalb der Basilika haben. Die schwingen sich mit Seilen zum Altar. Das war früher auch notwendig, weil der Petersdom früher mit Kerzenlicht erleuchtet wurde.
Sie sind eigentlich sehr geschickt in der Pflege der einzelnen Bereiche der Basilika. Aber Untersuchungen haben jetzt auch gezeigt, dass es nötig ist, den Papstaltar – besser gesagt: den Baldachin über den Altar – mal grundlegend zu renovieren.
Jetzt wird ein Gerüst gebaut, das den ganzen Altar umgibt. Dieses Gerüst wird relativ teuer sein, wie auch die Restaurierung sehr teuer sein wird. Man spricht von 700.000 Euro, die aber von den Kolumbusrittern aus den USA aufgebracht werden sollen.
DOMRADIO.DE: Wer sind denn diese Kolumbusritter? Was haben die mit diesem Altar zu tun?
Nersinger: Die Kolumbusritter sind eine religiöse Vereinigung in den USA. Das sind Laien, die eine Art Ritterorden bilden. Dieser katholische neue Ritterorden soll dem Vatikan bei dringend erforderlichen Projekten helfen, zum Beispiel bei baulichen Projekten, aber auch bei sozialen Projekten und in Notsituationen, durch Not entstandene Angelegenheiten zu finanzieren. Die haben sich immer bereit erklärt, dem Papst bei Projekten aller Art, wo er größere Geldsummen benötigt, zu helfen.
DOMRADIO.DE: Italien hat jetzt nicht unbedingt den Ruf, das schnellste Bauland zu sein, auch wenn das mit der Brücke in Genua ja tatsächlich in Rekordzeit geklappt hat. Wie sind die Bauarbeiter im Vatikan organisiert? Meinen Sie, die schaffen das?
Nersinger: Ich denke, man unterschätzt das. Die Italiener können in relativ kurzer Zeit relativ viel und Gutes hervorbringen. Da sollte man kein altes Vorurteil mit hineinnehmen. Ich denke, wenn alles klappt und auch von der Verwaltung im Vatikan alles klappt, müsste das eigentlich zu schaffen sein.
Das Interview führte Oliver Kelch.