Kommissarischer Bonner Stadtdechant steht vor Mammutaufgabe

"Das Leben ist kein Wunschkonzert"

Ende Januar diesen Jahres ist der Bonner Stadtdechant Wolfgang Picken nach schwerer Krankheit gestorben. Kommissarisch hat Bernd Kemmerling vorerst dessen Position übernommen. Diese bereitet ihm mitunter unruhige Nächte.

Bonner Münster / © Goals Media (shutterstock)

DOMRADIO.DE: Was werden in der nächsten Zeit Ihre wesentlichen Aufgaben als kommissarischer Stadtdechant von Bonn sein? 

Der stellvertretende Bonner Stadtdechant Bernd Kemmerling begrüßt die Gemeinde / © Beatrice Tomasetti (DR)
Der stellvertretende Bonner Stadtdechant Bernd Kemmerling begrüßt die Gemeinde / © Beatrice Tomasetti ( DR )

Pfarrer Bernd Kemmerling (Kommissarischer Stadtdechant in Bonn): Ich bin schon als kommissarischer Stadtdechant unterwegs. Die Ernennung kam schnell, bereits am 2. Februar. Ich bin im Moment dabei, das operative Geschäft zu sichern. Seit Mitte Dezember ist durch die tragische Krankheit von Wolfgang Picken einiges nicht mehr weiter bearbeitet worden. 

Ich bin beispielsweise mit vielen Unterschriftenmappen unterwegs, um Personalangelegenheiten und Verträge auf den Weg zu bringen. Ich nehme außerdem mit den verschiedensten Gremien Kontakt auf, in denen ich als Stadtdechant "geborenes Mitglied" bin, wie im Katholikenrat, Caritasrat und der Sitzung des leitenden Gemeindeverbands. 

Das heißt, Kontakte knüpfen und wieder anknüpfen. Ich war von 2018 bis 2019 kommissarischer Stadtdechant und bin seit 30 Jahren hier in Bonn. Das kommt mir in der Beziehung zugute. 

Ich bin immer neugierig auf Menschen gewesen. Deswegen freue ich mich, neue Kontakte zu knüpfen und zu sehen, wer jetzt vor Ort ist. 

Bernd Kemmerling

"Im Moment freue ich mich, wenn ich nachts schlafen kann."

DOMRADIO.DE: Sie machen das parallel zu Ihrer ohnehin vorhandenen Arbeit als Pfarrer. Wie kriegen Sie das zeitlich unter einen Hut? 

Kemmerling: Im Moment freue ich mich, wenn ich nachts schlafen kann. 

DOMRADIO.DE: Die Zeit dafür bleibt zumindest. 

Kemmerling: Zumindest die Zeit bleibt. Aber selbst die Nächte sind dadurch angefüllt, weil mir viel durch den Kopf geht. Denn dieses Jahr lag nicht brach vor mir. Ich habe ohnehin einen Fulltimejob im Bonner Melbtal. Dazu arbeite ich als Moderator der pastoralen Einheit Bonn-Südwest sowie auch seit 2007 als Stadtfrauenseelsorger.

Ich mache gerne die Pastoral vor Ort. Das heißt, mich mit Menschen zusammenzusetzen und sie seelsorglich zu begleiten. 

Ich bin außerdem geistlicher Begleiter. Das ist, wie man weiß, sehr zeitintensiv. Ich bereite im Moment mit den Brautpaaren 13 Hochzeiten vor. Nachts muss ich überlegen, wo ich meine Schwerpunkte setzte, wo ich im Melbtal unabkömmlich bin und wo ich im Dekanat auf jeden Fall dabei sein muss.

Bernd Kemmerling

"Wolfgang Picken hat eine außerordentliche und eigene Art gehabt, der Kirche in Bonn dieses Gesicht zu geben."

DOMRADIO.DE: Stadtdechant Wolfgang Picken hat dieses Amt in den vergangenen Jahren stark geprägt. Gibt es Ideen, wie mit diesem Erbe umgegangen werden soll? Setzen Sie bewusst einen anderen Akzent in der Zeit danach? Oder wie soll es insgesamt mit der katholischen Kirche in Bonn weitergehen? 

Pfarrer Dr. Wolfgang Picken, Stadtdechant von Bonn / © Harald Oppitz (KNA)
Pfarrer Dr. Wolfgang Picken, Stadtdechant von Bonn / © Harald Oppitz ( KNA )

Kemmerling: Das erste ist und das werde ich in den kommenden Wochen und Monaten öfters sagen, dass mein Name Kemmerling ist.

Schon damals habe ich gesagt, ich heiße nicht Schumacher und ich heiße auch nicht Picken. Wolfgang Picken hat eine außerordentliche und eigene Art gehabt, der Kirche in Bonn ein Gesicht zu geben. Er war breit angelegt, ein Motivator, ein Kommunikator, ein Inspirator und hat seine Spuren hinterlassen. 

Das Erbe, als kommissarischer Stadtdechant oder auch als offizieller Nachfolger anzutreten, wird nicht einfach. 

Ich bin eingeladen authentisch zu bleiben. Ich bin der Bernd Kemmerling und ich werde meine Schwerpunkte setzen. Ich werde versuchen, gute Sachen, die der Wolfgang angelegt hat, weiterzuführen und vielleicht zu vertiefen. Ich werde aber schauen, was ist mir wichtig ist und wofür ich die Zeit, die ich habe, einsetze.

Bernd Kemmerling

"Das Leben ist kein Wunschkonzert."

DOMRADIO.DE: Das Erzbistum Köln will die Entscheidung über den neuen Bonner Stadtdechanten voraussichtlich erst im Laufe des Jahres 2025 treffen. Ist das eine Hängepartie für Bonn oder Zeit für viel Kreativität? 

Kemmerling: Das Leben ist kein Wunschkonzert. Als ich zum kommissarischen Stadtdechant ernannt wurde, habe ich den Kölnern direkt meine Bitte ans Herz gelegt, bitte macht nicht zu lange, sondern sorgt dafür, dass die Zeit der Vakanz kurz wird. Der Bitte kommt man, so wie es im Moment aussieht, nicht nach. 

Ich bin noch eingeladen, die Gründe dafür zu eruieren. Ich werde mit dem Erzbistum in Kontakt treten. Natürlich versuche ich, meine Schwerpunkte im Sinne von Kreativität zu setzen. Aber diese Zeit, dieses Jahr ist voll mit allem, was ich im Melbtal geplant habe. 

Bernd Kemmerling

"Es wird nicht so sein, dass ich alles daransetzen werde, dass es hier eine Kemmerlingsche Ära gibt, die unvergessen bleibt."

Es wird nicht so sein, dass ich alles daransetzen werde, dass es hier eine Kemmerlingsche Ära gibt, die unvergessen bleibt. Ich werde das operative Geschäft weiterführen. 

Ich habe jetzt schon den Eindruck gewonnen, dass im Stadtdekanat viele gute Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen arbeiten. Dafür bin ich dankbar. Die haben dieses Jahr geplant und vorbereitet. Ich kann mich auf die verlassen und ihren Fähigkeiten freien Lauf geben. Ich weiß, dass ich da in guten Händen bin und ich bringe mich so ein, wie ich kann.

Das Interview führte Jan Hendrik Stens.

Quelle:
DR