DOMRADIO.DE: Das Schöne an einem Kreuzweg ist, dass man andauernd ausruhen und sich dann so eine Station ganz intensiv angucken kann.
Beate Steger (Pilgerexpertin): Genau. Und es gibt ja dann doch einige. Also ich habe da jetzt auch erst noch mal quergelesen, weil ich jetzt so oft Kreuzwege auch nicht pilgere. Wobei ich war schon natürlich auf Kreuzwegen, als ich auf Jakobswegen war, zum Beispiel auf der Via Regia in Polen, die es auch in Deutschland gibt. Wenn man da zum Annaberg hochgeht in Schlesien, dann wird dieses Hochgehen versüßt mit vielen Pausen an den verschiedenen Stationen.
DOMRADIO.DE: So ein Kreuzweg lehnt sich an den Weg, den Jesus mit dem schweren Kreuz auf den Berg Golgatha gezwungen wurde. Was für eine Rolle spielt das bei den Menschen wohl, die Kreuzwege pilgern, die diese Passionsgeschichte miterleben, nacherleben?
Steger: Es geht darum, dieses Leiden nachzuerleben, aber auch an das eigene Leid oder die eigenen Probleme im Leben zu erinnern und darüber nachzusinnen und dabei vielleicht auch Trost zu finden. Denn man ist nicht alleine. Also Jesus hat gelitten, aber auch andere leiden und haben ihre Probleme im Leben. Ja, und das verbindet und das tröstet dann natürlich auch.
DOMRADIO.DE: Gibt es wohl auch Menschen, die tatsächlich selber ein Kreuz mitnehmen und tragen auf so einem Kreuzweg?
Steger: Im Mittelalter hat man wohl wirklich schwere Dinge getragen auf den Pilgerwegen, um so an die eigene Last, auf diese Belastung auch hinzuweisen. Ich weiß , dass es einen Film gibt, wo Pilgern im Mittelalter gezeigt wird. Also das ist zwar fiktiv, aber beruht auf historischen Tatsachen. Tatsächlich musste jeden Tag ein anderer dann dieses schwere Holzkreuz tragen.
Heute kann man das natürlich einfacher machen, obwohl ich auch eine Gruppe mal getroffen habe auf dem Weg vom Nürnberg an den Bodensee. Die hatten ein kleineres Holzkreuz dabei. Das war jetzt nicht so schwer, aber die haben das auch getragen. Beim Jakobsweg nimmt man einen Stein aus der Heimat mit, also auch etwas Schweres und den legt man dann am Cruz de Ferro, am Eisenkreuz, ab als Symbol für die zurückgelassenen oder abgeleisteten Sünden.
DOMRADIO.DE: Ein Kreuzweg besteht aus 14 Stationen. Sind es immer genau 14?
Steger: Ich habe unterschiedliche Angaben gefunden. Ich kenne auch meistens 14, manchmal gibt es auch noch eine 15. Station, wenn die Auferstehung von Jesus mit dabei ist. Das finde ich eigentlich eine tröstliche Geschichte, wenn man am Ende des Kreuzwegs zur Auferstehung kommt. Aber normalerweise sind wohl 14.
Angefangen hat es nur mit zweien. Da war die Burg Antonia, wo Jesus verurteilt wurde durch Pontius Pilatus und dann natürlich der Hügel Golgatha, wo er gekreuzigt worden ist. Und das hat man diesen schmerzensreichen Weg schrittweise erhöht, dann bis auf 14 Stationen.
DOMRADIO.DE: Jetzt können ja 14 Stationen entweder sehr nah beieinander oder weit auseinander liegen. Sind so Kreuzwege kürzer als normale Pilgerwege?
Steger: Normalerweise sind die kürzer. Ja, aber man kann natürlich auch Superlative erleben. Also ich weiß von dem in Schlesien auf den Annaberg, das sind vielleicht so 2 bis 3 Kilometer, dafür geht es aber ordentlich bergauf. Und der Superlativweg ist ein hochalpiner Weg in Osttirol. Der hat also auch 14 Kreuzweg-Stationen auf Gipfeln bei Kapellen und das ist meistens markiert mit einem sehr schön gestalteten Stein. Und da kann man bis zu 3300 Meter hoch gehen. Das ist dann eine Tour, die ist auf drei Tage angelegt.
Es gibt eine leichtere Variante für Höhenweg-Geher. Es gibt aber auch eine schwierigere Variante. Da muss man sogar ein Klettersteig-Set mit dabei haben, muss also erfahren sein in den Bergen. Und ich denke, dass es da noch mal eine ganz besondere Kombination von Bergerfahrung, von Pilgern, von Meditation und natürlich auch von Sportlichkeit.
Das Interview führte Uta Vorbrodt.