DOMRADIO.DE: Waren Sie überrascht, als Sie vom BDKJ als Schirmherr für die 72-Stunden-Aktion angefragt wurden?
Wolfgang Bosbach (CDU-Politiker, Schirmherr der 72-Stunden-Aktion 2024 für den Rheinisch-Bergischen Kreis des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend / BDKJ): Nein. Ich war vor einigen Jahren schon einmal Schirmherr einer solchen 72-Stunden-Aktion. Das hat mir damals sehr viel Spaß gemacht.
Ich kann mich noch gut erinnern, wie ich damals auf einen Bagger gesetzt wurde. Ich wusste überhaupt nicht mit dem Teil umzugehen. Kaum setzte sich die Schaufel in Bewegung, sind zehn Mann in Deckung gegangen. Seitdem ist mein Respekt vor Baggerfahrern sprunghaft gestiegen.
Ich habe mich damals nicht nur bei der Presse unterstützend vor die Zuständigen gestellt, sondern war auch vor Ort. Ich habe das diesmal auch vor, um die jungen Leute anzufeuern.
DOMRADIO.DE: In welchen Bereichen engagieren sich die Gruppen im Bergischen?
Bosbach: Das sind ganz verschiedene Aktionen. Es ist nicht eine Aktion, die an verschiedenen Orten stattfindet. Die Katholische junge Gemeinde (KjG) Herrenstrunden-Eikamp legt beispielsweise einen Wander-Rundweg an. Oder die KjG in Moitzfeld gestaltet den Garten der Grundschule neu.
Sehr schön finde ich auch den Bau eines Kräutergartens und eines Gemeinschaftsbeetes an der Kirche in Odenthal durch die dortige Katholische Landjugendbewegung (KLJB). Die KLJB von Bechen verschönert ein Altenheim, in Rösrath sammeln die Messdiener Müll im Wald. Es sind also ökologische, manchmal auch politische oder interkulturelle Projekte.
DOMRADIO.DE: Sie waren in Ihrer Jugend selbst als Messdiener katholisch aktiv. Warum halten Sie es für wichtig, sich früh zu engagieren?
Bosbach: Es gibt einen schönen Satz von Erich Kästner: Es gibt nichts Gutes, außer man tut es. Sie haben das wahrscheinlich auch schon erlebt, dass es heißt: "Da müsste man doch was tun; da müsste man doch aktiv werden." Wir kennen das alle und da gibt es sehr viele Situationen. Die Jugendlichen sagen nicht man. Die sind selbst aktiv und machen was.
Auf der einen Seite ist es eine sichtbare Aktion, die dokumentiert, dass die Deutsche Katholische Jugend anpackt. Auf der anderen Seite helfen sie Menschen bei konkreten Problemen. Heute würde man sagen, dass sie etwas Nachhaltiges tun. Das finde ich prima.
DOMRADIO.DE: In der Welt von heute ist viel in Bewegung. In Europa und im Nahen Osten gibt es Krieg. Die Zuwanderung nach Deutschland nehmen einige als Belastung wahr, was den Rechtspopulismus befeuert. Bekommt in dieser Zeit soziales Engagement eine andere Bedeutung?
Bosbach: Ich höre seit Jahren, dass wir in einer entsolidarisierten Gesellschaft leben. Das ist aber nur ein Teil der Wahrheit. Zur ganzen Wahrheit gehört auch, dass wir immer noch ein überragendes ehrenamtliches Engagement in vielen Bereichen haben. Dieses Engagement geht sehr oft von christlichen Kreisen aus. Zum Beispiel in der Flüchtlingshilfe, wo sich auch meine Frau seit vielen Jahren stark engagiert.
Die jungen Leute, die an der 72-Stunden-Aktion teilnehmen, dokumentieren, dass es immer noch viele gibt, die nicht fragen, was sie selber davon haben und was es ihnen bringt, wenn sie sich engagieren. Vielmehr fragen sie, wo sie anderen Menschen helfen können und sichtbar Gutes tun können.
DOMRADIO.DE: Was erhoffen Sie sich, was von der 72-Stunden-Aktion des BDKJ bleibt?
Bosbach: Ich hoffe, dass der BDKJ auch andere junge Menschen mit der Aktion zum Engagement anstiftet, dass sie sich in gleicher oder ähnlicher Weise im BDKJ oder an anderer Stelle engagiert. Ich kann mich selbst an meine eigene Zeit in der katholischen Jugend erinnern. Ich habe dort persönlich ausschließlich gute Erfahrungen gemacht und denke mit Freude an die Zeit zurück.
Umso bitterer ist es, dass manche ganz andere Erfahrungen gemacht haben und die Kirche aus diesen traurigen Gründen, aber auch zu Recht, seit Jahren viel Kritik erfährt. Was man in jungen Jahren lernt, das bleibt auch, wenn man älter wird. Dazu gehört auch gesellschaftliches Engagement. Ich erhoffe mir für die jungen Menschen, dass sie dieses öffentliche Engagement nicht verlernen oder verlieren.
Das Interview führte Tobias Fricke.