Die Jerusalemer Grabeskirche ist und bleibt eine Dauerbaustelle. Nur das Ausbleiben der ausländischen Pilger und Besucher infolge des Gaza-Kriegs hat in den katholischen Kar- und Ostertagen ein Chaos an den heiligsten Stätten der Christenheit verhindert. Das dürfte ebenso noch gelten, wenn die Orthodoxen nach altem Julianischen Kalender ihr Hochfest der Auferstehung Christi am 5. Mai feiern, und davor Gründonnerstag und Karfreitag.
In dieser fast einmonatigen Osterzeit laufen die gemeinsam koordinierten Restaurierungs- und Sicherungsarbeiten an dem Gotteshaus, zu denen israelische Behörden die getrennten Christen 2016 wegen Baufälligkeit und Instabilität gedrängt hatten, auf Sparflamme.
Umfangreiche Arbeiten
Denn unter dem Kirchenboden mit zu dünnen und teils stark beschädigten Platten befinden sich an vielen Stellen Löcher und Verwerfungen. Die Kirche steht auf einem unterschiedlich abgetragenen Steinbruch, manche Bereiche liegen direkt auf dem gewachsenen Felsen auf, bei anderen sind dazwischen eine bis zu fünf Metern dicke Erd- und Schuttschicht, oder eben Hohlräume.
Für die Osterzeit wurden beide Kirchenportale vorübergehend wieder geöffnet und der zuvor gesperrte Rundgang durch das Gotteshaus provisorisch freigemacht. Mit lästigen Kompromissen. Die israelischen Behörden hatten für die Bauphase einen feuersicheren provisorischen Boden vorgeschrieben.
Der aber wäre für die Transportfahrzeuge mit den schweren Steinplatten zu schwach gewesen. Woraufhin deren Routen zusätzlich mit einem besonderen Schutzblech ausgelegt wurden – das aber bei jedem Fußtritt lautes Knarzen verursachte und die Kar- und Ostergottesdienste am Heiligen Grab trotz der überschaubaren Pilgerzahlen störte.
Untersuchung des Untergrunds
Nach den Ostertagen wird nun der linke Türflügel des schweren, 200 Jahre alten Kirchenportals geschlossen, zusätzlich gesichert und der dahinter liegende Eingangsbereich bearbeitet. Auch hier werden die Bodenplatten einzeln herausgenommen, nummeriert, gesichtet, repariert oder erneuert, wofür im hinteren Kirchenbereich eine laute Steinschneide-Maschine aufgestellt ist.
Bevor der Boden des Gotteshauses mit der Kreuzigung-, Grablegungs- und Auferstehungsstätte Christi wieder für vermutliche lange Zeit versiegelt wird, untersuchen Archäologen der römischen Sapienza-Universität den Untergrund. Sie versuchen, die Vor- und Baugeschichte zu erhellen. Die begann vor 1.300 Jahren mit Kaiser Konstantin. Und nach manchen Zerstörungen und Wiedererrichtungen erhielt das Gebäude in der Kreuzfahrerzeit seine heutige Form.
Schon die bereits abgeschlossenen Arbeiten rund um die statisch besonders gefährdete Grabkapelle ergaben interessante Details zur Baugeschichte: Der römische Kaiser Hadrian hatte um das Jahr 135 die Grabstätte mit einem Venus-Monument überbaut, so wie er über der traditionellen Kreuzigungsstätte ein Jupiter-Heiligtum errichtete.
Warten auf Bericht der Historiker und Archäologen
Jetzt warten die kirchlichen Auftraggeber gespannt auf den dritten Bericht der Historiker und Archäologen, welche antiken Reste insbesondere aus der Römerzeit sie unter dem viele hundert Jahre verschlossenen Boden entdeckt haben. Unterdessen soll die Liturgie an der heiligsten Stätte der Christenheit weitergehen, wie es der vor 160 Jahren eingefrorene Status quo vorschreibt.
Eine komplette Schließung des Gotteshaus, wie es bei einem solchen Bauprojekt sinnvoll gewesen wäre, wollten die Griechen, Katholiken, Armenier, Kopten und Syrer unbedingt vermeiden. Daher die schrittweisen Arbeiten in einzelnen Bereichen.
Verschobener Zeitplan
Mönche, Archäologen und Bauarbeiter sind sich nicht einig, wie sehr der Nahost-Krieg den Zeitplan der Renovierungsarbeiten verschoben hat. Die Experten aus Rom mussten nach dem 7. Oktober erst einmal ausreisen, kehrten aber nach zwei Monaten zurück. Ursprünglich sollten die Arbeiten zum Jahresende abgeschlossen sein. Rechtzeitig zu Beginn des Heiligen Jahres, zu dem viele Pilger nicht nur Rom, sondern gerne auch das Heilige Land besuchen. Jetzt meinen Mönche achselzuckend, "zu Ostern" könnte es soweit sein - wobei sie augenzwinkernd das Jahr offenlassen.
Einen klaren Zeitplan gibt es indes für den katholischen Kreuzigungsaltar aus der Golgota-Kapelle. Er wurde zu Wochenbeginn abgebaut, um ihn an seiner ursprünglichen Fertigungsstätte in Florenz zu restaurieren. Nach mehreren Ausstellungsetappen soll er zum Karfreitag 2025 wieder an seinem Platz stehen.