Was sich im Oktober 1943 vor dem Volksgerichtshof in Berlin abspielte, war unter dem berüchtigten Gerichtspräsidenten Roland Freisler grausame Routine. Und doch hob der NS-Richter das Verfahren gegen den katholischen Priester Max Josef Metzger in besonderer Weise hervor: "Die Handlung Metzgers ist so abartig und verbrecherisch, dass der Angeklagte ausgemerzt werden muss. Ich habe in meinen Verhandlungen noch nie das Wort ausgemerzt gebraucht. Hier aber gebrauche ich es: Eine solche Pestbeule muss ausgemerzt werden."
Der aus dem badischen Schopfheim stammende Metzger hatte sich 1914/15 als Feldpfarrer an der französischen Front zum überzeugten Pazifisten gewandelt und sich seitdem in Initiativen und Aktionen für weltweiten Frieden eingesetzt. Eine wesentliche Voraussetzung sah er in einer Überwindung der Spaltung zwischen den christlichen Kirchen.
Denkschrift über ein neues Deutschland
Bereits unmittelbar nach der Machtergreifung Hitlers wurde er wegen öffentlicher Kritik überwacht und wiederholt verhaftet. Schon früh war Metzger überzeugt, dass der Wahnsinn des Krieges mit einer totalen Niederlage Deutschlands enden würde. Und er befürchtete, dass das Land dann zerschlagen und geteilt würde. So verfasste er eine Denkschrift über ein neues Deutschland, das nach dem Krieg in ein vereintes, christlich fundiertes Europa eingebunden sein sollte.
Dieses Memorandum übergab Metzger der Schwedin Dagmar Imgart, die sich scheinbar für die von ihm gegründete ökumenische Una-sancta-Bewegung interessiert hatte, in Wirklichkeit aber Gestapo-Agentin war. Sie sollte die Denkschrift an die protestantische Staatskirche von Schweden übergeben. Stattdessen verhaftete die Gestapo Metzger dann im Juni 1943.
"Vereinigte Staaten von Europa"
Als Freisler beim rasch folgenden Schauprozess vor 400 bestellten Zuhörern aus Metzgers Denkschrift vorlas, kam es im Publikum zu lautstarken Unmutsäußerungen. So etwa, als Freisler Metzgers Friedensvision verhöhnte, die die Lebensrechte fremder Völker achte.
Besonders angekreidet wurden Metzger auch die von ihm vorgeschlagene Abrüstung zugunsten einer überstaatlichen Armee im Dienste der "Vereinigten Staaten von Europa" oder die Forderung des Geistlichen, jedem Bürger die Unantastbarkeit der persönlichen Würde und Rechtssicherheit, die Freiheit des Gewissens, der Religionsausübung, der Meinungsäußerung und des persönlichen Eigentums zu gewährleisten.
"Für alle Zeit ehrloser Volksverräter"
Als besonderes Verbrechen wurde dem Angeklagten die Friedensarbeit angelastet. Metzger entgegnete, er habe "im Krieg die Not, das Elend und den Schrecken des Krieges kennengelernt, so dass es für mich keine vornehmere Aufgabe gab, als für die Völkerverständigung und den Frieden zu arbeiten". Freisler verhängte über Metzger "als für alle Zeit ehrlosen Volksverräter" die Todesstrafe. Am 17. April 1944 - vor genau 80 Jahren - wurde der Geistliche in Brandenburg-Görden durch das Fallbeil hingerichtet.
Vergessen ist Metzger aber nicht. Regelmäßig wird in seiner badischen Heimat an den Friedensvisionär erinnert - am Todestag am Mittwoch lädt das Erzbistum zu einem Gedenkgottesdienst in das Freiburger Münster ein. Die Planungen für die offizielle Seligsprechungszeremonie laufen. Voraussichtlich gegen Ende des Jahres soll es soweit sein.
Märtyrertod anerkannt
Den Anstoß zum offiziellen Seligsprechungsverfahren hatte der damalige Freiburger Erzbischof Robert Zollitsch bereits 2006 gegeben. Ein aufwendiger Prozess. Eine Theologen-Historiker-Kommission recherchierte zu Leben und Werk und schickte 2014 alle Akten - mehr als 6.000 Seiten - an den Vatikan.
Dort hat die zuständige Behörde nun vor wenigen Wochen Metzgers Märtyrertod anerkannt. Damit ist die notwendige Bedingung für eine offizielle Seligsprechung erfüllt. Als Selige würdigt die katholische Kirche offiziell besondere Vorbilder im Glauben und Leben.