DOMRADIO.DE: Sie bieten im Mai zwei Gottesdienste mit Musik von Taylor Swift an. Beide Gottesdienste am 12. Mai sind bereits komplett ausgebucht. Wie sehr hat Sie diese Resonanz überrascht und vielleicht auch überwältigt?
Vincenzo Petracca (Citykirchenpfarrer in Heidelberg): Ich war sehr überrascht. Wir machen schon lange Pop-Gottesdienste. Wir haben im Herbst einen zu Michael Jackson gemacht. An dem haben schon an die 600 Menschen teilgenommen, aber die Menge der Leute in so kurzer Zeit, hat mich mehr als überrascht.
Wir haben dann schnell noch einen zweite Gottesdienst angeboten. Morgens habe ich ihn freigeschaltet und um 12:19 Uhr war er mit 600 Plätzen ausgebucht. Das ist für mich wie Weihnachten.
DOMRADIO.DE: Man muss kurz festhalten, dass Taylor Swift selbst nicht da sein wird. Das ist klar. Wie werden Sie das in den Gottesdiensten kompensieren?
Petracca: Wir haben eine Band, die Taylor Swift-Lieder spielt, und zwar nur Taylor Swift-Lieder. Wir werden keine Orgel haben und keine klassischen Lieder spielen. Wir werden einzig und allein Taylor Swift-Lieder spielen. Wir haben eine gute Sängerin, die früher Professorin an der Kirchenmusikalischen Hochschule in Heidelberg im Fach Pop-Kirchenmusik war. Sie heißt Tine Wichmann und kann wunderbar singen.
DOMRADIO.DE: Gibt es eine Resonanz aus dem Taylor Swift Umfeld, vom Management beispielsweise? Haben die etwas mitgekriegt und reagiert?
Petracca: Leider nicht. Wir haben eine Short Message an Taylor Swift geschrieben mit der Bitte, uns eine kleine Botschaft zum Gottesdienst zu schicken. Aber leider haben wir bisher keine Antwort erhalten. Wir hoffen noch.
DOMRADIO.DE: Die Pop-Gottesdienste in der Heidelberger Heiliggeistkirche sind nicht neu. Die Dimension ist jetzt aber eine völlig andere. Was erhoffen Sie sich von diesen Gottesdiensten rund um Taylor Swift?
Petracca: Wir wollen Menschen erreichen, die wir als Kirche sonst nicht erreichen, die sonst nicht in den Gottesdienst kommen. Wir wollen jüngere Menschen erreichen. Die ersten, die gebucht haben, waren Mütter, die mir erzählt haben, ihre zwölf und 13-jährigen Töchter haben zu ihnen gesagt: "Du gehst mit mir in diesen Gottesdienst." Diese Situation haben wir sonst nicht.
DOMRADIO.DE: Sie wollen mit diesen Pop-Gottesdiensten die religiösen Zusammenhänge der Künstler und Künstlerinnen herausfinden. Was wissen Sie dazu über Taylor Swift?
Petracca: Das ist bei Taylor Swift besonders spannend. Taylor Swift war in einem katholischen Kindergarten, der von Franziskanerschwestern geleitet wurde. Sie ist im amerikanischen Bibelgürtel aufgewachsen. Dort ist Religion, Kultur und Politik ganz eng miteinander verwoben.
Ihr öffentliches Bekenntnis als Christin ging mit einem Outing als Demokratin einher. Das heißt, wir haben hier ein politisches Christentum. Das ist sehr spannend. Zugleich schauen wir in dem Gottesdienst in ihre Texte und versuchen, ihre Spiritualität zu finden. Man muss tief bohren, aber es ist sehr spannend.
DOMRADIO.DE: Etwa 1.000 Leute werden bei diesen Swift-Gottesdiensten dabei sein. Die Tickets mussten gebucht werden, sind aber kostenlos. Sind das nur Menschen, die mal eine Stunde Hits von Taylor Swift hören möchten? Oder warum kommen die in die Kirche in Heidelberg?
Petracca: Wir haben immer darauf hingewiesen, dass es kein Konzert ist, sondern ein Gottesdienst. Ich hätte gern, dass sie nach dem Gottesdienst im Herzen berührt rausgehen und in der Seele vielleicht ein bisschen Engelsstaub mit nach Hause nehmen.
DOMRADIO.DE: Taylor Swift hat gerade ein neues Doppelalbum rausgebracht. Haben Sie die 31 oder 32 Songs alle schon gehört?
Petracca: Ja, ich habe es schon fünf Mal rauf und runter gehört. Ich überlege, ob wir vielleicht einen reinnehmen. Es gibt auf jeden Fall einen, der eine sehr religiöse Sprache hat. Ich habe mir das Album schon besorgt und zwar als CD. Ich liebe es haptisch.
DOMRADIO.DE: Madonna, die Beatles, Michael Jackson und jetzt Taylor Swift. Wie wäre es mit den Toten Hosen für den nächsten Gottesdienst?
Petracca: Wir denken beim nächsten Gottesdienst tatsächlich eher an Billie Eilish oder Beyoncé. Mal sehen. Aber den Vorschlag habe ich gehört.
Das Interview führte Carsten Döpp.