Hilfswerk Renovabis ruft EU zum Schutz Armeniens auf

Deeskalation dringend notwendig

Am 24. April jährt sich die Verhaftung, Vertreibung und Ermordung christlicher Armenier im Osmanischen Reich. Das Osteuropa-Hilfswerk Renovabis ruft die EU zum Schutz Armeniens auf. Auch Sanktionen Aserbaidschan seien denkbar.

Flagge Armeniens und Berg-Karabachs / © Nikita Mao (shutterstock)
Flagge Armeniens und Berg-Karabachs / © Nikita Mao ( shutterstock )
Thomas Schwartz / © Dieter Mayr (KNA)
Thomas Schwartz / © Dieter Mayr ( KNA )

"In der jetzigen Situation muss die Europäische Union dringend alle ihre Möglichkeiten nutzen, um endlich wirksamen und dauerhaften Schutz für die Armenier und ihr kulturelles Erbe zu schaffen und Aserbaidschan klare Grenzen aufzuzeigen", forderte Hauptgeschäftsführer Thomas Schwartz am Samstag in Freising.

Warnung vor "Genozid auf Raten" 

Hierzu gehörten der Ausbau einer zivilen EU-Beobachtermission sowie "unmissverständliche Sanktionsandrohungen gegenüber Aserbaidschan für den Fall, dass Baku nicht aktiv und glaubhaft an einer Deeskalation und Stabilisierung im Verhältnis zu Armenien beitrage", hieß es. "Die Gefahr eines völkerrechtswidrigen Angriffskriegs und einer neuen aserbaidschanischen Offensive halte ich für gegeben", so Schwartz. "Es darf jetzt keinen 'Genozid auf Raten' geben."

1,5 Millionen Todesopfer seit 1915

Am 24. April 1915 begann im Osmanischen Reich die systematische Verhaftung, Vertreibung und Ermordung christlicher Armenier. Durch die Maßnahmen der jungtürkischen Regierung kamen nach Schätzungen bis Ende des Ersten Weltkriegs bis zu 1,5 Millionen Menschen ums Leben. Die Türkei erkennt das damalige Geschehen nicht als Völkermord an. Zahlreiche Staaten, darunter Deutschland, damals Verbündeter der osmanischen Türkei, haben inzwischen die Vernichtung der Armenier durch Deportationen in die syrische Wüste und gezielte Massaker offiziell als Genozid bezeichnet.


Konflikt seit September 2023 wieder akut

In diesem Jahr werde das Gedenken wohl ganz besonders von der Auseinandersetzung mit Aserbaidschan geprägt sein, so Schwartz: "Rund 100.000 Armenierinnen und Armenier sind zu Opfern geworden, als sie 2023 ihre Heimat Bergkarabach verlassen mussten." Angesichts vielfachen Leids der Armenier in Geschichte und Gegenwart müsse die Weltgemeinschaft aufpassen, "dass Armenien nicht auf Dauer zu einer Opfernation wird", so Schwartz. "Die Menschen dort müssen ihren berechtigten Platz in der friedlichen Völkerfamilie finden." Die Bevölkerung Armeniens dürfe keine Sorge um die territoriale Integrität ihrer Heimat oder Angst um ihre Existenz haben müssen.

Im September 2023 hatte Aserbaidschan die armenische Enklave Berg-Karabach, die völkerrechtlich zu Aserbaidschan gehört, mit überlegenen militärischen Mitteln angegriffen. Schon nach einem Tag war der Krieg entschieden. Dem Angriff vorausgegangen war eine rund neun Monate dauernde Totalblockade Berg-Karabachs durch Aserbaidschan. Mehr als 110.000 Armenier mussten schließlich im September über Nacht ihre Heimat verlassen.

Kirchen in Armenien

Mit mehr als 1.700 Jahren Tradition als Staatsreligion ist Armenien die erste christliche Nation in der Geschichte. Im Jahr 301 ließ der armenische König Trdat III. sich und seine Untertanen taufen. Die armenische Kirche zählt wie die Kopten und Äthiopier, die syrische Kirche und die indischen Thomas-Christen zu den sogenannten altorientalischen Kirchen. Diese sind sowohl von Rom als auch von den orthodoxen Kirchen getrennt, weil sie die Lehre des Konzils von Chalcedon (451) von den zwei Naturen Christi nicht akzeptierten.

Kloster Noravankh in Armenien / © Alexander Brüggemann (KNA)
Kloster Noravankh in Armenien / © Alexander Brüggemann ( KNA )
Quelle:
KNA
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