Armeniens Bischöfe werfen Aserbaidschan Völkermord vor

"Terroristische Aktionen"

Die armenisch-apostolischen Bischöfe Armeniens haben sich wegen der dramatischen Lage der in Berg-Karabach eingeschlossenen Armenier an die Weltöffentlichkeit gewandt. Sie werfen Aserbaidschan die Absicht eines Völkermords vor.

Kreuzsteine am Kloster Norawank in Armenien / © Alexander Brüggemann (KNA)
Kreuzsteine am Kloster Norawank in Armenien / © Alexander Brüggemann ( KNA )

Die armenisch-apostolischen (altorientalischen) Bischöfe Armeniens In einer Erklärung vom Donnerstag werfen die armenisch-apostolischen (altorientalischen) Bischöfe Armeniens Aserbaidschan die Absicht eines Völkermords beziehungsweise einer ethnischen Säuberung Berg-Karabachs von allen Armeniern vor, wie die Presseagentur Kathpress (Freitag) berichtet. Ihre Methode dafür sei Terror. Die armenisch-apostolischen Bischöfe zeigen sich demnach zugleich besorgt über die jüngsten politischen Zugeständnisse Armeniens an Aserbaidschan.

Eroberung und Blockade

2020 hatte das muslimisch geprägte Aserbaidschan mit überlegenen Waffen aus der Türkei namhafte Teile der zwischen Armenien und Aserbaidschan umstrittenen Region Berg-Karabach erobert. Seit Dezember blockiert Aserbaidschan die einzige Straßenverbindung (Latschin-Korridor) zwischen Armenien und Berg-Karabach; seit Mitte Juni 2023 wurden laut armenischen Angaben keinerlei Hilfslieferungen mehr durchgelassen.

In Berg-Karabach harren demnach noch rund 120.000 Menschen aus, darunter rund 30.000 Kinder. Lebensmittel, Medikamente, Treibstoff und weitere humanitäre Güter seien so gut wie aufgebraucht; es gebe kaum noch Strom. Schon seit Monaten ist die Strom- und Gasversorgung aus Armenien unterbrochen.

Drastische Lage für 120.000 Menschen 

Die anhaltende vollständige Blockade bezeichnen die armenischen Bischöfe in ihrer Erklärung als klassischen Völkermord. Vor allem die Lage für Kinder, Schwangere, Alte und Kranke sei dramatisch.

"Terroristische Aktionen" Aserbaidschans versetzten die Bevölkerung von Artsach zudem ständig in Angst, Unsicherheit undHoffnungslosigkeit, so die Bischöfe; und weiter: "Solche feindseligen Handlungen Aserbaidschans gegen unser Volk sind nicht nur einVerbrechen gegen die Armenier von Artsach, sondern auch eine offene Herausforderung für die gesamte zivilisierte Welt und die zuständigen internationalen Organisationen."

Problemlösung ohne Gewalt

Die Kirchenvertreter appellierten an die Staats- und Regierungschefs im Weltsicherheitsrat, wirksame Maßnahmen zu ergreifen und die aserbaidschanischen Behörden dazu zu bringen, die Entscheidungen des Internationalen Gerichtshofs zu respektieren und den Weg der Problemlösung durch rohe Gewalt und "völkermörderische Aktionen" aufzugeben. Frieden in der Region könne nicht auf Kosten der Ausrottung des Volkes von Artsach oder der Verletzung seiner Grundrechte auf ein friedliches, sicheres und würdiges Leben erreicht werden.

Schutz gegen Land 

Bei Friedensverhandlungen Ende Mai hatte Armenien akzeptiert, Berg-Karabach als Teil Aserbaidschans anzuerkennen. Im Gegenzug forderte die Regierung in Jerewan aber internationale Mechanismen, mit denen der rechtliche Schutz und die Sicherheit der armenischen Bewohner der Enklave sichergestellt werden können.

Die armenischen Bischöfe zeigen sich tief besorgt über dieses Zugeständnis. Die Republik Armenien dürfe ihre Verpflichtungen zumSchutz des Selbstbestimmungsrechts des Volkes von Artsach nicht aufgeben. Die Armenier dort hätten keine Lebensmöglichkeiten undkeine Zukunft innerhalb Aserbaidschans.

Krieg zwischen Armenien und Aserbaidschan

Der Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan um die Region im Südkaukasus besteht bereits seit über drei Jahrzehnten und führte auch in der Vergangenheit immer wieder zu kämpferischen Auseinandersetzungen. Völkerrechtlich gehört Bergkarabach zu Aserbaidschan. Bewohnt wurde das Gebiet bis Oktober 2020 von rund 150.000-Einwohner*innen. Die Mehrzahl fühlt sich kulturell und politisch Armenien zugehörig. Beide Seiten beanspruchen die Region für sich. Dies führte seit dem 1994 vereinbarten Waffenstillstand immer wieder zu militärisch ausgetragenen Konflikten.

Konflikt in Berg-Karabach (Archiv) (dpa)
Konflikt in Berg-Karabach (Archiv) / ( dpa )
Quelle:
KNA