Mit einem Besuch bei der Biennale in Venedig hat Papst Franziskus am Sonntag sein umfangreiches Reiseprogramm dieses Jahres begonnen. Nach gesundheitlichen und kirchenpolitischen Krisen stehen für den 87-Jährigen in den kommenden Monaten etliche Projekte und Premieren an.
Nach dem Besuch in Venedig folgt Mitte Juni als zweite Weltpremiere seine Teilnahme als Gast beim G7-Treffen der führenden demokratischen Industrienationen in Apulien. Hier will sich der Papst als moralische Autorität in die weltweite Debatte um die Nutzung Künstlicher Intelligenz einbringen.
Längste Reise nach Ostasien
Im September beginnt die zeitlich und streckenmäßig längste Reise seiner Amtszeit; nach Ostasien und in den Pazifikraum. Und im Oktober werden unter seiner Führung erstmals in der Kirchengeschichte im Vatikan auch Laien (darunter Frauen) über Reformvorschläge für die gesamte katholische Kirche mit abstimmen.
Dazwischen sind weitere Besuche in Europa geplant. Als Ziele wurden bisher Verona, Triest und Löwen genannt. Eine Ansprache vor den Vereinten Nationen in News York steht ebenso im Raum wie ein Flug nach Argentinien – auch wenn die Reise in die von wirtschaftlichen Turbulenzen geplagte Heimat des Papstes noch nicht ganz spruchreif ist.
Alte und neue Akzente
Die erste Premiere des Jahres – noch nie zuvor hat ein Papst die internationale Kunstausstellung Biennale in Venedig besucht – wirkte in diesem Kontext wie eine gelungene Generalprobe. In der Lagunenstadt zeigte sich Franziskus bestens gelaunt und verhältnismäßig fit.
Seine Begegnung mit Künstlern und Insassinnen in der Frauenhaftanstalt Venedigs setzte alte und neue Akzente. Anknüpfend an den Konzilspapst Paul VI. (1963-1978) beschwor er eine neu zu entdeckende Nähe von Kirche und zeitgenössischer Kunst. Zugleich mahnte er die Kunstschaffenden, sich nicht von den Bedingungen des Marktes ihre Kreativität rauben zu lassen.
Schmuddelecke Venedigs
Ansonsten folgten seine Gesten und Ansprachen jenen Schwerpunkten, die seine Amtszeit seit nunmehr elf Jahren ausmachen. So ging er auch in Venedig geografisch und gesellschaftlich zunächst "an die Ränder".
Ausgangspunkt war für ihn die Insel Giudecca, die Schmuddelseite Venedigs. Auf dem etwas abseits gelegenen Inselstrang entsorgten die Venezianer einst ihren Müll; das Gift liegt dort bis heute. Und noch immer leben dort in schimmeligen Sozialwohnungen Menschen, die als Kellner oder Reinigungskräfte das Weltwunder Venedig am Laufen halten.
Zudem ist die Giudecca die Insel der Verurteilten. In dem Frauengefängnis, das der Vatikan als Ausstellungspavillon für sich entdeckte, versuchten Nonnen schon im 19. Jahrhundert, Frauen, die mit dem Gesetz in Konflikt gekommen waren, auf den Pfad der Tugend zurückzubringen. Die Begegnung von Papst Franziskus mit den Insassinnen war von Herzlichkeit und Emotionen geprägt. Es schien, dass ihm dieser Teil mehr am Herzen lag als die innovative Rede über das Miteinander von Kirche und Kunst.
Einfache Botschaft im Mittelpunkt
Herzlich war auch die Begegnung mit den Jugendlichen aus der Region Veneto auf der zweiten Insel, im Stadtteil Dorsoduro. Wie so oft bei seinen Begegnungen mit jungen Menschen standen einfache Botschaften im Mittelpunkt. "Nimm das Leben in die Hand, misch dich ein. Mach den Fernseher aus und öffne das Evangelium; lass dein Handy liegen und triff Menschen!", so der Appell des Papstes.
Erst am Ende seines Tagesbesuchs betrat der Papst Venedigs prachtvolle Hauptinsel. Über eine Pontonbrücke fuhr er mit einem elektrischen Papamobil bis zum Markusplatz. Seine Predigt dort vertiefte zwei Dauerthemen seines Pontifikats: zunächst die Ökologie und dann die Vision des christlichen Glaubens, der nichts Statisches habe, sondern stets in Dialog und in Bewegung bleibe und weitergegeben wird.
Bitte um Gebet der Gläubigen
Die durch Klimawandel bedrohte Lagunenstadt Venedig und die Region Veneto, die als ein Kraftzentrum der katholischen Kirche Italiens gilt, bot für beides eine Steilvorlage. Der Appell des Papstes, sich tatkräftig für die Bewahrung ihrer Stadt einzusetzen und als Christen nicht zu vertrocknen, sondern einen lebendigen Glauben zu leben, quittierten die anwesenden Venezianer mit Applaus.
Die letzten Worte von Franziskus nach dem Gottesdienst machten noch einmal deutlich, dass er sich der anstehenden Herausforderungen bewusst ist. Wie immer bat er die Anwesenden, für ihn zu beten – und fügte dann die Worte hinzu: "Für diese (meine) Arbeit, die nicht einfach ist."