DOMRADIO.DE: Sie haben in diesem Frühjahr unglaubliche 200 Kilo Honig geerntet, die gerade bei Ihnen im Flur stehen. Was ist das für Honig?
Pfarrer Bernd Holtkamp (Hobby-Imker und Leitender Pfarrer von St. Johannes Baptist in Bakum, Bistum Münster): Das ist überwiegend Blütenhonig von der Obstbaumblüte und Rapshonig. Hier im Norden wird ja auch Raps angebaut.
DOMRADIO.DE: 200 Kilo Honig ist ja sehr viel. Wie viele Bienenvölker haben Sie denn?
Holtkamp: Ich habe im Augenblick fünf Wirtschaftsvölker und zwei Ableger. Die erwirtschaften noch nichts. Es sind fünf Völker. Ich war selbst überrascht von der Menge. Das ist viel Arbeit.
DOMRADIO.DE: Bienen sollen im Charakter sehr unterschiedlich sein. Wie würden Sie denn Ihre Bienen beschreiben?
Holtkamp: Vier sind lieb, eines weniger.
DOMRADIO.DE: Ein ganzes Volk ist weniger lieb? Wie äussert sich das?
Holtkamp: Wenn man denen den Honig wegnimmt, sind die nicht besonders lieb und freundlich. Ich bin bei der Honigernte auch einige Male gestochen worden. Ja, das kommt vor.
DOMRADIO.DE: Aber die sind alle miteinander verwandt?
Holtkamp: Die sind miteinander verwandt, aber sie haben Wächterinnen. In einem bestimmten Stadium sind die Bienen Wächterinnen. Die stehen dann vor dem Flugloch. Wenn da ein Fremder kommt und Beute machen will, wird das Nest verteidigt. Das ist nur natürlich.
DOMRADIO.DE: Wie sind Sie denn als Pfarrer auf die Bienen gekommen?
Holtkamp: Ich wurde vor fünf Jahren zu einer Honigernte einer befreundeten Familie in Lohne Dinklage eingeladen. Das fand ich spannend. Dann habe ich einem Imker einmal die Woche über die Schulter geschaut, so wie sich das zeitlich für mich einrichten ließ.
Schließlich bekam ich ein Volk geschenkt. Damit fing alles an. Das war dann schon vor mir hier in Bakum, als ich Pfarrer wurde. Aus dem einen Volk sind dann mit den Jahren fünf geworden.
DOMRADIO.DE: Was ist denn so toll an den Bienen?
Holtkamp: Das ist für mich eine Arbeit, bei der man immer staunen kann. Ich kann Bienen nicht beherrschen, sondern nur mithelfen. Es lässt staunen, wie so ein Organismus funktioniert.
Es gibt bestimmte Regeln, bestimmte Verhaltensweisen, wie ich ein Volk gut pflege. Aber mir ist es auch schon passiert, dass Bienen im Baum hängen, dass sie schwärmen. Beherrschen kann ich sie nicht.
DOMRADIO.DE: Gibt es denn eine Parallele zwischen den Bienen und ihrem Gemeindevolk?
Holtkamp: Für mich gibt es immer schönes Bild, nämlich das des Organismus. Das Bienenvolk ist ein Organismus, in dem es drei Stände gibt: die Königin, die Arbeiterinnen und die Drohnen. Alle sind aufeinander angewiesen. Bei den Arbeiterinnen gibt es bestimmte Aufgabenfelder, die sie im Laufe ihres kurzen Lebens erfüllen. Da kann ich keines rausnehmen. Jeder ist aufeinander angewiesen. Die Arbeiterinnen können nicht ohne die Königin und nicht ohne die Drohnen.
So ist es auch in der Gemeinde. Paulus benutzt das Bild im Korintherbrief, das wir ein Leib und viele Glieder sind und aufeinander angewiesen sind. Der Fuß kann nicht sagen "Ich gehöre nicht dazu". Jeder hat eine wichtige Funktion. Dieses Bild des gemeinsamen Organismus können wir in einer Pfarrei, in einem Bistum, in einer Diözese lernen zu erkennen.
DOMRADIO.DE: Wie reagiert denn das gemeine Volk auf Sie als Imker-Pfarrer? Werden Sie dadurch vielleicht nahbarer? Oder hat man auch mehr Themen, über die man sprechen kann?
Holtkamp: Das ist ganz interessant. In der Gemeinde ist man der Pastor, man wird oft gesiezt. Aber in meinem Imkerverein in Lohne bin ich ein ganz normaler Imker. Das schätze ich sehr, dass man in diesem Milieu erst mal einfach nur als "Du" gesehen wird und nicht automatisch die Rolle des Pfarrers hat. Das ist etwas, das mich ganz erfreut. Unter den Gemeindemitgliedern gibt es auch ein paar Kunden.
DOMRADIO.DE: Was machen Sie mit 200 Kilogramm Honig?
Holtkamp: Eine große Menge wird verschenkt. Im Pfarrbüro steht ein Körbchen, das aber seit Januar leer ist, weil kein Honig mehr da war. Der Honig wird dann auch verkauft. Da kostet ein Glas immer fünf Euro. Andere Imker haben mich dafür getadelt, dass es zu günstig wäre und ich die Preise kaputtmachen würde. Da bin ich dann auf sechs Euro hochgegangen.
DOMRADIO.DE: Und welches ist der schönste Moment, wenn Sie mit den Bienen zusammen sind?
Holtkamp: Der schönste Moment ist die Ernte. Das finde ich immer sehr beeindruckend. Das ist allerdings auch viel Arbeit und man kommt ordentlich ins Schwitzen. Letzten Mittwoch habe ich um 6:30 Uhr begonnen und um 22:00 Uhr war alles wieder sauber und gewischt. Das ist ja auch eine klebrige Angelegenheit mit den Wachsresten. Aber ich bin erfüllt und staune, was als Gabe von den Bienen gegeben wird.
Für mich ist es auch schön zu sehen, wenn die Bienen im Frühjahr den ersten Pollen eintragen. Das zeigt mir, dass das Volk intakt ist und die Königin ihre Arbeit begonnen hat. Es ist für mich immer erfüllend, nach der langen Ruhepause zu wissen, dass es wieder mit dem Bienenjahr losgeht.
Das Interview führte Heike Sicconi.